Ferdinandsberg – Nach siebeneinhalbjährigem Stillstand verdichten sich die Gerüchte, dass das zuletzt vom russischen Konzern Mechel betriebene Stahlwerk von Ferdinandsberg – laut dem Leiter des Reschitzaer Stahlwerks TMK, Romulus Ioan, „das leistungsfähigste in ganz Rumänien“ – vom polnischen Konzern Cognor wieder in Betrieb gesetzt wird. Mittwoch besuchte eine Delegation der polnischen Holding Cognor Group gemeinsam mit dem Direktor des Hüttenwerks Buzău das stillgelegte Stahlwerk im Bistra-Tal. Dabei ging es um die Details einer Wiederinbetriebsetzung des Ferdinandsberger Stahlwerks, was, laut Angaben aus dem Rathaus Ferdinandsberg, bereits im Januar 2020 geschehen soll.
Besprochen wurde auch die prioritäre Anstellung von Instandhaltungs- und Prüfpersonal für die Anlagen. Gegenwärtig sind dort noch 15 Personen, vor allem als Wächter, angestellt. Bis Januar soll die Belegschaft auf 350 Personen aufgestockt werden. Diese Ziffer werde in Rahmen der Übernahmeverhandlungen immer wieder genannt, heißt es aus Ferdinandsberg. Constantin Lazăr ist in Ferdinandsberg als Instandhaltungsingenieur des Stahlwerks angestellt. Er behauptet: „Das Stahlwerk befindet sich in betriebsfähigem Zustand. Durchgeführt werden muss eine Generalüberprüfung aller Anlagen und ein Probelauf – immerhin standen die Anlagen sieben Jahre lang still. Aber sie sind komplett, dessen bin ich mir sicher. Ehrlich gesagt, ich habe nie daran geglaubt, dass hier nie mehr produziert wird. Und in diesem Geist haben wir auf die Anlagen aufgepasst. Jetzt höre ich, dass da ein Investor kommen will und alles wieder laufen soll. Technisch wird es gehen. Die Frage ist aber, ob der auch ausreichend Geld hat? Ich hoffe, ja! Und dass er seriös ist. Um ein Stahlwerk (wieder) zu eröffnen, brauchst du einen langen Atem. Da reicht es nicht, Geld zu haben für einen Monat. Erst nach fast einem halben Jahr wirft so etwas Geld ab. Bis dann heißt es: schweres Geld reinstecken! Andrerseits bin ich überzeugt, dass da niemand nur für einen Monat herkommt. Ich glaube und hoffe, dass das gut ausgeht.“
Diese Aussagen von Constantin Lazăr müssen in einem Kontext gesehen werden, in dem das Stahlwerk von Ferdinandsberg – rumänisch heißt das Städtchen auch heute noch: Oţelu Roşu, der „Rote Stahl“, nachdem in den 1990er Jahren ein Ortsreferendum über die Namensänderung wegen fehlendem Quorum gescheitert war – nach der Wende ein kaum beneidenswertes Schicksal hatte. Eine Privatisierung durch die italienischen Brüder Gavazzi war gescheitert, wonach unendlich lange Prozesse folgten, auch vor internationalen Gerichten (die ADZ berichtete seinerzeit regelmäßig), weil die Italiener den rumänischen Staat für das Scheitern ihres Geschäfts verantwortlich machen wollten und Entschädigung forderten. Danach gab es eine Privatisierung durch die Russen von Mechel, die gleich vier rumänische Stahl- und Walzwerke – u.a. auch Buzău – angekauft und betrieben hatten, dann aber ihr Geschäftsprofil änderten und die rumänischen Werke an Vertrauensleute (angeblich) zu einem symbolischen Preis verschenkten, die in Bukarest saßen und nie recht wussten, was damit anzufangen. Mit der Folge, dass alle Werke nach und nach, aber in rascher Folge, abgestellt wurden. Bis jetzt die Polen via Buzău in Ferdinandsberg aufgetaucht sind und allem Anschein nach ernste Absichten haben.
Die Cognor Holding ist an der Luxemburger Börse notiert, gibt Eurobonds heraus und besteht aus einer ganzen Reihe, vorwiegend polnischer, Hütten-, Stahl- und Walzwerke, aber auch Eisen- und Stahlverarbeitung und Unternehmen für Rohstoffversorgung, sowie Verkaufsunternehmen. Das Unternehmen ist finanziell gesund, es machte in den vergangenen Jahren regelmäßig Profit in Höhe von hunderten Millionen Zloty (der Zloty entspricht in etwa dem rumänischen Leu), dürfte sich also nicht mit dem Zukauf eines (weiteren, nach Buzău) rumänischen Stahlwerks übernehmen.