Wenn Viktor Orbán kein Magyare wäre, könnte PSD-Chef Dragnea gut Freund sein mit diesem Genossen im Geiste, seit dieser „illiberal” mit „altmodischer Christ-Demokratie” ersetzt hat.
Damit steht hier nichts Neues, aber der Daddy Gesamtrumäniens ist von Tag zu Tag bemühter, diese Geistesverwandtschaft – auch mit Tschechiens Zeman und Polens Kaczynski – zu untermauern. Die schlecht-gute Nachricht aus Brüssel, dass künftig die Fondsausschüttung von der Respektierung der Rechtsstaatlichkeit abhängig werde (gut) – allerdings erst ab der nächstfolgenden Haushaltsperiode (schlecht) – ermutigt die PSD/ALDE-Chaosregierung, die Gesetze in völlig demokratischer Rechtsausübung durch die Parlamentskammern so zu beugen, dass Rechtsvergehen der gewählten oder ernannten Amtsträger mit Schulterzucken geahndet werden. Dass eine Reihe aufsehenerregender Prozesse gegen Würdenträger – und ihre engsten Vertrauten – dauernd aufgeschoben werden, bis die Bleichnovellierungen der Paragraphen durchgewinkt sind, die vom Iordache-Ausschuss auf Fälle von Rechtsvergehen hoher Amtsträger (etwa Senatspräsident Popescu-Tăriceanu) zurechtgestutzt werden, steht außer Zweifel. Auch wie „unabhängig” die Richter sind, die ihre (im Vergleich zum Normalbürgerniveau) unverschämt hohen Renten nicht aufs Spiel setzen wollen.
Rumänien erlebt eine Generalerosion des Rechtsstaats. Die an der Macht Befindlichen und die von ihnen beherrschten Medien arbeiten mit Volldampf an der Verleumdung und Besudelung der letzten Reste rechtsstaatlicher Glaubwürdigkeit. Sie machen Errungenschaften der vergangenen zwanzig Jahre in Richtung Rechtsstaat, Institutionen wie die Antikorruptionsbehörde DNA, die Polizeidirektion zur Bekämpfung des Bandenverbrechens und des Terrorismus DIICOT, die Generalstaatsanwaltschaft, den Inlandsgeheimdienst SRI und die Sondereinheiten zur Begleitung und zum Schutz von Würdenträgern mit einer systematischen Beharrlichkeit kaputt, die eines Besseren würdig wäre. Parteien werden von den Parteien an der Macht diskreditiert, etwa mit der Aussage: „In diesem Land wurde viel gestohlen, und zwar von allen, die sich an der Macht befanden“ Deto: „Regt euch nicht auf, weil wir stehlen, das tun doch alle!“ Nichts Besonderes also.
Die gesamte Kampagne zur Aushöhlung des Rechtsstaats läuft ab aufgrund von Behauptungen, ohne Beweise. Es ist ja keine Gerichtsverhandlung! Dem kulturfernen Wahlbürger setzt man Flöhe ins Ohr. Alles Weitere besorgt dieser selber. Ihm fehlt das Positive an der „kognitiven Dissonanz“ Leon Festingers. Kulturlose Wahlbürger pflegen Informationen selektiv wahrzunehmen, z. B. wiederholte Medieninhalte. Menschen neigen dazu, einmal getroffene Entscheidungen möglichst zu erhalten, zu rechtfertigen („Bestätigungsfehler”). Neuinformationen, die zur getroffenen Entscheidung in Widerspruch stehen, werden meist abgewertet (Tragik der Opposition), sie stützende Informationen aufgewertet. Sitzt der Floh im Ohr, hegt und pflegt man ihn mit Treue. Bis zum Gehtnichtmehr! Wer also von der PSD/ALDE-Version des „Skandals der Protokolle” überzeugt ist, der glaubt bedingungslos Justiz-Hampelmann Tudorel Toader, der mit ihm eigener universitärer Selbstsicherheit von „außerordentlichen Revisionsverfahren” und „Prozessrevisionen” spricht, wenn Würdenträgerprozesse von Erkenntnissen des Nachrichtendienstes SRI entschieden wurden.
Man glaubt auch der nach Costa Rica geflüchteten, der Unterschlagung verdächtigten Ex-Ministerin Elena Udrea, wenn sie von „politischen Urteilen” und „Verfolgung durch die Securitate” spricht. Selber glaubt man an die Ahnung, dass wir, als Steuerzahler, die wir von denen geprellt wurden, die, so Toader, „schwere Gefängnisjahre durchleiden” mussten, ihnen bald Entschädigungen zahlen werden. Saftige, vom Justizminister angedachte.
Die reinste „altmodische Christ-Demokratie”!