Konkrete Aspekte der Denkmalpflege

AHK-Delegation besichtigt die Kirchenburg Weidenbach

Bürgermeister Ionel Fliundra stellt den deutschen Gästen die Kleinstadt Weidenbach vor.

Die deutsche Delegation in der Weidenbacher Kirche. Fotos: der Verfasser

„Nachhaltiges Bauen und Restaurierung sowie Qualifizierung von Arbeitskräften und Know-How-Transfer im Bereich Denkmalpflege“ war das Thema einer Info-Reise zwecks Geschäftsanbahnung, die die Deutsch-Rumänische Industrie- und Handelskammer (AHK Rumänien) für eine Delegation mittelständischer Unternehmer aus Bayern zwischen dem 8. und 11. April veranstaltet hat. In das Programm dieser Reise, die die Teilnehmer auch nach Hermannstadt/Sibiu, Almen/Alma Vii, Schäßburg/Sighișoara und Kronstadt/Brașov führte, wurde am Vormittag des letzten Besuchstages auf Initiative des Kronstädter Forums-Stadtrates, Christian Macedonschi, auch Weidenbach/Ghimbav aufgenommen.


Die von der AHK-Vertreterin Ilinca Pandele geleitete Delegation wurde im Rathaus zunächst vom stellvertretenden Bürgermeister Ionel Fliundra, der interimistisch das Amt des Bürgermeisters ausübt, begrüßt.
Im Konferenzsaal des Rathauses stellte Fliundra kurz Weidenbach vor und erklärte, warum diese heute rund 7000 Einwohner umfassende Kleinstadt auch noch „Schmuckkästchen des Burzenlandes“ genannt wird. Durch die Nähe zu Kronstadt, die Industrietradition, vor allem im Bereich Flugbau, die erhoffte Anbindung an einen Flughafen und nicht zuletzt durch seine siebenbürgisch-sächsische Vergangenheit wurde Weidenbach nach der Wende auch für bekannte deutsche Unternehmen (z. B. „preh“, „Continental“, „Airbus Helicopters“) zum Standort von Niederlassungen in Rumänien. „Die Sachsen sind fast alle weg, nun suchen uns deutsche Firmen auf“, scherzte Fliundra, wobei aber der Weggang der sächsischen Mitbewohner auch in Weidenbach eine schmerzhafte Lücke hinterlassen habe, wie er versicherte. Heute gibt es noch rund 60 Sachsen im Ort. Bei diesem Treffen waren sie von Kirchenkuratorin Anneliese Paiuc vertreten. Sie äußerte ihre Freude über den Besuch der deutschen Delegation und war gleichzeitig auch stolz, ihnen anschließend die Kirchenburg, die sich direkt gegenüber vom Rathausgebäude befindet, vorstellen zu können. Denn dieser unter Denkmalschutz stehende Bau, wie auch die für ein siebenbürgisch-sächsisches Dorf typischen Straßenzüge und die ehemaligen Bauernhöfe im Zentrum der Ortschaft sind das Wahrzeichen Weidenbachs und sollen entsprechend gepflegt und auch touristisch genutzt werden. Dafür hatte das Bürgermeisteramt auch ein Projekt ausgearbeitet und einen Antrag auf Förderung über EU-Mittel gestellt – ein Antrag, der leider nicht bewilligt wurde.


Nun ist Weidenbach keine arme Ortschaft. Sie verfügt über ein Gesamt-Jahresbudget von zehn Millionen Euro und will das Sanierungsprojekt der Kirchenburg nicht aufgeben. Beim Bürgermeisteramt will man einen weiteren Antrag für diese Projektförderung über die norwegischen Fonds stellen. Allerdings, sagt Fliundra, ist dazu auch das Abschließen eines Vertrags mit dem Eigentümer der Kirchenburg, der Evangelischen Landeskirche A.B., vertreten durch das Bezirkskonsistorium Kronstadt, notwendig.


Im Rathaus kam es auch zu einer kurzen Vorstellungsrunde der deutschen Delegationsteilnehmer. Ihr Tätigkeitsbereich reicht von modernen Verfahren zur Mauerentfeuchtung, von Mess- und Regeltechnik für präventive Konservierung in den Bereichen Denkmalpflege, Restaurierung, Museen und Kirchen bis zu Erhalt und Ersatz von historischer Bausubstanz und Inventar aus Holz und Restaurierung von Gemälden und Skulpturen. Hinzu kommen Voruntersuchungen, Entwicklung von Konservierungs- und Restaurierungskonzepten, Beratung. Mit Pfarrer Jürgen Henkel, Verfasser eines gerade erschienenen Stadtführers zu Hermannstadt, und dem Geschäftsführer Josef Fink des Kunstverlages Josef Fink, bei dem dieser Führer erschienen ist, war auch der Bereich Buch- und Kunstführerproduktion in Sachen Denkmalpflege, Kunst und Architektur bestens abgedeckt.


So war es naheliegend, dass bei der Kirchenbesichtigung Kuratorin Paiuc und der Kronstädter Dipl.-Architekt Johannes Bertleff einem fachkundigen und hoch interessierten Besucherkreis die Weidenbacher evangelische Kirche vorstellen konnten. Architekt Bertleff stellte sein Sanierungskonzept vor und beantwortete die Fragen der Besucher. Vor allem eine Dachreparatur und die Sicherung eines problemlosen Abflusses sind notwendig, um Schäden, verursacht von aufkommender Feuchtigkeit, zu beseitigen und deren Folgen vorzubeugen. Die Risse im Gewölbe sehen eigentlich schlimmer aus als sie es in der Tat sind. Anspruchsvoll, aber sehr wichtig wäre die Freilegung von vorreformatorischen Gemälden an einigen höher gelegenen Stellen der Kircheninnenwände. Dadurch könnte „ein Fenster zur Vergangenheit“ geöffnet werden, was den touristischen Wert dieser Kirchenburg steigern würde. Aus den Gesprächen vor Ort ging hervor, dass gerade in Sachen Sanierung „weniger ist mehr“ gelte, denn maßgebend bleibe die Erhaltung des Originalzustandes, der, so weit wie möglich, bewahrt werden sollte. Die Kirche könne als gut erhaltenes Objekt angesehen werden, wobei aber denkmalpflegerische Eingriffe – und die setzen bekanntlich nicht billige Facharbeiten voraus –, nicht umgangen werden können. Der Gesamtwert der Renovierungsarbeiten wird von Vizebürgermeister Fliundra auf rund zwei Millionen Euro geschätzt.


Wenn die Finanzmittel für die Restaurierungsarbeiten vorliegen, dann könnte sich an der elektronischen Versteigerung zur Vertragsvergabe möglicherweise auch das eine oder andere deutsche Unternehmen beteiligen. Das entspräche auch dem Zweck dieser Reise, die im Auftrag des deutschen Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie stattfand und auch von demselben Ministerium finanziert wurde.