Bukarest (ADZ) – „Baumstammdiebstahl im Wert von 200.000 Euro“ nennt die Umweltschutzorganisation „Agent Green“ das, was im Gebirgszug der Dorna Cândrenilor im Landeskreis Suceava geschehen ist und von den Umweltschützern gemeinsam mit mehreren staatlichen Organen aufgedeckt wurde. Desgleichen hätten die Holzdiebe einem Forstingenieur eine Falle gestellt und ihm Unregelmäßigkeit in der Forstverwaltung des Raums unterstellt, (auch) weil er den Mut hatte, sich mit Enthüllungen über den Vorfall an die Öffentlichkeit zu wenden. Ihr Pressekommuniqué betiteln die Umweltschützer schlicht „Jaf în Dorna Cândrenilor, jude]ul Suceava“/„Raub in der Dorna Cândrenilor, Landeskreis Suceava“, genauso wie sie ihre umgehend eingeleiteten Untersuchungen betitelt haben.
Der Raub sei auf eine eigentlich klassische Methode des Forstdiebstahls in Rumänien begründet worden, die „auf dem Papier erfolgte Unterdimensionierung der Baumstämme“ (sowohl als Umfang, wie als Höhe), was auch auf eine gewisse Kollaboration der Forsteinrichtung hindeutet. Die Anwendung dieser „Raubmethode“ wurde den Umweltschützern von der Forstwache Suceava bestätigt. Ein Forstingenieur des zuständigen Forstamtsbezirks habe ebenfalls „Enthüllungen“ in dieser Richtung gemacht, die seine Vorgesetzten im Forstamtsbezirk belasten. Diese hätten ihm Taten und Vorgänge in die Schuhe geschoben, die er nicht begangen habe. Eine ehemalige Hochschullehrerin des belasteten Forstingenieurs hätte inzwischen öffentlich für ihn Einspruch gegen die Inszenierung seiner Vorgesetzten erhoben. Der junge Forstingenieur soll vor Gericht gestellt werden.
Die Wälder, die vom Forstamtsbezirk Dorna Cândrenilor gepflegt und verwaltet werden, sind Staatswälder. Generalverwalter ist, wie überall beim öffentlichen Forstbesitz des Staates, die SC Romsilva SA. Im Herbst 2022 hatten hier zwei Forstrazzien stattgefunden, durchgeführt von neun dazu befugten staatlichen Stellen, unter ihnen Forstpolizei und Staatsanwaltschaft. Damals waren der Forstamtsbezirk Dorna Cândrenilor aber auch andere Forstamtsbezirke des Landeskreises Suceava aufs Korn genommen worden, desgleichen 146 Firmen und private Adressen in 17 Landeskreisen, die mit Holz aus den Wäldern des einst waldreichsten Landeskreises Rumäniens versorgt wurden (heute ist das das Banater Bergland/Landeskreis Karasch-Severin, aber auch hier arbeitet die Holzmafia im Schweiße ihres Angesichts auf Änderung dieser Situation hin).
Jetzt, in der Aufarbeitungsphase der damaligen Großrazzia, „ist die Zeit gekommen, wo Köpfe rollen müssen“, schreibt „Agent Green“. Und weiter: „Da die Chefs unter Sonderschutz stehen, ist ein junger Forstingenieur zum Opferlamm auserkoren worden. Der hat keine Rückenstärkung. Ihm wurde der Gesamtumfang des Diebstahls in die Schuhe geschoben. Der Grund: er habe illegal den Markierungshammer genutzt, sei Komplize des illegalen Holzeinschlags gewesen, ebenso des Diebstahls und Abtransports der geschlagenen Stämme. Victor Pavel, das Opferlamm, hat sich allerdings mit Enthüllungen an die Autoritäten gewandt und versucht, den Spieß umzudrehen.“
Victor Pavel, zitiert von „Agent Green“: „Ich schätze den Forstschaden auf rund 200.000 Euro. Ich war nicht einverstanden, den Diebstahl nach der Methode der `Unterdimensionierung` der Baumstämme zu decken – obwohl mir dafür materielle Vorteile versprochen worden sind. Hätte ich das damals akzeptiert, hätte ich nie mehr den Mund aufmachen können. Das Forstsystem, mit dem wir leben, müsste von Grund auf neu aufgebaut werden. Vielleicht wäre das die einzige Chance auf eine Änderung. Leider sind Forstverbrechen für manche im System zum Lebensmodus geworden. Vorfälle dieser Art sind auch künftig nie auszuschließen, wenn das System nicht umgemodelt wird.“
Der von seinen Vorgesetzten zum Opferlamm auserkorene Forstingenieur hat 2016 die Forsthochschule von Suceava mit einer Arbeit über Sukzession im Forstwesen abgeschlossen. Obwohl unter den Besten seines Jahrgangs, sei er nicht ausgewandert, betont „Agent Green“. Zudem sei es kein Zufall, dass der Skandal von Suceava im Vorwahljahr 2023 öffentlich wurde. Vor den letzten Wahlen in Rumänien, 2020, sind sechs Forstbeamte in verschiedenen Landesteilen ermordet worden (ADZ berichtete). Die Umweltschützer fürchten, dass sich eine solche Welle vor dem Superwahljahr 2024 (Parlaments-, Präsidentschafts-, Kommunal- und Europaparlamentswahlen stehen an) wiederholen könnte. Und sie befürchten noch, dass der Fall Victor Pavel von der Justiz „nicht mit ausreichender Distanzierung zur Politik-Szene“ behandelt werden könnte… Damit spielt „Agent Green“ auf die rumänienweit bekannten Tatsachen an, dass das höchste Maß an illegaler Parteienfinanzierung über das schwer kontrollierbare Forstwesen kommt und dass in vielen Landesteilen die Unabhängigkeit der Justiz stark von der Politik gefährdet wird.
Gabriel Păun, der auch international sehr geachtete Vorsitzende von „Agent Green“: „Ihrerseits ist es für die Regierung Rumäniens höchste Zeit, dass sie das Forstwesen Rumäniens gründlich und von Grund auf reformiert!“