Patschen und Popcorn: Filmfestivals für die Couch

Bukarest (ADZ) - Wenn auch das Daheimbleibenmüssen bald ein Ende zu haben scheint – bis die Kinos wieder öffnen, wird es wohl noch etwas dauern. Festivals, vom Dokumentarfilm-Festival ASTRA in Hermannstadt bis zum TIFF (Transilvania International Film Festival) in Klausenburg, sind für dieses Jahr ohnehin abgesagt. Das heißt aber nicht, dass es nichts zu sehen gäbe: Das Internet bietet der Kulturszene zumindest notdürftigen Unterschlupf, und Klassiker ebenso wie frisch abgedrehte Filme können dort entdeckt werden.

Gerade was filmische Unterhaltung und Kunst betrifft, gibt es ohnehin bereits ein breites Angebot an kostenlos und legal zur Verfügung stehenden Inhalten, etwa auf den Mediatheken verschiedener Fernsehsender. Qualitativ herausragend ist dabei die Mediathek des deutsch-französischen Kultursenders arte, die sich mit originellen und hochwertigen Reportagen und Wissensendungen hervortut – wer sich für Erörterungen geopolitischer Fragen oder die Zukunftsträume eines mongolischen Hirtenmädchens interessiert, ist auf arte.tv./de richtig. Die Spielfilme stehen leider meist nur einem deutschen Publikum zur Verfügung.

Hier springt aber etwa das TIFF ein: „The festival must go on / Das Festival muss weitergehen“ heißt es auf der Homepage des Festivals. Was sich normalerweise darauf bezieht, dass auch unterm Jahr regelmäßig herausragende Festivalfilme in Klausenburger Kinos gezeigt werden, gilt jetzt erst recht: Jedes zweite Wochenende ist einem Regisseur, Thema oder Genre gewidmet, die Filme werden online vorgeführt. Gemeinsamer Applaus ist nicht möglich, aber pünktlich muss man sein, fast wie im echten Kino (tiff.ro). Wer lieber selbst entscheidet, welchen Film man sich wann zu Gemüte führt: Für den Preis von etwa zwei Kinokarten kann man ein monatliches Abo abschließen, um Zugang zu einer handverlesenen Auswahl von TIFF-Filmen der letzten Jahre zu erhalten – unter unlimited.tiff.ro.

Auch das Team hinter dem Internationalen Dokumentarfilm-Festival ASTRA in Hermannstadt bleibt während der Ausgangssperre nicht untätig: Auf der Homepage kann man sich nicht nur eine Doku über das Festival selbst sowie einige Kurzfilme ansehen, hier werden auch regelmäßig preisgekrönte Dokumentarfilme ausgestrahlt. Eigens für Kinder entworfen ist die Filmreihe „Dimine]ile lumii“, die bis zum 13. Mai auf astrafilm.ro zu sehen ist.

Das One World Festival, 1999 in Prag gegründet, um Fragen zu Politik, Umwelt und Menschenrechten filmisch zu beleuchten, findet inzwischen (normalerweise) in zahlreichen Ländern statt – auch in Rumänien. Da es dieses Jahr ebenso ausfallen muss, bietet die Homepage festival-oneworld.ro von Mai bis September ein Programm mit Filmen, Diskussionen und anderen Online-Veranstaltungen. Dieser Monat widmet sich dem Zusammenbruch des Ostblocks aus deutscher Perspektive – gezeigt werden Filme, die in Deutschland um das Jahr 1990 gedreht wurden.

Neben den krisenbedingt entworfenen Online-Versionen der Festivals findet man in den Tiefen des Internets auch allerhand obskure filmische Schätze: Empfohlen sei eine Sammlung mit Klassikern des deutschen Expressionismus – bei „Metropolis“, „Nosferatu“ oder „Das Kabinett des Dr. Caligari“ kann man sich auf tinyurl.com/kvqkbyp gruseln.

Wer Lust bekommen hat, selbst Filme zu machen, und darüber hinaus sehr jung ist: Das Festival „Super“, das für Kinder und junge Menschen Veranstaltungen zum Thema Film im ganzen Land organisiert, hat einen Wettbewerb ausgerufen. Unter dem Motto „Între patru pere]i“ können Jugendliche auf superfestival.ro Filme einreichen, die sie mit den während der Quarantäne zur Verfügung stehenden Mitteln selbst gedreht haben.

Die aufregende Atmosphäre eines Filmfestivals entsteht Zuhause natürlich eher nicht, und die Wohnzimmerdecke hat nicht den Zauber eines sommerlichen Sternenhimmels über der Kinoleinwand. Das Erlebnis kann nicht ersetzt werden – aber all die Filme sind nicht weniger sehenswert, und man muss zumindest nicht fürchten, dass es in die Popcorn regnet.