Härtere Maßnahmen für Temeswar, um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen: Darüber zerbricht sich Bürgermeister Dominic Fritz seit seiner Amtseinführung den Kopf. Die Entscheidung über einen zweiwöchigen „Lockdown“ für Temeswar und Umgebung liegt aber nicht bei ihm. Unterdessen verschärft sich Covid-19-Lage in der Stadt an der Bega zunehmend. Die Temescher Präfektur ermahnt lediglich die Auftraggeber, ihren Angestellten, soweit es geht, die sogenannte „Fernarbeit“ zu ermöglichen. Am Montag hatten fast 280 Arbeitgeber aus dem Kreis Temesch/Timiș individuelle Arbeitsverträge für mehr als 22.680 Mitarbeiter beim Arbeitsamt registriert, in denen Fernarbeit-Klauseln festgehalten waren. Im „Homeoffice“ befinden sich, so die Daten des Temescher Arbeitsamtes, 1.725 Mitarbeiter von 276 Temescher Unternehmen.
Es sei sehr schwer für die Ärzte, die an erster Front im Kampf gegen das Coronavirus stehen, so Bürgermeister Dominic Fritz am Freitag in einem Live-Video auf Facebook. Vor allem psychisch sei es belastend für die Mediziner, zuzusehen, wie ihnen die Patienten auf der Intensivstation wegsterben. In dem Video berichtete Bürgermeister Dominic Fritz unter anderem auch darüber, dass nun alle Plätze auf der Intensivstation besetzt seien, und sobald ein Platz frei wird, dieser sofort von einem anderen Kranken eingenommen werde.
Die aktuelle Covid-19-Situation ist in ganz Rumänien bedrückend. Am Montag überschritt der Kreis Temesch die Schwelle von 15.000 Erkrankungen seit Beginn der Pandemie im Monat März, 244 Neuerkrankungen und fünf Todesfälle wurden am Montag im westrumänischen Verwaltungskreis registriert, davon waren die meisten Erkrankten – 136 an der Zahl – in Temeswar positiv getestet worden. Auch am Dienstag sah die Situation nicht besser aus: 332 Neuerkrankungen im Kreis Temesch, davon 165 in Temeswar. 13 Menschen verloren den Kampf ums Leben. Somit liegt Temeswar seit einigen Tagen über einer Infektionsquote von 8 pro 1000 Einwohner. Es scheint, trotz überall geltender Maskenpflicht, geschlossener Lokale und nächtlichen Ausgehverbots nicht besser zu werden.
Seit über einer Woche sind auch alle Temescher verpflichtet, sowohl in Innenräumen, als auch im Freien Schutzmasken zu tragen – zehn Temescher Ortschaften, darunter Neusentesch/Dumbrăvița, Neumoschnitza/Moșnița Nouă und Ghiroda bei Temeswar, aber auch die Kleinstadt Großsanktnikolaus/Sânnicolau Mare, stehen unter zweiwöchiger Quarantäne. Insgesamt 27 aktive Ansteckungsherde gibt es derzeit im Kreis Temesch, jüngst wurden mehrere Covid-19-Fälle bei der Fußballmannschaft Ripensia, beim privaten Kindergarten „Lumea Piticilor“ in Neumoschnitza und beim Großunternehmen AEM am südlichen Stadtrand von Temeswar registriert. Trotz der steigenden Fallzahlen scheinen immer noch viele Bürger, die Maskenpflicht zu vernachlässigen. Die Polizei verhängte am Samstag Strafgelder in Höhe von rund 100.000 Lei im Kreis Temesch.
Am Montag informierte Bürgermeister Dominic Fritz auch darüber, dass im Hof des städtischen Krankenhauses/Clinicile Noi eine mobile Intensivstation mit zwölf Betten eingerichtet wurde. Die ersten Patienten wurden dort bereits eingeliefert. Vorige Woche spendete das deutsche Unternehmen DM fünf Sauerstoffgeräte für das Victor-Babes-Krankenhaus für ansteckende Krankheiten am Jagdwald, auch andere Privatunternehmen und –personen reichten der Kommune eine helfende Hand aus im Kampf gegen das Coronavirus. „Wir haben in Temeswar zwischen 100 und 200 neue Fälle täglich und unsere Intensivbetten sind nun alle voll. Das ist der Grund, warum ich seit meinem Amtsantritt sage, dass ich ernsthaft uns mit dem Gedanken auseinandersetzen müssen, die Stadt, bzw. Den ganzen Raum um Temeswar für zwei Wochen unter Quarantäne zu stellen, um eben der Erkrankungskurve zu erlauben, sich abzuflachen. Wir sehen in anderen europäischen Ländern – Österreich hat gerade einen sehr harten Lockdown angekündigt - dass überall, wo sehr viel härtere Maßnahmen getroffen werden, diese viel früher getroffen werden, wenn die Bettenauslastung vielleicht 60 oder 70 Prozent beträgt”, sagte Dominic Fritz auf Anfrage. „Ich frage mich, ob wir nicht versäumen, früh und schnell genug zu handeln, und dann die Rechnung später bezahlen. Mir ist wichtig, dass das Ganze nicht zu einem politischen Thema wird. Dass wir uns nicht fürchten, nur, weil wir mitten im Wahlkampf stehen, die richtigen Entscheidungen zu treffen“, betonte Dominic Fritz.
Durch das vor knapp zwei Wochen gestartete Projekt „Oxigen“ sollen je mehr Krankenhausbetten in Temeswar mit Sauerstoffgeräten ausgestattet werden. 85 solche wurden in der ersten Woche nach der Amtseinführung von Dominic Fritz erworben und an die Temeswarer Krankenhäuser verteilt. Temeswar bereitet sich aber gleichzeitig auf ein schlimmeres Szenario vor, und zwar jenes, in dem die Krankenhausbetten besetzt und die Ärzte gezwungen sind, die Patienten mit mittelschweren Erkrankungsformen zu Hause zu behandeln. Viele dieser Patienten brauchen zusätzliche Sauerstoffzufuhr. Einige Hunderte von solchen Sauerstoffgeräten sollen mit Hilfe von Spenden gekauft werden und an Menschen verteilt werden, die diese im Extremfall zu Hause gebrauchen würden, so Bürgermeister Dominic Fritz. Die ersten Spenden für das Projekt „Oxigen“ seien bereits eingegangen, berichtete der Bürgermeister.
Nach dem Brandunfall auf der Intensivstation des Kreiskrankenhauses in Piatra Neamț, der sich am vergangenen Samstag zugetragen hatte, veranlasste Bürgermeister Dominic Fritz, dass in Temeswar alle elektrischen Leitungen in den Spitälern durch den Katastrophenschutz ISU überprüft werden.
Eine neue Informationsseite wurde vor etwa einer Woche ins Leben gerufen. Unter covid19.primariatm.ro kann jedweder erfahren, wie es derzeit um die Corona-Situation in Temeswar bestellt ist. Wo man sich einem Covid19-Test unterziehen lassen kann, aber auch, wo Notfallzentren in Temeswar stehen, das und einiges mehr zum Thema Corona kann man unter covid19.primariatm.ro erfahren. Jenen, die helfen wollen, können die Spalte „Cum pot ajuta?“ Wie kann ich helfen?“ anklicken.
Ebenfalls in der vergangenen Woche teilte Bürgermeister Fritz mit, dass der Nahverkehrsbetrieb STPT den Kreisnotfalldienst mit Kleinbussen für den Transport von Covid-19-Erkrankten unterstützen werde, da der Rettungsdienst wegen der erhöhten Zahl an Notrufen allmählich überfordert sei. Die Verkehrsmittel des STPT sollen zunächst nur für den Transport von Covid-19-Verdächtigen zur Testung eingesetzt werden, so der Bürgermeister. Um dies zu ermöglichen, müsste jedoch ein Kommunalratsbeschluss verabschiedet und ein Zusammenarbeitsprotokoll zwischen den Behörden unterzeichnet werden. Dies erfolgte bisher noch nicht.
Die Covid-19-Situation ist auch in den benachbarten Verwaltungskreisen Karasch-Severin und Arad ernst zu nehmen. Am Dienstag informierte das Gesundheitsamt Karasch-Severin über 94 Neuerkrankungen, wobei die Bilanz der Corona-Erkrankungen seit Beginn der Pandemie im Kreis Karasch-Severin mehr als 3800 betrug. Ebenfalls am Dienstag lagen in den Covid-Spitälern aus Reschitza und Karansebesch 189 Patienten mit Covid19, 15 davon auf der Intensivtherapie. Im Kreis Arad wurden montags 249 Neuerkrankungen gemeldet, seit Beginn der Pandemie gab es dort insgesamt mehr als 8700 Erkrankungen, so der Stand zu Wochenbeginn. Infolge der Kontrollen, die in den Arader Krankenhäusern nach der Brandtragödie von Piatra Neamț vorgenommen wurden, stellte sich heraus, dass für das Hauptgebäude des Arader Kreiskrankenhauses keine Brandschutzgenehmigung vorliegt. In diesem Gebäude werden jedoch keine Covid19-Patienten behandelt – diese sind in der einstigen Tuberkulose-Abteilung, die sich im Arader Stadtteil Grădiște befindet, untergebracht.