„Ken gude Aue im Kopp“

Großmutter urteilte immer kategorisch. Stellte sie fest: „Ter hat ken gude Aue im Kopp“, der hat keine guten Augen im Kopf, dann war das so. Amen. Dieses Gefühl habe ich, wenn ich Fotos des Schergen von Râmnicu Sarat sehe, des Oberstleutnants a.D. Alexandru Visinescu. Sein Diensteifer – und die Zeugnisse über sein diensteifriges „Wirken“ kommen erst so richtig an die Öffentlichkeit – seine „Ergebenheit“ angesichts der Befehle, seine „ehrliche Mühe“, „alles zu tun“ (bis auf Mord direkt, den musste die Natur als Folge seines Tuns be-wirken), dass die ihm als Gefängniskommandant anvertrauten „Politischen“ der poststalinistischen Jahre  bis 1963 jämmerlich verrecken, sein bis zum Entlarven durch IICCMER und die von „Gândul“ gezeigtes Gutmenschentum und die Wut- und Gewalttätigkeitsausbrüche vor laufender Kamera – sie machen das Bild des Verbrechers gegen die Menschlichkeit glaubhaft, dessen ihn Marius Oprea bezichtigt.

Und doch: die Militärstaatsanwaltschaft hat bereits die Dokumentation des Instituts zur Untersuchung der Verbrechen des Kommunismus und des Gedächtnisses des Rumänischen Exils (IICCMER) als nicht in seine Kompetenz fallend zurückgewiesen, nachdem sie in früheren bisher etwa 300 ähnlich gearteten – vielleicht nicht so akribisch vorbereiteten – Fällen (wie unter Marius Oprea) auf die abgelaufene Verjährungsfrist hingewiesen hat. Auch die erst unlängst stattgefundenen Schlammschlachten zwischen Präsident B²sescu (der seine Leute in Schlüsselstellungen setzen will) und der Regierungskoalition um die Posten der Obersten Staatsanwälte haben mit keinem Wort die Frage der reellen Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit und des Securitate-Morasts berührt, in dem Rumänien – und sei es nur durch die Höchstrenten, die den „verdienten“ Ex-Offizieren der Securitate vom Staat bezahlt werden, denen Iliescu persönlich Anfang der 1990er Jahre in der Armee Obdach und Anonymität gewährt hat.

Bleibt die Frage der Verjährung – und damit im Zusammenhang die Frage, ob das bewusste Zugrunderichten von politischen Gegnern – durch tägliches Knochenbrechen beim Verprügeln, durch Hunger, Kälte, Medikamentenentzug, Ausruhverbot auf den Metallpritschen, durch mit Wasser Übergießen der Häftlinge mitten im Winter in fensterlosen Zellen usw. – Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind oder nicht. Wie immer, wenn es ums Ganze geht: die rumänischen Gesetze sind bewusst vage, wenn man Klarheit braucht. Nur die Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind unverjährbar.

Die Juristen streiten bereits, weil Spitzfindige unter ihnen Formulierungen und Nuancen ausfindig machten, die sogar einen Vi{inescu zum weißen Lamm machen, und wenn er noch so ein Wolf im Schafpelz ist.

Sauberfrau Monica Macovei, die Gerechte der Nation, hat eine Gesetzesnovellierung durchgebracht, laut der keine Verjährung wirkt, wenn die Verbrechen „besonders schwerwiegend sind“. Aber: was ist das?

Wieder ist das sprachlich Trübe der beste Alliierte jedes Verbr..., pardon: Strafverteidigers.