Michelsberger Frühjahrs-Salon von begabten Einheimischen

Hermannstadts Volksschule für Künste und Handwerke macht ihrem Auftrag alle Ehre

Selbstverständlich ein Plädoyer für die Tierwelt und Artenvielfalt: die Trilogie „Is mine“, „The winner“ und „Play with me“ (v. l. n. r.) von Ovidiu Harja. Foto: Klaus Philippi

Michelsberg - Einige von ihnen haben es gekauft, ihr altes Haus mit Garten und Hof zum Wohnen und Arbeiten im begehrten Dorf, und andere wiederum haben sich ein neues gebaut. Ihre Kunst nach Michelsberg/Cisnădioara mitgebracht aber haben sie alle. Und von der gibt es längst schon so viel, dass im Kunsthaus 7B Sonntag, am 26. März, der zweite Frühjahrs-Salon in Folge nach der Erstauflage von März 2022 eröffnet wurde. Er ist unzweideutig das Populärste, wozu Kurator Thomas Emmerling in das ehemalige Schulgebäude einladen kann, hat aber weit mehr als nur beliebige Blickfänger für das erste Hinschauen zu bieten. Nichts von dem, was hier noch bis Mitte der Woche nach dem rumänisch-orthodoxen Osterfest an der weißen Wand hängt, verblasst mit dem Verlassen vom Kunsthaus zurück ins Freie sofort spurlos. Schließlich kennen doch all die acht Ausstellenden ihren Wohnort, seine Umgebung und die Vorlieben der Kundschaft wie ihre eigene Westentasche. Größere Mühe hatte man da im Kunsthaus 7B kurz vor dem Publikums-Eintreffen eher mit pünktlichem Anbringen von Etiketten an die Wand unter jedes einzelne Exponat.

Weil von staatlichen Regelungen des Kunstbetriebs ausgenommen, gilt für die Teilnehmenden der Sammelausstellung auch nicht das Kriterium, sein je eigenes Fach zwingend universitär studiert haben zu müssen. Ohnehin ist die Trennlinie zwischen akademischer und nicht-akademischer Leistung im aktuellen Michelsberger Frühjahrs-Salon fließend und hinfällig. Einen noch deutlicheren Beweis dafür, dass an der nach Ilie Micu benannten Volksschule für Künste und Handwerke in Hermannstadt auch und ganz besonders reichlich spät entschlossene Quereinsteiger es dennoch zu Qualität bringen können, kann es kaum geben. Marilena Popa, gestandene Software-Entwicklerin und von „den alten Meistern“ schwärmend, übt sich gerne am Kopieren der Vorbilder – ihr golden gerahmtes „Waiting for the Master“, eine schwarze Katze auf der Sitzfläche eines blau angestrichenen Stuhls zeigend, dessen bunt bemalte Lehne Pablo Picassos Lebensgefährtin Dora Maar nachempfunden ist, möchte die Malerin der Hermannstädter Volksschul-Talentschmiede als ein Leitmotiv für Michail Bulgakows Romanklassiker „Der Meister und Margarita“ verstanden wissen. Fesselnd auch ihr Nachmachen des Mephisto Eduard von Grützners auf dunkel grundiertem Blau, das vor lauter Minielektroschaltkreislinien strotzt. Er habe ja nicht von ungefähr „etwas Mephistophelisches“, der Raum des Digitalen und Virtuellen.

Dass Claudia Weindorf als Malerin bis weit in den Orient zu reisen pflegt, ist keine Überraschung, aber unbedingt einen neuen Besuch im Kunsthaus 7B wert, um sich von ihrer geschickten Inszenierung natürlichen Lichts zu überzeugen. Mit Holzskulpturen älterer Jahre vertreten ist Gabriel Somlea, dessen unauffällige Nachbearbeitung des Materials von Hand wie gerufen mit den täuschend malerisch präsentierten Naturfotos in Großdruck von Spitzenkönner Daniel Munteanu korrespondiert. Tafelbilder von Giuseppe Arcimboldo wären dort in bester Gesellschaft. Als Malerin der Perspektive auf den Hermannstädter Huetplatz mit dem Turm der evangelischen Stadtpfarrkirche im goldenen Schnitt von der Saggasse/Turnului-Straße aus optiert auch Andreea Landa für die Richtmaßstäbe von Renaissance und Barock.

Den „nur so nebenbei“ gemalten Aquarellen von Iosif Stiefer, dem Autoren der Innenbemalung der orthodoxen Kirche von nebenan, ist sein Kunstberuf klar anzusehen, ebenso Barbara Niedermaier, die in München Graphik und Design studiert hat. Das letzte Bild des Michelsberger Frühjahrs-Salons 2023 übrigens war gerade noch tags vor der Vernissage fertiggestellt worden: Maler Ovidiu Harja, ebenfalls Lernender an der Hermannstädter Volksschule, hat dem lichtdurchfluteten Chorraum der Burg-Basilika die Konturen einer Schattenfigur hinzugefügt und das Werk in Hochformat vor seine 1989 angefertigte Keramik-Kleinstatue „Gozelinus“ an die Wand gehängt. Ob der Laienbruder im Ordenskleid und mit einem Bier-Humpen in der Hand wirklich den Ort bereist hat, wo Michelsberg zum ersten Mal 1223 urkundlich bestätigt wurde? Im Kunsthaus 7B ist ihm und der Komposition von Ovidiu Harja die wohl dunkelste Ecke vorbehalten.