Die Impfkampagne hat begonnen
Erleichterung und Hoffnung werden weltweit gemeldet, seitdem gleich mehrere Impfstoffe gegen Covid-19 entdeckt und einige davon auch bereits von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) oder von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zugelassen wurden. Nun habe man endlich das Mittel, diese Pandemie erfolgreich zu bekämpfen. Als Sofortwirkung erhofft man sich, viele Leben zu retten, vor allem ältere Personen und Menschen mit Vorerkrankungen, also die sogenannten Risikogruppen. Über-all wurden Vorbereitungen für eine möglichst umfassende und schnelle Impfkampagne getroffen. Impfzentren werden eingerichtet, die gesamte Logistik überprüft und ausgebaut, Kriterien der Impf-Terminvergabe werden bekannt gegeben. In vielen Ländern (auch in Rumänien) wird sogar eine Intensivierung der Kampagne gefordert. Unsicher ist, ob genügend Impfdosen rechtzeitig bereit stehen werden.
Trotzdem können nicht die Zurückhaltung und die Fragen ignoriert werden, die im Zusammenhang mit einer solchen, bisher einzigartigen Impfkampagne aufkommen. Es handelt sich vor allem um das rasante Tempo, in dem nach diesem neuen mRNA-Impfstoff geforscht wurde, um die kurze Zeit in der dieser Impstoff entwickelt und zugelassen wurde. Der in Rumänien bisher einzig zugelassene Impfstoff wurde von bioNTech-Pfizer entwickelt und enthält, was eine Premiere darstellt, bekanntlich keine abgeschwächten oder abgetöteten Viren wie die herkömmlichen Impfstoffe, sondern eine genetische „Bauanleitung“ für eine Komponente des Covid-19-Erregers, die dann das Immunsystem des Körpers aktiviert. Welches eventuelle Langzeitfolgen eines derartigen Impfstoffes sind, muss vorläufig eine unbeantwortete Frage bleiben aus dem einfachen Grund, weil die ersten solchen Impfungen vor zu kurzer Zeit erfolgten und man noch nicht von Langzeitbeobachtungen sprechen kann.
Mit gutem Beispiel voran
Die donnerstags und freitags beim Sitz des Kronstädter Deutschen Forums als Hausärztin vieler Forumsmitglieder tätige Ärztin Mihaela Bibu ließ sich in der vorigen Woche gegen Covid-19 impfen. Für unsere Leser erläuterte sie die Gründe, die sie zu diesem Schritt bewogen haben: „Es geht dabei nicht nur um meinen persönlichen Schutz. Die Impfung ist ebenfalls im Sinne der Gemeinschaft, der Gesellschaft im Allgemeinen.“ So schütze sie vor Covid-19 ihre Patienten, mit denen sie in direkten Kontakt tritt, unter ihnen vor allem jene aus den Risikogruppen. Sie glaubt fest an die Effizienz des Impfstoffes und spricht sich deutlich für eine Impfung aus. Die Tatsache, dass weltweit gemeinsam unter Wahrung aller ärztlichen Standards geforscht wurde und anschließend massiv getestet wurde, gebe ihr die Sicherheit, dass der Impfstoff nützlich und sicher sei. Die weltweite Zulassung garantiere das ebenfalls. Wie bei jeder Impfung könne es auch bei dieser Anti-Covid-Impfung zu geringfügigen Nebenwirkungen kommen. Diese seien aber äußerst selten und harmlos; es handle sich dabei um Schwellungen und Rötungen an der Impfstelle, seltener Kopfschmerzen, leichtes Fieber und Müdigkeit kurz nach der Impfung.
Frau Bibu will ihre Patienten über die Impfkampagne aufklären und beraten, eventuell bei der Ansetzung des Impftermins behilflich sein, vor allem jenen, die über keinen Internetanschluss oder Telefon verfügen. Solche Sprechstunden sollen dazu beitragen, dass auch Impfskeptiker gut informiert sind und nicht absurden Verschwörungstheorien zum Opfer fallen. Dann können sie in Sachkenntnis ihr eventuelles Einverständnis zur Impfung erteilen. Nur so könne die Impfkampagne erfolgreich sein und dann hoffentlich zur gewünschten Herdenimmunität führen, was auch ein mehr oder weniger schnelles Auslöschen der Pandemie bedeutet. Eine allgemeine Impfpflicht hält Dr. Bibu als unangebracht, da die Leute aufgeklärt und nicht gezwungen werden sollen. Es sei das Recht jedes Einzelnen, über seine Gesundheit zu entscheiden. Eine nachträgliche Benachteiligung derjenigen, die die Impfung verweigern, sei aber nicht korrekt. Was trotzdem denkbar sei, wären im Falle dieses Personenkreises kostenpflichtige Corona-Tests, wenn sie z.B. Flugreisen ins Ausland antreten oder, dort wo es verlangt wird, eine Quarantäne vermeiden wollen. Mihaela Bibu hofft auf ein gutes Echo der Impfaufrufe in der Bevölkerung, denn das sei letztendlich auch aus wirtschaftlichen Überlegungen sehr wichtig. Eine weiterhin grassierende Pandemie bedeutet Schließung von Unternehmen, Arbeitslose, geschlossene Schulen und Eltern, die nicht zur Arbeit gehen können, weil sie ihre Kinder betreuen müssen, also hohe wirtschaftliche Kosten, die sich auf alle auswirken. Ein optimistischeres Szenario wäre, die Pandemie unter Kontrolle zu halten und, selbst wenn Mutationen des Virus auftauchen, sie wie eine Grippe mit saisonalen Impfungen zu bekämpfen.