Fortsetzung von gestern
Dass Niedermaier für seine akademischen Leistungen gewürdigt wurde, blieb nicht aus. 1994 übernahm er die Leitung des Hermannstädter Akademie-Instituts, das inzwischen Institut für Geisteswissenschaften genannt wurde. Seine beständige, unaufgeregte und kompetente Art ermöglichte dem Institut jene Etablierungsphase, derer es nach den Umbrüchen der Wendezeit bedurfte. Neben der Sicherung eines hoch motivierten Mitarbeiterstabes gelang ihm auch eine vorteilhafte räumliche Unterbringung des Instituts auf dem Gelände des ehemaligen Landeskirchenseminars. Nachdem er bereits seit etlichen Jahren die Erlaubnis zur Betreuung von Promotionen hatte, erhielt er 1999 eine reguläre Professur an der Universität Hermannstadt und wurde 2001 zum korrespondierenden Mitglied der Rumänischen Akademie gewählt. Das war schon eine ganz besondere Ehre, denn vor ihm war sie unter den Siebenbürger Sachsen nur dem Komponisten Wilhelm Berger zuteilgeworden, während es im Laufe der Zeit einige sächsische Ehrenmitglieder gab. Niedermaiers fortgesetztes Wirken sowohl als Institutsdirektor wie als aktiver Forscher führte 2018 schließlich zur Ernennung zum Vollmitglied der Rumänischen Akademie – also einer bis heute wirklich einmaligen Ehre in sächsischen Kreisen, einmalig in jeder Bedeutung des Wortes. Im gleichen Jahr zog sich Niedermaier zwar in den Ruhestand und in ein kleines Arbeitsstübchen des Instituts zurück, aber er blieb alles andere als untätig. Unter anderem stellte er das in diesem Jahr erschienene und eben erwähnte neue Buch fertig, das inzwischen in rumänischer wie in deutscher Fassung vorliegt.
Doch zu seinen wissenschaftlichen Verdiensten gehört noch sehr viel mehr. Schon 1992 gründete Niedermaier die Städtegeschichtekommission Rumäniens, der er lange Zeit als Präsident vorstand und heute noch als Ehrenvorsitzender angehört. Neben zahlreichen Tagungen, einem inzwischen fest etablierten Jahrbuch und verschiedensten Publikationen initiierte die Kommission ein Grundlagenwerk, nämlich den Städtegeschichteatlas Rumäniens, wovon Niedermaier den ersten Band selbst bearbeitete, nämlich jenen zum hier unmittelbar benachbarten Schässburg. Doch er war und ist natürlich noch Mitglied zahlreicher anderer Kommissionen und Gremien, etwa der Internationalen Städtegeschichtekommission, der Südostdeutschen Historischen Kommission, des Wissenschaftlichen Beirats des Siebenbürgen-Instituts, des Verwaltungsrats des Brukenthal-Museums oder der Stiftung Kirchenburgen. Und wer Gelegenheit hatte, mit ihm zusammenzuarbeiten, weiß, dass er diese Aufgaben in professioneller Weise sehr ernst genommen hat und bis heute nimmt. Dabei gibt es, wie erwähnt, eine Einrichtung, zu der unser Preisträger in einer besonders innigen Beziehung steht: nämlich der Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde, traditionell Landeskundeverein genannt – übrigens die nach der Landeskirche und ihren Gemeinden älteste heute noch bestehende sächsische Institution. Schon lange in der Vorwendezeit hatte er auf den Jahrestagungen des Arbeitskreises referiert und in dessen Schriftenreihe seine erste Monographie publiziert; direkt in der Wendezeit schaltete er sich in die Gründung einer Rumänien-Sektion des Arbeitskreises ein und leitete diese von 1994 bis zu deren Eintragung als Verein nach rumänischem Recht 2006. Er gehörte trotz aufwendiger Anreise stets zu den zuverlässigsten Teilnehmern an den Vorstandssitzungen des Arbeitskreises und brachte bei diesem schließlich auch sein dreibändiges Standardwerk zum mittelalterlichen Städtebau Siebenbürgens heraus genauso wie gerade im August sein letztes Buch. Paul Niedermaier ist zudem Ehrenmitglied des Landeskundevereins, gegenwärtig das einzige überhaupt. Das ist natürlich nur eine von vielen Auszeichnungen, die Niedermaiers Wirken würdigen, darunter auch vier Orden und 15 Ehrendiplome. Neben dem Siebenbürgisch-Sächsischen Kulturpreis 2007 will ich vor allem zwei aus dem Jahr 2014 erwähnen: das vom deutschen Bundespräsidenten verliehene Bundesverdienstkreuz am Bande und die Ehrenbürgerschaft der Stadt Hermannstadt, denn diese beiden lassen einerseits seine feste Verwurzelung in seiner Heimatstadt wie auch andererseits sein weit ausstrahlendes Wirken, die Anerkennung hüben wie drüben, anschaulich werden. Dass dazu nun die Honterusmedaille des Demokratischen Forums der Deutschen in Siebenbürgen und der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien als höchste Auszeichnung der in Siebenbürgenden lebenden Landsleute kommt, also in jener Region, für die sich Paul Niedermaier ganz bewusst entschieden und für die er Kraft, Können und Wissen eingesetzt hat, ist recht und würdig.
Dazu, lieber Paul, nicht nur im Namen des Landeskundevereins, sondern auch ganz persönlich ganz herzliche Glückwünsche!