Licht mitten in der Finsternis

Weihnachtsbotschaft von Pfarrer Uwe Seidner, Wolkendorf

Im Buch des Propheten Jesaja heißt es: „Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht“ (Jes 9, 1-6). Dieses Wort gehört zu den alttestamentlichen Weissagungen, die alljährlich am Heiligen Abend verlesen werden. Es sind die Weissagungen, die auf die Geburt unseres Heilandes hinweisen.

Der Prophet redet zum Gottesvolk Israel als zu dem Volk, „das im Finstern wandelt“. Was heißt nun „im Finstern wandeln“? Damit ist nicht jene vertraute Dunkelheit gemeint, wenn wir etwa am Heiligen Abend beim Schein der Kerzen die Weihnachtsgeschichte hören und „Stille Nacht, heilige Nacht“ singen. Sondern: Das Wort „Finsternis“ bedeutet hier etwas ganz anderes. Es bedeutet Hoffnungslosigkeit und Zukunftsangst, so wie die Finsternis die Bergleute umgibt, wenn ihnen ein Grubenunglück den Weg ins Freie versperrt, oder die Dunkelheit, die im Luftschutzbunker Frauen und Kinder erschreckte, wenn während des Bombenhagels in der Kriegszeit plötzlich das Licht ausging. Das bedeutete Schrecken, Hoffnungslosigkeit und Angst vor der Zukunft.

Das alles hatte Gott über sein Volk kommen lassen.

Auch unser Volk, das Volk der Siebenbürger Sachsen, hat manch dunkle Zeiten erlebt, vor allem im vergangenen Jahrhundert. Zuerst waren es die Nationalsozialisten die sich auch unter unseren Leuten breit machten und das Volk weg von der Kirche führen wollten, später dann die Unterdrückung im Kommunismus und letztendlich die Ratlosigkeit und die Unsicherheit nach der Wende, die viele dazu bewegt haben, ein neues Leben im Westen zu versuchen.

Es ist nun seitdem viel Gras über manches gewachsen und wir haben alle gelernt, uns neu auszurichten. Die Zeiten haben sich gebessert und das moderne Zeitalter hat Kommunikation und Reisefreiheit über Grenzen hinweg ermöglicht. Ist dieses der Lichtblick in unseren Zeiten?

Aber Licht ist nicht immer Licht, das an ein gutes Ziel führt. Es gibt so vieles, von dem wir uns blenden lassen in der heutigen Zeit, Dinge an die wir unser Herz hängen.

In Schaffhausen in der Schweiz gibt es den größten Wasserfall Europas: die Rheinfälle von Schaffhausen. Da findet folgendes Naturspektakel statt. Dadurch, dass die Wassermassen ständig die Steine herunter plätschern, springen unzählige Wassertröpfchen in die Luft. Diese Tröpfchen brechen das Licht der Sonne - und um die Rheinfälle herum entstehen überall leuchtende Regenbogen. Diese Farbgebilde locken wiederum die Schmetterlinge an und diese Falter fliegen in Scharen zu der vermeintlichen Lichtquelle. Dadurch werden aber ihre Flügel von Feuchtigkeit beschwert und sie gehen unter. Zu Tausenden werden sie tot von den Wellen weggeschwemmt.

In einem Sprichwort heißt es: Folge dem Bellen der Hunde, denn sie führen dich in die Gemeinde. Folgst du aber dem Bellen der Schakale, so führen sie dich in die Wüste. So gibt es also zweierlei Licht. Aber das Volk das im Finstern wandelt, sieht das wahre Licht in der Geburt Jesu Christi. Diese Geburt ist also eine Lichterscheinung begleitet von Engeln und Verheißungen. Das Evangelium also ist das Licht, dass uns aus der Finsternis herausführt - zum Heil unserer Seelen.

Gott spricht durch die Propheten in die Zukunftsangst und Finsternis seines Volkes. Er will nicht, dass sein Volk in der Hoffnungslosigkeit versinkt. Er verheißt Licht mitten in der Finsternis. Er verweist darauf, dass er seinen Sohn in die Welt senden wird, den Erlöser. Auf Ihn soll Gottes Volk seine Hoffnung setzen, denn nur Er führt aus der Finsternis heraus. Denn darum ist erschienen der Sohn Gottes, damit er die Werke der Finsternis zerstöre.
 

AMEN