Touristen, die es in die Hauptstadt des Banats, also nach Temeswar zieht, fragen sich oft, was sie denn sonst noch in der Gegend besichtigen könnten. Naturliebhaber kommen in der Banater Heide eher weniger auf ihre Kosten. Daher lautet meist die Empfehlung für Reisende, die ein paar entspannte Tage in der Natur verbringen wollen: Ab ins Banater Bergland! Der Kreis Karasch-Severin verbirgt ein paar faszinierende Orte, die Touristen von überallher begeistert haben und es weiterhin tun. Einige dieser versteckten Schätze stellen wir auf der heutigen Tourismusseite vor.
Ein Muss für Straßen- und Brückenbauingenieure und für Fotografen: Die Eisenbahnstrecke Orawitza-Anina. Diese ist die älteste Eisenbahnlinie auf dem heutigen Gebiet Rumäniens - eigentlich ist das ihre Fortsetzung bis zur Donau: Orawitza - Basiasch, von der allerdings wegen Grenzstreitigkeiten nach dem Ersten Weltkrieg der über das „Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen“ führende Teil ab Iam herausgerissen wurde - und wird auch noch Banater Semmeringbahn genannt. Am 15. Dezember 1863 verkehrte auf dieser Strecke der erste Zug. Er beförderte damals nicht nur Kohle, sondern auch Fahrgäste.
33,4 Kilometer lang ist die Eisenbahnstrecke, die die Kleinstädte Orawitza und Anina im Banater Bergland miteinander verbindet. Dabei gibt es einen Höhenunterschied von 340 Metern. Insgesamt 14 Tunnels und mehrere Viadukte sind auf der Strecke zu finden, die vor allem durch die Art und Weise, wie sie gebaut wurden, beeindrucken. Im Fahrplan sind aktuell zwei Züge verzeichnet, deren Lokomotiven extra für diese Eisenbahnstrecke hergestellt wurden, weil wegen der engen Wenderadien nur Loks mir ganz nahem Radstand hier verkehren können. Die zwei Wagen stammen aus dem Jahr 1930, sind mit Holzbänken versehen und haben zur Heizung Brennholzöfen. Die Fahrzeit beträgt etwa zwei Stunden, da die Züge nicht mit mehr als 20 Kilometern pro Stunde fahren dürfen. Zudem gibt es einen Bahnhof, an dem der Zug erst mal vorbeifährt, abbremst, um dann rückwärts einzufahren, was seine Zeit fordert. Gerade für Fotografen ist diese Trasse ein Muss.
Architekten sollten noch vor der Zugfahrt nach Anina auch in Orawitza weilen. Hier befindet sich ein imposantes Gebäude - das Alte Mihai-Eminescu-Theater, das Anfang des 19. Jahrhunderts (eingeweiht 1817) errichtet wurde und auch heute noch die eine oder andere Veranstaltung beherbergt. Das Alte Theater in Orawitza ist das älteste aus Stein errichtete Theatergebäude im Südosten Europas und das älteste auf dem heutigen Gebiet Rumäniens. Der Bau ist 36 Meter lang und 15 Meter breit. Die Initiative, ein Theater in Orawitza aufzubauen, stand in engem Zusammenhang mit dem Wunsch, das hundertjährige Jubiläum der Befreiung des Banats von der türkischen Herrschaft zu begehen. Koordiniert wurden die Bauarbeiten von dem Orawitzaer Architekten Johann Niuny, der auch Leiter der „Dilettanten“-Gesellschaft war - so nannten sich damals die Hobby-Schauspieler und -Sänger, die sämtlich Bürger von Orawitza waren. Für die Innendekoration war der Maler Franz Knee zuständig. Die Pläne dazu lieferte der Wiener Architekt Ieronimus Platzger, der dafür das alte Wiener Burgtheater als Modell gewählt hatte, das inzwischen (noch im 19. Jahrhundert) abgebrannt ist.
Eine Besonderheit in Europa ist es ganz bestimmt: das UNESCO-Reservat der 22 Wassermühlen im Tal des Rudăria-Baches oberhalb von Eftimie Murgu. Das Wassermühlenreservat, das noch voll in Betrieb ist - die Einwohner der Gemeinde behaupten, hier entstehe das beste Maismehl für das hier hervorragend schmeckende Maisbrot - erstreckt sich auf drei Kilometer und gilt als das größte dieser Art in Europa. Die hölzernen Wassermühlen von Rudăria werden auch heute noch nach dem System der gegenseitigen Hilfeleistung und der Organisierung der Wehrbauern der Grenzregimenter im Regelsystem des 18. Jahrhunderts verwaltet und genutzt. In diesen Mühlen wird gewöhnlich Mais gemahlen. Das Brot aus Maismehl, das mit rohem oder gebratenem Räucherspeck und eingepökeltem Schafskäse gegessen wird, zählt zu den Delikatessen dieser Gegend.
Für Naturfreunde ist ein Wochenendausflug in den Nationalpark „Nera- Klamm-Beuşniţa“ ein Muss. Der Nationalpark befindet sich im Süden des Verwaltungskreises Karasch-Severin. Es gibt fünf ausgeschilderte Routen, die in den Nationalpark führen - die einzigen zugelassenen Eintrittsstellen. Der Nationalpark hat eine Fläche von 37.100 Hektar und erstreckt sich zwischen 200 und 1116 Höhenmetern. Kurze Wanderrouten können in dieser Gegend unternommen werden, wie zum Beispiel zum Wasserfall Şuşara oder zum See „Lacul Dracului“. Es sind meist leichte Strecken auf schmalen Wegen durch den Wald, entlang des Wassers, weshalb auch viele Familien mit Kindern hierherkommen. Alles legendenumwoben – nachzulesen bei Alexander Tietz.
Zu den zahlreichen Sehenswürdigkeiten gehören die Nera-Klamm mit einer Tiefe von bis zu 300 Metern, die Mini{-Klamm mit einer Tiefe von bis zu 200 Metern, der Simionsberg, die mittelalterliche Burg von Ilidia, von der nur die Verteidigungsmauer übrig geblieben ist, sowie die Seen „Ochiul Bei“ und „Lacul Dracului“. Eine Attraktion ist der Bigăr-Wasserfall im Miniş-Tal, in der Mitte der Strecke zwischen Anina und Bozovici. Der Bigăr-Wasserfall wurde 2013 weltberühmt, nachdem die amerikanische Webseite „The Word Geography“ diesen auf Platz eins im Ranking der spektakulärsten Wasserfälle der Welt setzte. Er ist eine der seltenen auch heute aktiven Entstehungsstellen von Kalktuff: das Wasser einer knapp 200 Meter weiter am Fuß einer Kalksteinwand entspringenden Quelle fließt über einen bemoosten Vorsprung, der in der Sonne liegt. Beim Verdunsten setzt sich Kalk am Moos an. Das Moos stirbt ab, der Kalk bleibt übrig. So „wächst“ der Felsvorsprung mit dem porösen Kalktuff immer weiter in den Miniş-Bach hinein, während auf ihm anderes Moos nachwächst und der Prozess sich wiederholt.
Verliebte dürfen ihn sich nicht entgehen lassen: den sogenannten Liebestunnel auf der Eisenbahnstrecke Caransebeş-Băuţar, zwischen den Ortschaften Obreja und Glimboca. Entdeckt wurde er 2014 von zwei Hobbyfotografen, deren Bilder im Internet kreisten. Dabei handelt es sich um einen „natürlichen“ Tunnel, der aus den Pflanzen, die an der Eisenbahnstrecke emporwachsen, entsteht. Er gilt als einer der romantischsten Orte in Rumänien und befindet sich auf der Liste der versteckten Schätze Europas, die besichtigt werden sollten.
Das Dampflokmuseum in Reschitza würde wohl jeden Dampflok-Liebhaber begeistern. Hier können 16 Loks bewundert werden. Das größte Museum für Dampflokomotiven aus Rumänien und gleichzeitig die vollständigste Sammlung von in Reschitza gebauten Dampfloks wurde zum 100. Jubiläum des Baus der ersten Reschitzaer Dampflokomotive 1971 eröffnet und zeigt unter anderem die originale erste Lok, die seinerzeit – 1872 – auf der Wiener Weltausstellung gezeigt wurde und nach Plänen des Engländers John Haswell entstand, den die Wiener Dampflokomotivenfabrik der k.u.k. österr.-ung. priv. Staats-Eisenbahn-Gesellschaft (StEG) aus England abgeworben hatte.
Es ist schon längst kein Insidertipp mehr, aber nicht weniger beliebt: das Semenik-Gebirge. Zahlreiche Temeswarer besitzen Ferienhäuser und Pensionen in den dortigen deutsch-böhmischen Ortschaften Franzdorf/Văliug, Wolfsberg/Gărâna und Weidenthal/Brebu Nou. Von Temeswar aus sind es etwa 150 Kilometer bis dorthin. Zu den beliebtesten Einrichtungen in Franzdorf gehört der Ponton Casa Baraj, wo in Wochenendnächten Partys veranstaltet werden. Zentraler Treffpunkt für Endurofreunde ist Weidenthal, wo jedes Jahr Motorradfahrer von überallher anreisen. Im Banater Bergland kann man Wanderungen unternehmen - zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Einen besonderen Panoramablick über das Banater Bergland bekommt man vom Gozna-Gipfel (1447 Meter) des Semenik-Gebirges. Bei klarem Wetter ist in der südlichen Ferne die Donau zu sehen.