Die 13. Auflage des internationalen deutschsprachigen Theaterfestivals wiederholte den Erfolg seiner Vorgänger: Das deutsche Staatstheater wurde von Jugendlichen zwischen 13 und 18 Jahren überrannt. Sie durften ausnahmsweise vor beiden Seiten des Vorhangs stehen. Die Stücke der teilnehmenden Gruppen überraschte das gewohnte Festivalpublikum kaum. Besonders beliebt waren Collagen. Auch das ewige Thema „Liebe“ nahm in den meisten Stücken eine zentrale Rolle ein. Aber auch zu den ganz klassischen Werken griffen manche Theatergruppen zurück. Die Entwicklung des deutschsprachigen Theaterfestivals verlief in den letzen Jahren konstant. Die Zahl der teilnehmenden Gruppen bleibt durchschaubar: Rund ein Viertel der Vorstellungen wurden von den drei NiL-Theatergruppen aus Temeswar gespielt.
Die weiteste Anreise machten Schüler aus Deutschland. Die „Draufgänger“ aus Maintal nehmen bereits zum zweiten Mal an dem Jugendtheaterfestival teil. Diesmal mit dabei im Schlepptau: Die Gruppe CRaG aus Paderborn. Ebenfalls zum zweiten Mal dabei war die Gruppe Bukowiner Phoenix aus Czernovicz. Unter der Leitung von Isolde Cobe] spielte die vorwiegend aus Studenten bestehende Laiengruppe das Stück „Tätowierung“ von Dea Loher und Marius von Mayenburg. Darin behandelten die Ukrainer prickelnde Themen. Die jüngsten Teilnehmer kamen aus der serbischen Hauptstadt Belgrad und aus Temeswar. Die NiL-Junior Theatergruppe, die von Isolde Cobeţ geleitet wird, spielten ihre Variante der DSTT-Produktion „Erste Liebe“. Die serbische Gruppe Tunak-Tunak verzauberte das Festivalpublikum mit einem herzlichen Stück mit ungewöhnlichem Titel: „ Wie die reale Welt endlich zu einem Märchen wurde."
Dem internationalen deutschsprachigen Jugendtheaterfestival sah man seine inzwischen 13 Jahre nicht an. Vor drei Jahren sprachen damalige Förderer von einer Erfolgsgeschichte, schlichen aber auch Worte des Bedenkens ein, ob es nicht doch auf ein Ende zusteuern würde. Drei Jahre später steht das Jugendfestival nicht nur auf festen Beinen, sondern schafft es auch noch den Saal des Deutschen Staatstheaters mit einem jungen Publikum zu füllen. Dabei fällt die Betonung oft auf „jung“, worum viele die Veranstaltung der Nikolaus-Lenau-Schule und des Deutschen Staatstheaters beneiden. Denn besonders in der Jugendarbeit scheitern oft deutsche Foren und andere deutschsprachige Institutionen. Selten trifft man bei anderen Veranstaltungen so viele Jugendliche, die auch wirklich für die eigentliche Sache da sind und nicht, weil man ihnen gute Noten verspricht. Den Schein kann man nur solange wahren. Darum wird dem Erfolg des Jugendtheaterfestivals oft Verwunderung entgegengebracht. Dabei verbirgt sich dahinter kaum ein Geheimnis. Jugendliche lieben das Theater.
Es liegt wahrscheinlich am romantischen Bild des Schauspielers, der im Rampenlicht steht, weshalb sich so viele Teenager für das Theater begeistern lassen. Einmal in fremde Rollen schlüpfen und sich dann vor Gleichaltrigen stellen. Schon in den Proben wird meist zuerst die Verbeugung einstudiert, ehe man die letzte Textzeile auswendig gelernt hat. Denn am Ende geht es besonders um den großen Applaus, wodurch man sich Bestätigung erhofft.
Das deutschsprachige Jugendtheaterfestival setzte immer auf das Entscheidende: Den Jugendlichen in den Vordergrund stellen. Die langjährige Leiterin der Theatergruppen der Nikolaus-Lenau-Schule und Gründerin des Festivals, Isolde Cobe], übt sich nicht nur als Theaterpädagogin, sondern auch als Psychologin. Oft behandeln die Stücke, die sie zusammen mit den Schülern einstudiert, Themen und Probleme, die Jugendliche in der Regel belasten. Ein sexueller Unterton besteht meistens in den NiL-Stücken und diese ergattern auch meistens den größten Applaus. Nicht umsonst wird Theater auch in der Therapie verwendet.
Auch der Fachberater der Zentralstelle für Auslandsschulwesen Dr. Rolf Willaredt hat die Wirkung auf Schüler erkannt und versucht deshalb, Theater und Unterricht miteinander zu koppeln. Zwar werden sowohl die theoretischen Aspekte der Theaterkunst, als auch der eigentliche Unterrichtsstoff nur angerissen, ohne in die Tiefe zu gehen, doch dafür entsteht auch ein offener Dialog zwischen Schüler und Lehrer, ähnlich wie es im klassischen Rollenspiel in der Psychotherapie passiert.
Das Jugendfestival versuchte schon immer pädagogisch Anspruchsvoll zu sein. Jedes Jahr werden die Vorstellungen von Werkstätten begleitet. Jedes Jahr reisen dafür Theaterpädagogen oder Schauspieler aus Deutschland an.
Auch Schauspieler wie Olga und Silvia Török, Radu Vulpe oder bedeutende Spielleiter wie Radu Alexandru Nica versuchen als Werkstattleiter ihre professionellen Erfahrungen mit den Jugendlichen zu teilen. Für viele Schüler bieten die Werkstätten einen relevante Startpunkt, sollten sie sich für eine Schauspielkarriere entscheiden. Bewegungs-, Atmungs- und Improvisationsübungen, die oft erst an der Hochschule unterrichtet werden, stehen meist in den Werkstätten im Vordergrund.
Für die Unterkunft und die Versorgung der Teilnehmer kommt die Nikolaus Lenau Schule auf.
Das deutsche Staatstheater hat in diesem Jahr das Festival auch finanziell unterstützt. Inzwischen ist es zur Tradition für das Theater geworden, die Bühne und die erforderlichen Requisiten, Ton- und Lichtanlagen des Theaters für die Vorstellungen zur Verfügung. Dahinter steckt besonders für die Theaterangestellte ein großer Arbeits- und Zeitaufwand. Davon kriegen die Schüler oft wenig mit.
Denn der eigentliche Höhepunkt für die meisten bleibt der persönliche Moment im Rampenlicht. Seit inzwischen 13 Jahren achten Schüler immer darauf, sich wie echte Schauspieler vor ihren neuen Freunden zu verbeugen, als Dankeschön für einen großzügigen Applaus.