Die letzten 22 Jahre haben in unserer geschrumpften Gemeinschaft enorme Veränderungen mit sich gebracht. Viele Strukturen sind zerbrochen und diejenigen unter uns die nicht aufgegeben haben, mussten sich ganz neue Dinge einfallen lassen. Für die evangelische Kirche A.B. Kronstadt (Honterusgemeinde), die wohl die reichste evangelische Kirche in unserem Land ist, gab es zunehmend Probleme mit Instandhalten der Kirchen, Häuser, Rückgabeforderungen, Verkäufen usw.
Diesen Anforderungen, mit denen sich auch die Kuratoren als Amtsvorgänger Gundel Einschenks herumschlagen mussten, ist Gundel Einschenk vollauf gewachsen. Im Kirchenamt gibt es hauptamtliche Fachkräfte, die Pfarrer und Kuratorin entlasten.
Gundel Einschenk hat eine klare Vorstellung von dem Machbaren und scheut keine Mühe, ihre Zeit ehrenamtlich herzugeben. Dabei ist sie in der Musikinstrumenten-Werkstätte ihres Mannes fest eingebunden und ebenso unentbehrlich. Sie ist Inhaberin einer Importfirma für Musikinstrumente.
Der Kurator ist in das weltliche Gemeindeleben, zunehmend auch ins geistliche Umfeld, fest eingebunden, praktisch die Ergänzung des Pfarrers.Es gibt kaum eine Gemeinde ohne ortsansässigen Kurator! Ohne Pfarrer leider ja.
Schon gleich nach der Wahl in ihr erstes Mandat hat Gundel Einschenk bewiesen, dass alle Befürchtungen, ob eine Frau das verantwortungsvolle Amt (das jahrhundertelang nur von Männern ausgeübt wurde) meistern kann, unberechtigt waren.
Neben ihrem klaren rechnerischen Kopf ist sie, so wie ihre Kuratorenvorgänger, vielseitig kunstinteressiert, was bei der Komplexität unserer Gemeinde eigentlich selbstverständlich sein muss. In ihrer Wohnung hängen wertvolle Originalgemälde siebenbürgischer Künstler, die im Laufe der Jahrzehnte von den Familien Einschenk und Morres stammen.
Dieses künstlerische Interesse reicht unter anderem in die Kinderstube ihrer Großeltern und des Elternhauses in der Hintergasse, dessen Besuch für mich als Kind fast einem Museumsbesuch gleichkam. Den Geist für das Zusammenhalten eines Betriebes hat sie ebenso, unter anderem, von ihren Großeltern geerbt: die Großeltern hatten bis zur Enteignung, in der Schiel-Fabrik ein gewichtiges Wort zu sagen. Für die heranwachsenden drei Morres-Schwestern hat das auch einige Nachteile gehabt: „Kapitalisten“ waren allerlei Schikanen ausgesetzt... Den Sinn für alles künstlerisch Wertvolle konnte man aber nicht enteignen.
26 Jahre lang unterrichtete Gundel Einschenk an der Honterusschule verschiedene technische Fächer wie Festigkeitslehre, Zeichnen und andere. Von der Ausbildung her ist sie Maschinenbauingenieurin. Als sozial engagierte Frau schätzen wir sie – das ist auch der Anlass unserer Feier und der Verleihung des Apollonia-Hirscher-Preises!
Gundel Einschenk hat im Januar 2012 an der Begegnungstagung der evangelischen Synoden in Bad Boll teilgenommen, wo es mehrere Schwerpunktthemen gab; sie hat sich dort zum Thema Diakonie - evangelische Präsenz gemeldet. Wir kennen Gundel auch als prächtige Kameradin auf Ausflügen oder künstlerischen Veranstaltungen, bei Gemeindefesten, Basar und anderen und nicht zuletzt als liebende Großmutter ihrer Enkel im Lande und im Ausland.
Gundel hat die Bürde des dritten Mandates als Kuratorin im Jahre 2011 angenommen. Besonders die gute Zusammenarbeit zwischen Pfarrer und Kurator bürgt für einen gesunden Geist in der Gemeinde.
Diesen Geist wünschen wir uns und unserer lieben Gefeierten heute und in Zukunft!
(Gehalten am 7. Mai 2012 anlässlich der Verleihung des Apollonia-Hirscher-Preises im Festsaal des Kronstädter Forums)