Reschitza – Das KZ Birkenau war für viele europäische Roma ein Vernichtungslager. Der 2. August 1944 ist der Gedenktag, an dem Jahr für Jahr an den Mord der europäischen Zigeuner erinnert wird. In diesem Jahr, dem 75. Gedenkjahr an die Romamorde durch die Nazis, nahmen auch Delegationen rumänischer Roma an der Gedenkfeier teil, zu der auch einige der noch wenigen Überlebenden angereist waren.
Die rührendste Gedenkrede hielt eine junge Bukarester Romni, die zu den Volontären der Reschitzaer Roma-Organisation Nevo Parudimos gehört, eine der rumänienweit aktivsten. Sie kam vor vielen Offiziellen zu Wort, Vertretern des polnischen Staates, diverser europäischer Roma-Organisationen, Vertretern der EU-Kommission und Überlebenden des KZ-Birkenau. Rebeca, die junge Bukarester Romni, sagte unter anderen: „Ich bin erstmals an diesem Ort des Schmerzes, der grenzenlosen Furcht, des Grauens. Mir wurde die Ehre zuteil – wen ich das eine Ehre nennen darf – das Ereignis zu eröffnen mit etwas, wie ich es nie geglaubt hätte, es jemals tun zu werden: ich verlas einen Teil der Namensliste derer, die nicht mehr unter uns sein können. Ich zitterte. Ich konnte meine Tränen kaum zurückhalten.”
Die rumänischen Roma waren von Nevo Parudimos mobilisiert worden, gemeinsam mit 500 jungen Roma aus 26 Ländern an der 75. Gedenkfeier des Genozids teilzunehmen. Hier erreichten sie drei für sie wichtige Botschaften, erklärt Daniel Grebeldinger, ein Reschitzaer Rom mit Tschanader Wurzeln, der seit einigen Jahren Nevo Parudimos leitet. Die eine Botschaft kam von Kanzlerin Angela Merkel: „Wir können und dürfen die grausamen Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht vergessen. Wir müssen die Geschichten der Opfer bekanntmachen und ihres Leids gedenken.”
Die zweite Botschaft kam vom amerikanischen Bürgerrechtler Jesse Jackson, der Rainbow PUSH, eine Bürgerrechtsorganisation in den USA, leitet und in Birkenau anwesend war: „Das heutige Ereignis vereinigt Personen der Ethnie der Roma aus allen Teilen der Welt. Aber unsere Frage ist: was tun wir von heute an? Wie können wir ab nun beitragen zur Bekämpfung des Rassismus?” Die dritte Botschaft, die Daniel Grebeldinger bemerkenswert fand, kam von Thorbjörn Jagland, dem Generalsekretär des Europarats: „Der Horror des Genozids an den Roma ist unzweifelhaft Teil unserer Geschichte. Es ist unsere Pflicht, das Schweigen zu brechen, das gegenüber den Verbrechen an den Roma seit Jahrzehnten herrscht!”
Die 30 Reschitzaer Roma und ihre Gäste, die sich unter Leitung von Daniel Grebeldinger für den 2. August nach Birkenau begeben hatten, legten an der Gedenkstätte einen Blumenkranz nieder. Sie besuchten auch das benachbarte Auschwitz und beteiligten sich an den Seminaren für Jugendliche. Nevo Parudimos hatte zum neunten Mal unter dem Leitspruch „Dikh He Na Bister” („Schau und vergiss nicht!”) Gedenkstunden an den Roma-Holocaust organisiert.