Randbemerkungen: Wir brauchen die Lex Vexler


Die Geste des 37-jährigen Abgeordneten der Fraktion der Minderheiten, Silviu Vexler, eine Fotomontage mit in diesem Land hochgeschätzten kulturellen Persönlichkeiten am Rednerpult der Kammer zu zerreißen, mag auf den ersten Blick auf das Temperament des im moldauischen Roman Geborenen zurückzuführen sein. Da aber die Fotomontage von einem AUR-Abgeordneten am Rednerpult angebracht wurde, der mit den Fotos auf „Persönlichkeiten“ hinwies, die sich „Ausrutscher“ von – in einigen Fällen gehässigem – Antisemitismus und Pro-Faschismus erlaubt haben (etwa journalistische „Heldentaten“ des Nationaldichters Eminescu – die auch Richard Wagner scharf aufs Korn genommen hatte – oder Radu Gyr, der sich aktiv von der rumänischen Legionärsbewegung einspannen und instrumentieren ließ), kommt die Geste Vexlers in ein anderes Licht.

Denn zur Debatte stand genau das „Vexler-Gesetz“, durch welches der Abgeordnete der jüdischen Minderheit, angesichts des laxen Umgangs mit Antisemitismus und mit den Sympathiebezeugungen für  Legionarismus/Faschismus  – auch durch gewählte Exponenten dieses Landes – strengere Maßnahmen vorschreibt gegen diejenigen, die eigentlich bereits gesetzlich geahndet werden müssten und auch die Verfassung verletzen. Nur haben die Gesetzesübertreter allem Anschein nach mächtige Sympathisanten in jenen Apparaten, die ihre Gesetzesbrüche ahnden müssten: Polizei, Geheimdienste, Justiz. Und in der Intellektualität Rumäniens.

Unvergesslich ist die Reaktion der strammen Antikommunistin Monica Lovinescu nach dem Erscheinen des Protestbeitrags von Norman Manea in US- und rumänischen Zeitungen unter dem Titel „Felix Culpa“, wo Manea die anhaltend manifestierte legionärsfreundliche Haltung des Religionsphilosophen Mircea Eliade anprangerte – oder jüngst der Beitrag in einer Zeitung des Schriftstellerverbands des „Philosophen“ Dan Culcer, der offen den jüdischen Spitzenintellektuellen Rumäniens, Andrei Cornea, Andrei Oișteanu u.a. das Recht absprach, in rumänischer Sprache zu veröffentlichen und überhaupt ihre Meinung kundzutun.

Der „mild-sanfte“ Umgang mit rechtsextremen „Meinungsäußerungen“ bewog Vexler, eine Novellierung der Gesetzgebung auszuarbeiten, mittels derer durch härtere und konsequentere Verfolgung und Bestrafung ein Eindämmen der antijüdischen und profaschistischen Manifestationen erreicht werden sollte. Dass Präsident N. D. Dan die vom Parlament gutgeheißene Gesetzesnovellierung schon zweimal mit fadenscheinigen „Bemerkungen“ zwecks Revidierung ans Parlament zurückgesandt hat und bislang eine Unterschrift darauf verweigert, wirft ein sehr schlechtes Licht auf den ehemaligen Sympathieträger, dem manche schon nachsagen, was er wohl wirklich nicht ist: ein Sympathisant der Rechten ...

Die Toleranz des Rechtsextremismus und des Neofaschismus – egal unter welchen Vorwänden (im Fall der obengenannten drei rumänischen Intellektuellen: ihre kulturelle Ausstrahlung und Wirkung überrage die „Fehltritte“, in anderen Fällen das Martyrium in kommunistischen Exterminierungsgefängnissen und –lagern, ihr standhafter Antikommunismus – etwa im Fall der Partisanenbewegung der 1950er Jahre – oder ihr standhaftes Festhalten am christlichen Glauben)  darf nicht über die Gefahr des Kults hinwegtäuschen, an dessen Basis auch diese Persönlichkeiten mitgebaut haben. Die Toleranz wird zur Schwäche der Demokratie, implizite der Gesellschaft, in der wir leben. 

Gepaart mit den russischen Subversionsattacken über diverse Kanäle, mit dem Illiberalismus, der von den Westgrenzen auf uns dauernd zurollt, untergräbt diese pro-faschistische Sympathiewelle die demokratischen Institutionen durch Misstrauen und Verrat – letzteres im Falle der Sympathisanten der Bewegung, die von den Institutionen bezahlt werden, die uns vor ihren Überzeugungen schützen müssten.