Es wird gehämmert und gesägt auf dem Gelände rund um die evangelische Kirchenburg aus Felldorf/Filielnic. Unter der Torbastei ist eine Werkstatt eingerichtet, neben der Kirchenmauer steht ein Zelt mit Werkzeugen und Schubkarren. Eine Gruppe von Jugendlichen schaufelt die Erde, ein älterer Herr betätigt gerade eine Sägemaschine. Über 30 ehrenamtliche Helfer unterschiedlichsten Alters arbeiten emsig seit mehr als einer Woche am alten Pfarrhaus in Felldorf. Es sind Mitglieder der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Halle in Westfalen, die unter der Leitung von Bernd Eimterbäumer, dem Pfarrer der Gemeinde, zehn Tage in Siebenbürgen verbringen. „Baufreizeit in Rumänien“ nennen sie ihr ehrenamtliches Engagement. Dass es ein erfahrenes und gut organisiertes Team ist, sieht man auf den ersten Blick. Jeder weiß, was er tun muss, die Arbeit geht zügig voran. Es ist kein Wunder, denn viele sind Profihandwerker: Maurer, Tischler, Elektriker oder Fliesenleger und sie arbeiten seit vielen Jahren ehrenamtlich zusammen. 14 Jahre davon in Rumänien.
Wie Bernd Eimterbäumer erzählt, hat alles damit begonnen, dass er mit einer Gruppe von Jugendlichen in Frankreich am Lagerfeuer saß und die jungen Leute sich plötzlich überlegten, wie sie etwas Gutes tun oder irgendwo helfen könnten. So sind sie über den Weltdienst des Christlichen Vereins Junger Menschen (CVJM), eine internationale und ökumenische Jugendorganisation, zum ersten Einsatz gekommen. Sie haben beim Bau eines Freizeitheimes in Ungarn teilgenommen, dann in Rumänien. Neun Jahre lang sind sie jedes Jahr nach Ozd im Kreis Mureș zurückgekehrt, wo die Stiftung „Bonus Pastor“ aus Neumarkt ein Therapiezentrum für Suchtkranke betreibt und ein baufälliges Schloss in ihre Obhut bekommen hat. An diesem Gebäude arbeiteten die Gäste aus Westfalen jahrelang, oft auch in Teams von bis zu 50-60 Leuten. Letztes Jahr lernten sie in Ozd auch den Neumarkter Restaurator Lóránd Kiss kennen, der ihnen vom Felldorfer Phoenix- Projekt erzählt hat. Das Projekt sieht die Rettung der evangelischen Kirchenburganlage und die Gründung eines Restaurationszentrums in Felldorf vor. Lórand Kiss und der gebürtige Österreicher Georg Fritsch, dessen Vorfahren aus Felldorf stammen, engagieren sich seit einigen Jahren für den Erhalt der Kirche und der Dorfschule aus Felldorf. Für das alte Pfarrhaus gab es bis jetzt keine Mittel. Deshalb freuten sich die Initiatoren des Phoenix-Projektes besonders, dass die erfahrenen Helfer aus Halle nun dieses Jahr in Felldorf tätig sein wollten.
Felldorf ist ein kleines, abgeschiedenes Dorf, fast 30 Kilometer von Neumarkt am Mieresch/Tg. Mureș entfernt und gehört zur Gemeinde Bălăușeri. Bis zum Zweiten Weltkrieg lebten hier überwiegend Siebenbürger Sachsen. Am 8. September 1944 verließ der Großteil der Familien den Ort, weil sie vor der Roten Armee flüchteten. Viele ließen sich in Österreich nieder und kehrten nie wieder in ihr Heimatdorf zurück. Das evangelische Pfarrhaus aus Felldorf, dessen Ursprung auf das frühe 17. Jahrhundert zurückreicht, hat in seiner langen Geschichte schon viel erlebt. Nach der Flucht 1944 und der späteren Auswanderung der Siebenbürger Sachsen aus dem Dorf wurde das Gebäude seinem Schicksal überlassen und langsam eine Ruine. In einer Notsicherung durch den Arcus Verein aus Neumarkt wurde 2015 das Dach des Pfarrhauses neu überdeckt, um das weitere Eindringen von Regenwasser zu verhindern. Da laufend eingebrochen wurde, musste das Pfarrhaus auch versperrt und gesichert werden, damit die wenigen Reste im Inneren erhalten bleiben. Das Team um Bernd Eimterbäumer hat nun die Dachrinnen in Ordnung gebracht, die Kellerdecke erneuert und elektrische Leitungen verlegt.
Laura Grossman ist 18 Jahre alt und hat gerade ihr Abitur gemacht. Lena Tietz ist 18, ihre Freundin Melanie Ferber 19 Jahre alt, beide gehen noch zur Schule und haben gerade Herbstferien. Es ist besser da zu sein, als zu Hause zu sitzen und nichts zu tun, sagt Melanie. Helfen macht Spaß, darin sind sich die Jugendlichen einig, man ist mit den Freunden zusammen, lacht viel, auch wenn es Arbeit ist, ist es weniger anstrengend. Man lernt viel, ganz andere Sachen als in der Schule. Jeden Morgen wird besprochen, was an dem Tag gemacht werden muss, dann teilt man sich in Teams auf. Einige buddeln, andere arbeiten mit Holz. Das tollste dabei ist, dass am Ende des Tages was geschafft wurde, die Resultate sind sichtbar, sagt Laura, die schon das vierte Mal ehrenamtlich in Rumänien arbeitet.
Aber nicht nur junge Leute helfen mit. Hans-Werner Eckroth ist Jahrgang 51 und Rentner. Er ist schon das dritte Jahr dabei, weil es einerseits eine schöne Gemeinschaft ist und er auch etwas anderes sehen möchte. Beeindruckend fand er, dass man in Siebenbürgen viel einfacher lebt. Hans-Werner Eckroth möchte auch als Rentner aktiv sein, geistig und körperlich gesund bleiben und die Teilnahme an der ehrenamtlichen Arbeit in Rumänien ist eine gute Gelegenheit dazu. „So hat man auch der daheim gebliebenen Ehefrau was zu erzählen“, schmunzelt er.
Dass die Restaurierung des Pfarrhauses ein gewaltiges Projekt ist, darüber sind sich alle Beteiligten im Klaren. Geplant ist, dass die ehrenamtlichen Helfer aus Halle Westfalen ihre „Baufreizeit in Rumänien“ in den nächsten Jahren in Felldorf verbringen. Bernd Eimterbäumer und seine Gemeinde freuen sich schon darauf, denn sie kommen gerne wieder.
Freiwillige -Spendenbeiträge für die Unterstützung am Wiederaufbau der Kirchenburganlage werden gerne angenommen:
Verwendungszweck: Phönix-Projekt Felldorf IBAN: AT27 3460 8000 0022 1200BIC: RZOOAT2L608