Der Verfassungsgerichtshof Rumäniens (CCR) hat im letzten Jahrzehnt mehrmals Gesetzesnovellierungen zugestimmt, indem eine Klausel eingebaut wurde: anwendbar erst ein Jahr nach Verabschiedung. Das geschah, als der begnadete Rhetoriker (und indolente Praktiker) Crin Antonescu eine Bestätigung für die Verfassungskonformität der Novellierung des Referendumsgesetzes einforderte – als eine Volksbefragung zur Verfassungsänderung durchgeführt werden sollte. Die Beteiligungsschwelle an der Volksbefragung wurde 2013 von 50 auf 30 Prozent gesenkt, anwendbar aber erst ab 2014.
Laut Verfassungsgericht damals sei die Änderung eines Wahlgesetzes möglich, wenn sie mindestens ein Jahr vor dem Ereignis beschlossen wird. Damit ist klar: die ganzen Diskussionen um die Wiedereinführung der Stichwahl bei dem Kommunalwahlen am 5. Juni sind obsolet, einschließlich die am Montag begonnenen Konsultationen von Regierungschef Dacian Ciolo{ mit den parlamentarischen Parteien. Übrigens: die beim innenpolitischen Gerangel um die Absetzung von Poltergeist Traian Băsescu per Referendum 2012 immer wieder zitierten Empfehlungen der Kommission von Venedig sprechen auch von dieser Ein-Jahres-Frist. Nicht zuletzt haben die europäischen Kanzleien, die EU-Kommission und auch Weltpolizist USA in ihren Einmischungen darauf verwiesen, dass Gesetze, die mit Wahlvorgängen zu tun haben, ein Jahr vorher verabschiedet werden sollten.
Die Chaosführung der PNL ist aber, entgegen ihrem im Parlament bereits verabschiedeten Beschluss, draufgekommen, dass es doch irgendwie demokratischer sein könnte, wenn Bürgermeister, sofern sie nicht im ersten Durchgang eine absolute Mehrheit erzielen, in einem zweiten Wahlgang gewählt werden sollten. In die Kerbe schlug sofort auch Präsident Johannis ein (grundsätzlich haben die Leute ja recht – nur: nicht einige Monate vor dem Urnengang...) und der so prinzipienfeste Premierminister ist schon halbweich gekloppt, wiederholt er doch gebetsmühlenartig: er lasse sich alles nochmal durch den Kopf gehen. Nachdem er ursprünglich alles von sich gewiesen hatte: Wenn das Parlament Änderungen im Wahlgesetz will, soll es diese gefälligst beschließen, und nicht von ihm Eilbeschlüsse dazu fordern.
Zugegeben: die drei Wahlgesetze von Anfang 2015 sind Hals-über-Kopf gefasst worden – weil das Parlament die Einjahresfrist des Verfassungsgerichts einhalten wollte. Die Novemberdemos 2015 aber forderten per vox populi eine Erneuerung der politischen Fratzengalerie und die PNL sprang schnell auf dieses Pferd. Dazu kam der als notorischer Schleimer verschriene Vorsitzende des CCR, Augustin Zegrean, und deklarierte blauäugig, natürlich könnten Wahlgesetze auch weniger als 12 Monaten vor Inkrafttreten geändert werden. Es gäbe keine Gesetzesregelung oder Verfassungsbremse, die das verhindert. Das habe auch 2012 und 2013 gegolten. Anderslautende Entscheidungen des Verfassungsgerichts seien falsch interpretiert worden.
Der Wind hat sich eben gedreht.