Im Sommer läuft der Vertrag der Firma Ro-a-Tir mit der Stadt Reschitza aus, aufgrund dessen Ro-a-Tir den Nahverkehr in Reschitza sichert. Bürgermeister Ioan Popa macht seit Monaten kein Hehl daraus, dass dieser Vertrag nicht mehr verlängert wird. Nicht wegen Nichteinhaltung des Fahrplans, sondern vor allem wegen des ziemlich ungepflegten Zustands der Fahrzeuge und der mangelhaften Sauberkeit in den Gelenkbussen – Second-Hand-Nahverkehrsbusse, die aus Holland angeschafft wurden. Andrerseits hat Popa wiederholt gesagt, dass in seinen Augen nur eine Kombination zwischen guten Straßenbahnen und „Zubringerdiensten“ mit Kleinbussen, vor allem aus den Vororten, für Reschitza geeignet sei.
Auf Popas Initiative wurde die Stadtleitung auch konkret: Der Stadtrat fasste einen Beschluss über die Wiederübernahme des Nahverkehrs durch Gründung einer stadteigenen Nahverkehrsfirma (der Beschluss ist gefasst, die Firma gibt es noch nicht) und eine Buka-rester Consultingfirma wurde mit einer Studie zum Thema optimaler Nahverkehr in Reschitza betraut (mit einem Resultat, das dem Wunsch Popas in großen Zügen entspricht...). Im Rahmen des großangelegten Zensus vom November-Dezember 2016 (der mit Hilfe der Universität „Eftimie Murgu“ durchgeführt worden war und dessen erste Schlussfolgerungen in wenigen Wochen zu erwarten sind – ADZ berichtete) wurde auch die Frage nach dem vom Bürger der Stadt als optimal angesehenen Nahverkehrsmittel gestellt und Bürgermeister Popa führt informelle Gespräche mit diversen potenziellen Anbietern von Alternativ- oder Übergangslösungen. Denn es steht fest: Eine Wiedereinführung des Straßenbahnverkehrs in Reschitza setzt umfangreiche Neu- und Umbauarbeiten am Schienennetz und durch die von Reschitza angepeilte Absicht des Ankaufs der Fahrzeuge mit EU-Mitteln auch einen langen zeitlichen Vorlauf von der Projektabsicht bis zur Projektumsetzung voraus. Doch auch hier ist schon etwas geschehen: Die Absicht ist der Entwicklungsagentur ADR West notifiziert worden. Und diese ist der verlängerte Arm der EU und des Entwicklungsministeriums, wenn es um solcherlei Absichten geht.
Einer der potentesten Reiseunternehmer des Banats, die SC Lauer Europa Tours SRL mit Sitz in Reschitza, hat durch ein Schreiben an Bürgermeister Ioan Popa und den Stadtrat kundgetan, dass sie daran interessiert sei, den Nahverkehr in Reschitza ab der zweiten Jahreshälfte 2017 zu übernehmen. Dazu Robert Lauer, der Verwalter und Miteigentümer der Firma: „Die Nachricht stimmt. Wir haben dem Rathaus und dem Stadtrat einen Absichtsbrief zukommen lassen, in welchem wir unser Interesse bekunden, den Reschitzaer Nahverkehr ab Juni-Juli 2017 zu übernehmen. Wir könnten mit leistungsfähigen Fahrzeugen kommen und könnten den Reschitzaern andere Fahrtbedingungen bieten als diejenigen, die sie bisher gekannt haben. Wir glauben, dass für Reschitza ausschließlich Gelenkbusse geeignet sind im Nahverkehr – unserer Meinung nach: auf keinen Fall Straßenbahnen! Wir haben ein Interesse, die Dienstleistung des Nahverkehrs auf andere Grundlagen zu stellen, aber unsere Absicht gilt nur, wenn es sich nicht um einen Vertrag über zwei-drei Jahre, sondern mit einer Laufzeit von mindestens einem Jahrzehnt handelt.“
Gegenwärtig bietet die SC Lauer Europa Tours SRL Binnen- und Auslandstransporte an und ist Besitzerin zweier Transportrouten-Lizenzen: Bukarest - Freiburg (viermal die Woche hin und zurück) und Bukarest – Dortmund (ebenfalls viermal die Woche). Die SC Lauer Europa Tours SRL hat Haltestellen in Hermannstadt, Kronstadt, Neumarkt am Mieresch, Schäßburg, Craiova, Karansebesch und Temeswar und Zubringerdienste aus praktisch allen Ortschaften, wo es Mitreisende gibt. Entwickelt hat Robert Lauer die Firma seit 2002, als er selber am Steuer eines Kleinbusses zwischen Rumänien und Deutschland gependelt ist. Daraus entwickelte sich in raschem Tempo eine kleine Flotte von einem Dutzend Kleinbussen, zu der sich bald zunehmend Großraumbusse gesellten, die heute den Hauptteil seiner Firma ausmachen. Es ist eine Erfolgsgeschichte, die einerseits die ganze Familie Lauer umfasst, andrerseits als beispielhaft für das Banat und Gründerfirmen gesehen werden kann. Heute hat die Firma Lauer 70 Arbeitnehmer, 18 Großraum- und sechs Kleinbusse und dürfte bald weiter expandieren. Robert Lauer stammt aus Orawitza und ging nach der Wende den Weg fast aller Rumäniendeutschen, arbeitete in einem spanabhebenden Beruf bei einem der großen deutschen Autobauer, lebte mit Frau und Tochter in Offenbach und witterte 2002 seine Chance. Heute lebt und arbeitet er meist in Reschitza (ohne seine Wohnung in Offenbach aufgegeben zu haben).
Bürgermeister Popa bestätigt das von Robert Lauer Gesagte: „Uns ist tatsächlich ein Absichtsbrief der Firma SC Lauer Europa Tours SRL zur Kenntnis gebracht worden. Das war vor einigen Wochen. Sie möchte sich im Nahverkehr von Reschitza einbringen. Ich hatte auch eine Unterredung mit Herrn Mayer von Ro-a-Tir. Wir kamen überein, dass er seine Busflotte im August aus Reschitza abzieht. Dann läuft unser Vertrag aus. Unsere Ansicht, den Nahverkehr wieder zu übernehmen, bleibt bestehen.“ Daraus wäre eigentlich zu schließen, dass die Würfel bereits gefallen sind. Noch während dieser Beitrag verfasst wurde, erreichte uns die Nachricht, dass der Reschitzaer Stadtrat in einer Dringlichkeitssitzung seine eigene Gesellschaft für Städtischen Nahverkehr/Societate de Transport Public Urban gegründet und dessen Vertreter in der Generalversammlung der Aktionäre bestimmt hat. Vorerst soll der Reschitzaer Nahverkehr ab August mit den Bussen (12 Gelenkbusse, zwei-drei Reservebusse und 5-6 Kleinbusse) des bisherigen Betreibers Ro-a-Tir geschehen („wenn wir zu einem Einvernehmen gelangen“), zwischendurch will die Stadt eigene Busse kaufen, „bis die Straßenbahn in Betrieb gesetzt werden kann“ (Bürgermeister Popa).