Sie stampfen, ihre Pferde rennen wild, man hört sie vom weiten und sogar Ilse meint: „Sogar ich habe Angst vor ihnen“. Es sind die Riesen vom Berge, Leute, die durch harte Arbeit, die sie bei Ausgrabungen und Befestigungen und im Bau leisten, selbst hart geworden sind, und vor ihnen soll Ilses zusammengeschmolzene Schauspielertruppe auftreten.
Luigi Pirandellos letztes, unvollendetes Theaterstück, „Die Riesen der Berge“ wurde gleich dreimal in den vergangenen Tage am Deutschen Staatstheater Temeswar aufgeführt: Dabei handelt es sich um eine Koproduktion des DSTT mit der italienischen Abteilung des Kroatischen Nationaltheaters in Rijeka, dem Slowenischen Repertoiretheater aus Triest, dem Kosztolányi-Dezső-Theater aus Subotica und dem Albanische Theater aus Skopje. 12 Schauspieler aus fünf Ländern gaben unter der Regie von Paolo Magelli den Personen aus Pirandellos Stück Leben und eine europäische Botschaft: Die Aufführung selbst ist mehrsprachig und soll als Metapher für das heutige Europa dienen. Dabei geht es um Identitäten, aber auch um Immigranten, um Aufnahme oder Verweigerung der Aufnahme und auch um „blond/golden“ versus „schwarz“ (im Märchen vom vertauschten Sohn).
Es ist die Geschichte einer verarmten, verzweifelten Schauspielertruppe, die von der Schauspielerin und Gräfin Ilse (in der Rolle ist Valentina Banci zu sehen) angeführt wird und in der verfallenen Villa „La Scagnola“ (Pech) Zuflucht sucht. Dort haust bereits der Magier Cotrone (Mauro Malinverno) mit seinen „Pechvögeln“, gescheiterte Menschen, und hat eine Welt zwischen Realität und Traum kreiert, zu der Zaubereien und Geisterstunden gehören. Ilses Mann, der Graf (Mirko Soldano), hatte sein Vermögen für die Truppe ausgegeben, um die Aufführung des „Märchens vom vertauschten Sohn“ zu ermöglichen, das Geld ist alle, die Schauspielertruppe zusammengeschmolzen, die Kostüme zerschlissen, trotzdem muss Ilse weitermachen. Denn das Stück wurde ihr von einem jungen Dichter gewidmet, der sich aus Liebe zu ihr umgebracht hat. Sie will nun sein Vermächtnis der Welt vorstellen, es reicht nicht, das Stück vor den Insassen der verfallenen Villa aufzuführen, sondern sie muss an das Publikum und das sind eben in dieser Landschaft die Riesen vom Berge.
Luigi Pirandellos Stück bricht hier ab, auch wenn man in den Worten wie auch im Unterton die Angst der Mitglieder der Schauspieltruppe fühlt, die auf ein tragisches Ende deutet. Pirandello hatte am Vortag seines Todes seinem Sohn eröffnet, wie das Stück, an dem er bereits acht Jahre lang geschrieben hatte, weitergehen sollte: Die Riesen hatten Unterhaltung, nicht Kunst erwartet, verhöhnen die Schauspieler und erschlagen Ilse. So greift auch der Regisseur auf dieses Ende zu.
Das Stück wird demnächst in Subotica und Skopje gezeigt.