Sathmar – Am 8. Oktober feierten rund 200 geladene Gäste erstmals den Tag der Deutschen Einheit im Haus der Beständigkeit in Sathmar/Satu Mare. Organisiert wurde die Veranstaltung vom deutschen Konsulat in Temeswar in Zusammenarbeit mit dem Demokratischen Forum der Deutschen in Nordsiebenbürgen.
Am Festakt und dem anschließenden Empfang nahmen zahlreiche bedeutende Persönlichkeiten teil, darunter Eugen Schönberger, römisch-katholischer Bischof der Diözese Sathmar, Ioan Tibil, Präfekt des Kreises Sathmar, Rudolf Stauder, Präfekt des Kreises Maramuresch, Csaba Pataki, Vorsitzender des Kreisrats Sathmar, Vertreter des Instituts für Auslandsbeziehungen Stuttgart (ifa) sowie Bürgermeister der sathmarschwäbischen Gemeinden und Vertreter der lokalen Wirtschaft. Es war ein besonderer Abend für die schwäbische Gemeinschaft in der Region und darüber hinaus.
Regina Lochner, deutsche Konsulin in Temeswar, würdigte in ihrer Ansprache die Arbeit des örtlichen Demokratischen Forums der Deutschen in Nordsiebenbürgen, sowohl für die deutsche Gemeinschaft als auch für den Austausch und die Völkerverständigung auf den verschiedensten Ebenen. „Die Versuchung, am Tag der Deutschen Einheit jeweils erneut mit sichtbaren Zeichen von Rührung und erinnerungsseliger Ergriffenheit den Geist der deutschen Wiedervereinigung von nunmehr vor 34 Jahren heraufzubeschwören und die Sache damit ihr Bewenden haben zu lassen, ist groß. Ich werde dieser Versuchung heute nicht erliegen“, sagte die Konsulin und erinnerte in ihrer Rede an die zahlreichen Gewalttaten, die in verschiedenen Teilen der Welt aber auch in der unmittelbaren Nähe von Sathmar, in der Ukraine die heutige Gesellschaft erschüttern. In diesem Zusammenhang zitierte Konsulin Lochner Bundespräsident Steinmeier, der am 13. September 2024 beim Bürgerfest in Schloß Bellevue in Berlin sich zum selben Thema äußerte: „Wir brauchen gerade jetzt helle und heitere Momente, aus denen wir auch wieder Kraft schöpfen können für unsere Aufgaben in Beruf, Familie, Gesellschaft und Politik. Wir brauchen wenigstens hin und wieder auch das fröhliche Miteinander, weil wir uns bewusst werden müssen, dass wir eine Gesellschaft der vielen sind und bleiben wollen. Wir brauchen Begegnungen wie diese heute, weil sie uns immer wieder Mut machen, gemeinsam für eine friedlichere und gerechtere Zukunft einzutreten“.
„Gerade in diesen schwierigen Zeiten sei es eine zivilisatorische Aufgabe der Menschen, gerade und frei für das einzustehen, was für sie wichtig ist – inklusive der Feier zur Wiederkehr eines zentralen Ereignisses der deutschen Geschichte“, schlussfolgerte Konsulin Lochner und drückte ihre Freude darüber aus, dass rund 200 Menschen an der Feier teilnahmen, von denen jeder einzelne ein Zeichen der Freundschaft und Verbundenheit zwischen Deutschland und Rumänien setze.
Josef Hölzli, Vorsitzender des Regionalforums Nordsiebenbürgen, sprach ebenfalls von der Bedeutung der deutschen Einheit. „In einer Welt, mehr und mehr geprägt von Trennung, Spaltung und Konflikten, steht die deutsche Einheit für Einigkeit, Freiheit, friedliche Überwindung von Widerständen nicht nur in Europa, sondern weltweit“, sagte anerkennend Josef Hölzli in seiner Ansprache. Der Vorsitzende zeigte sich erfreut darüber, dass der Tag der Vereinigung in Sathmar im Dreiländereck von Rumänien, Ungarn und Ukraine gefeiert werden konnte. Josef Hölzli erwähnte in seiner Ansprache den deutsch-rumänischen Freundschaftsvertrag von 1992, der die Grundlage für die guten und engen bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Rumänien bildet und bedankte sich in diesem Zusammenhang für die langjährige großzügige Hilfe und Unterstützung Deutschlands seit der Wende 1989 für die Investitionen deutscher Unternehmer in der Region, die Förderung der Wirtschaftsstiftungen und Kleinunternehmer, der deutschen Kulturtätigkeit und der Jugendarbeit, des deutschsprachigen Unterrichts sowie die Unterstützung der Hilfsbedürftigen und Senioren der deutschen Minderheit.
Bischof Eugen Schönberger rief dazu auf, Akteure der Einheit in einer zunehmend gespaltenen Welt zu sein. Er betonte, dass Einheit nur durch Taten und Gebet erreicht werden könne und appellierte an die Zuhörer, Hoffnungsträger in ihren Gemeinschaften zu sein.„Heute erinnern wir uns an das Ereignis von 34 Jahren, als eine Mauer fiel, die nicht nur eine einsprachige Nation im Osten und Westen teilte, sondern auch eine scharfe Grenze zwischen dem christdemokratischen Westen und dem sozialistischen Osten zog. Wir können es uns nicht leisten, nostalgisch auf das Jahr 1990 zu blicken, als ob es angesichts der Herausforderung der Gegenwart und Zukunft nicht mehr unsere persönliche Aufgabe wäre, für die Einheit zu arbeiten. Das doppelte Beispiel Jesu, Gebet und Tat, zeigt uns deutlich den Weg. Nur so können wir wirksam für die Einheit arbeiten. Wir sehen in der Welt die schmerzhaften Folgen von Uneinigkeit und Spaltung, Konflikte, die das Leben und die Lebensräume der Menschen zerstören. Wir müssen in unserem eigenen Umfeld und in unseren Gemeinschaften Akteure der Einheit sein. Wenn wir das tun, werden wir Träger der Hoffnung sein“, so Eugen Schönberger, römisch-katholischer Bischof der Diözese Sathmar in seiner Ansprache.
Der Präfekt Ioan Tibil betonte in seiner Rede die Bedeutung der Deutschen im Leben der Gemeinschaft des Kreises Sathmar sowie ihrer deutschen Wirtschaftsverbände und des deutschen Kapitals, das eine der Hauptantriebskräfte der Wirtschaft in Sathmar sei.
„Wir fühlen uns auch durch die Anwesenheit der Konsulin der Bundesrepublik Deutschland in Temeswar, Frau Regina Lochner, geehrt, der wir für die besondere Aufmerksamkeit danken, die dem Kreis Sathmar entgegengebracht wird“, sagte der Präfekt des Kreises Sathmar.
Der Kreis Sathmar habe eine besondere Beziehung zu Deutschland und den Deutschstämmigen. Viele der kulturellen Werte und des kulturellen Erbes würden den Kreis Sathmar zu einem besonderen Ziel sowohl für den Tourismus als auch für deutsche Investoren machen. „Der deutsche Geist hat in diesem Teil Siebenbürgens immer noch einen positiven Einfluss. Wir sind einer der Kreise, in denen sich wichtige deutsche Investitionen konzentrieren, die zur wirtschaftlichen Entwicklung und zur Erhöhung des Lebensstandards beitragen. Die Anwesenheit von Deutschen in der Kommunalverwaltung ist ebenfalls von Vorteil, sei es als Bürgermeister, Gemeinde- oder Kreisräte oder Leiter von Einrichtungen. Die mehrheitlich schwäbischen Gemeinden sind für uns ein Musterbeispiel für typisch deutsche Organisation und Ordnung. An diesem Tag der Deutschen Einheit möchte ich daran erinnern, dass die deutschen Wirtschaftsverbände ständige Partner der Präfektur des Kreises Sathmar waren und durch ihre Mitglieder den Bürgern unseres Kreises durch sichere und zivilisierte Arbeitsplätze Wohlstand gebracht haben. Das deutsche Kapital ist mit einem Umsatzanteil von über 30 % eine der wichtigsten Triebfedern der Wirtschaft von Sathmar. Als Vertreter der rumänischen Regierung haben wir gemeinsam mit den Kollegen der Präfektur die wirtschaftlichen Veranstaltungen unterstützt und waren Partner bei ihren Projekten. Ich möchte nur die Initiativen zur dualen Berufsausbildung erwähnen – der Kreis Sathmar war ein Pionier in diesem Bereich – oder die Werbeveranstaltung EXPO – Hergestellt in Sathmar, die zu einem regionalen Ereignis geworden ist“, sagte der Präfekt Ioan Tibil.
Csaba Pataki, Vorsitzender des Kreisrats von Sathmar, sagte in seiner Rede, dass es für die deutsche Gemeinschaft von Sathmar sehr wichtig sei, dass die deutsche Generalkonsulin in Temeswar sie zu diesem Anlass ehrt, da es bestätigt, dass hier wertvolle und wichtige Mitglieder der großen deutschen Gemeinschaft leben.
„Hier teilen wir eine gemeinsame Geschichte, ein gemeinsames Schicksal, mit all seinen Freuden und Sorgen, aber genau das macht die Gemeinschaft von Sathmar stark und entwicklungsfähig. Ich danke ihnen, dass sie mit ihrer Arbeit und ihrer Anwesenheit unser Land zu einem besseren Ort machen“, sagte Kreisratsvorsitzender Pataki anerkennend über die Sathmarer Schwaben.
Die Stadt Sathmar wurde durch den Citymanager Csaba Maskulik vertreten, der die deutsche Gemeinschaft zu den bisher erzielten Ergebnissen beglückwünschte und hinzufügte, dass die Stadt den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen den Gemeinschaften im Geiste des gegenseitigen Respekts und der Kooperation weiterhin unterstützen werde.
Neben dem offiziellen Teil der Veranstaltung gab es ein künstlerisches Programm, das vom Schwäbischen Männerchor Großkarol-Petrifeld-Sathmar, dem Streichquartett der Philharmonie „Dinu Lipatti“, dem AIR-Chor, der Tanzgruppe der Jugendorganisation Gemeinsam“, der Gute-Laune-Tanzgruppe, Evelyn Biro, Schülerin des Johann Ettinger Lyzeums und der Bildegger Blaskapelle geboten wurde.
Für eine besondere Überraschung sorgte Konsulin Regina Lochner, die zusammen mit dem AIR-Chor das Lied Die Forelle von Franz Schubert sang.