Die jüngste Umfrage des Eurobarometers platziert Rumänien an die Spitze der EU-Staaten, deren Bevölkerung weder die humanitäre Hilfe für die kriegsbetroffene Bevölkerung der Ukraine (25 Prozent der Befragten) noch Hilfeleistungen für die Ukraine (also auch keine militärische Unterstützung – 35 Prozent) mit guten Augen sehen. Durchs Prisma des Superwahljahrs 2024 ergibt sich also ein Wählerpotenzial, das den Rechtsnationalen von AUR zuneigt, von Souveränisten bis Antieuropäern.
Die beiden Parteien, die PSD und die PNL, deren Geheimneigung immer schon rechtsnational war und deren so geeichte Wählerschaft von der Allianz für die Einheit aller Rumänen abgenagt wird, haben reagiert. Durch typische Manipulationstechniken, etwa Kommunikation mit halben Wahrheiten (das neue Minderheitengesetz der Ukraine beraube gezielt die dort wohnenden Rumänen ihrer sämtlichen Rechte…), Streuung von zurechtgestutzten Meldungen über den Umgang mit der religiösen Freiheit in der Ukraine (die rumänische orthodoxe Priesterschaft werde verfolgt und unterdrückt, weil sie rumänisch ist – nicht, weil sie weiter auf den Patriarchen Kyrill I von Moskau hört, ein KGB-Agent, Kriegstreiber, Oligarch, und die neugeschaffene ukrainisch-orthodoxe Kirche nicht anerkennt…). Oder, wie jüngst (die von der Ukraine angebotenen Überprüfungsarbeiten der Kanaltiefe beginnen erst heute): Die Ukraine grabe dem rumänischen Donaudelta durch die Vertiefung des nördlichsten, des Bystroe-Kanals/Arms, das Wasser ab.
Diese Behauptung, gestreut vom PSD-Transportminister Sorin Grindeanu, indem durch Auslassung von Details, durch bewusste Offenlassung von klärenden Einzelheiten oder mit vagem Suggerieren ein wahrer Empörungssturm ausgelöst wurde, hat es bis heute in sich. Die Reaktion auf die (gewollt?) undiplomatische Meldung Grindeanus (ohne vorherige Rücksprache mit der Ukraine) zündete etwa zeitgleich mit den ersten international bekannten Verdachtsanlässen bezüglich einer möglichen ukrainischen oder der Ukraine nahestehenden Drahtzieherschaft der Attentate auf die Nord Stream-Gaspipelines in 70 Meter Tiefe der Ostsee. Sie war vernichtend unzweideutig. Vom larmoyanten Aufschrei (PSD-Chef Ciolacu: „Das Donaudelta ist heilig!“ – und später, quasi entschuldigend: Selbst er werde wohl auch ein Recht auf eine persönliche Meinung haben dürfen…) bis zu halbherzigen Beschwichtigungen zur Dämpfung der „Aufflackerungen“ („inflamarea“) seitens des Präsidenten Johannis gab es eine große Bandbreite „patriotischer Meinungen“ – nur Fachleute ließ man kaum je zu Wort kommen.
Hätte man auf die gehört, hätte man leicht erfahren können, dass die Freibaggerung des Mündungsbereichs ins Schwarze Meer des von Hochseeschiffen nutzbaren Bystroe-Kanals von Zeit zu Zeit wegen der Alluvionen einfach nötig ist und dass damit keinerlei Donauverträge übertreten werden – und dass deswegen das Donaudelta nie und nimmer „ausgetrocknet“ werden könnte, wie es die Hetzer und Schürer hinaustrompeteten.
Schlimm, dass durch solche Manipulation nicht nur Sand ins zwischenstaatliche ukrainisch-rumänische Getriebe kam, sondern auch, dass auf internationaler Bühne – in Brüssel, in Warschau (grad während des Biden-Besuchs) – Störfaktoren in die potenziell interessante Bukarest-9-Initiative Rumäniens gestreut wurden – anscheinend um den schnöden Preis der Rückgewinnung einer wegdriftenden rechten (implizite putinfreundlichen) Wählerschaft. So gesehen kann Transportminister Grindeanu als Putin-Propagandist, die Minister Barna Tánczos und Bogdan Aurescu als willige Zuträger der Putin-Propaganda gelten. Der rumänische Antieuropäismus bekam Wasser auf seine Mühlen, die (wahrscheinlich realen) russischen Drahtziehereien Pro-Sturz der Maia Sandu in Moldawien wurden medial neutralisiert.
Ob PSD und PNL jetzt mehr Zuspruch haben?