Es bleibt ein internationales Fest. Das deutschsprachige Jugendtheaterfestival brachte Schülergruppen aus Ungarn, Kroatien, Serbien, der Ukraine und Rumänien nach Temeswar/Timisoara. Und es hat sich nichts an dem Rezept geändert: vormittags Werkstätten, nachmittags Vorstellungen. Jugendliche lernen was Theater ist und wie man Theater macht, indem sie selber in Stücken mitwirken und auf einer professionellen Bühne auftreten, unterstützt von einem professionellen Technikerteam. Hier tritt man nicht in Schulen auf improvisierten Bühnen auf, hier muss man sich vor einem gleichaltrigen Publikum behaupten, das wirkliche Interesse zeigt und darum auch kritischer ist. Aber es werden auch Freundschaften geschlossen und Karrieren gestartet. Viele Schauspieler des Deutschen Staatstheater Temeswars haben irgendwann als Mitglieder der Jugendtheatergruppe NiL angefangen und ihre ersten Auftritte innerhalb dieses Festivals gehabt. Heute sind sie Werkstattleiter und versuchen das weiterzugeben, was sie einst erhielten: einen Anlaufpunkt.
Das Deutsche Staatstheater profitiert von dem Jugendtheaterfestival und von der Arbeit der Schauspielerin Isolde Cobet. Sie sorgt dafür, dass das Theater frischen Nachwuchs erhält und neue, jüngere Zuschauer gewinnt. Und es scheint ein Erfolgsrezept zu sein, besonders weil es inzwischen mehrere NiL-Jugendtheatergruppen gibt. Einige der Mitglieder haben auch schon in Produktionen des DSTT mitgewirkt. So zum Beispiel in Ödön von Horváths „Jugend ohne Gott“. In der Inszenierung von Clemens Bechtel spielen unter anderem Alex Popa, Yannick und Niko Becker sowie Tudor Morariu mit. „Jugend ohne Gott“ eröffnete das diesjährige Jugentheaterfestival – ein Beweis dafür, dass der Sprung ins professionelle Gewerbe durchaus machbar ist.
Die Jugendlichen Alex Popa, Yannick Becker und Tudor Morariu spielen auch in das von Isa Berger inszenierte Stück „Manchmal schneit es im April“ von J. S. Lopez mit. In „Manchmal schneit es im April“ entführen fünf junge Männer einen Schwarzen, um ihn zu vergewaltigen und umzubringen. Doch der ursprüngliche Plan geht nicht auf, denn einer der Täter macht einen Rückzieher und das Opfer scheint die Situation plötzlich zu kontrollieren. Hintergrund des Stücks ist die Nelkenrevolution, der linksgerichteten Aufstand großer Teile der Armee in Portugal am 25. April 1974 gegen die autoritäre Diktatur des sogenannten Estado Novo. Schwerer Stoff, den Lopez auch noch hart vorlegt. Und nicht das einzige Stück, das Themen aufgreift, die selbst Erwachsene verstören würde. Dea Lohers „Blaubart“ handelt von einem Frauenmörder. Die Theatergruppe Bruk aus Hermannstadt stellte „Ein idealer Gatte“ vor, die Theatergruppe Franzel Ossjek (Kroatien) befasste sich mit der Lieblingsbeschäftigung der heutigen Jugend, nämlich mit sozialen Netzwerken in „Facebook lebendig“. Die Gruppe Junge DBU Szekszárd (Ungarn) zeigte das Stück „Stromausfall“.
Die Werkstätten wurden sowohl von Schauspielern des DSTT wie Radu Vulpe und Enikö Blenessy gehalten, als auch von Theaterpädagogen wie Simon Schlingplässer – ein langjähriger Freund und Unterstützer der Deutschen Staatstheaters Temeswar. Auch Christian Bormann, deutscher Schauspieler und Mitbegründer der NiL-Theatergruppe, hielt eine Gesangswerkstatt im Rahmen des Festivals. Bormann spielt zur Zeit als Gast in der DSTT-Produktion „Cabaret“ mit. Die Ergebnisse der Werkstatt wurden zum Abschluss des Festivals kurz vorgestellt.