Reisen mit kleinem Portemonnaie

Wie lässt sich die große weite Welt möglichst günstig erkunden?

Familie Ionescu reist seit einem Jahrzehnt durch das „Servas“-System (siehe unten) und hat fast ganz Europa so besichtigen können. Oft ist sie selbst Gastgeber von Touristen aus der ganzen Welt. | Foto: privat

Wildcamping spart Übernachtungskosten. | Foto: pixabay

Alles wird teurer: Lebensmittel, Strom, Treibstoff, Kleidung, Kosmetik, Medikamente, Geräte, Ferienlager, Dienstleistungen, das Abo für Yoga – alles. Das Reisen macht da keine Ausnahme. Demzufolge kauft man bewusster ein, achtet mehr darauf, dass Lebensmittel nicht vergammeln, gibt dem alten Pulli noch eine Chance, zieht sich im Haus wärmer an, um die Heizkosten ein bisschen einzudämmen und läuft im Park, statt im Fitnessraum zu schwitzen. Man spart, wo man kann. Beim Reisen bedeutet das aber nicht, dass man es ganz streichen oder auf Komfort verzichten muss...

 Es gibt Möglichkeiten, die Welt auch mit kleinem Budget zu erkunden. Ob man Ferien im Voraus plant, oder aber spontane Entscheidungen trifft, bereit ist, im Zelt oder bei privaten Gastgebern zu übernachten oder im Gegenzug für einen Schlafplatz zu arbeiten,  helfen die folgenden Tipps und Tricks.

Nebensaison 

Sich im August auf Kreta zu sonnen oder Rom im Juli zu besuchen, sollte man am besten vergessen, wenn man knapp bei Kasse ist. Auch den Weihnachtsmarkt in Wien sollte man lieber auf Fotos genießen, weil dann die Preise in der Stadt sehr hoch sind. Als Faustregel für günstige Ausflüge gilt, beliebte Reiseziele in der Nebensaison zu besichtigen, wenn Besucherzahlen und Zimmerpreise sinken und Flug- oder Bahnkarten weniger kosten. 

Nicht zentral

Erschwingliche Preise für die Unterkunft kann man finden, wenn man außerhalb der teuren Ortschaften bucht. Spinea, rund 20 Minuten von Venedig entfernt, ist beispielsweise eine herrliche Möglichkeit, die riesigen Kosten in der Stadt im Wasser zu vermeiden. Auch auf den Malediven, eines der teuersten Reiseziele der Welt, sollte man nur die Tage verbringen. Fürs Übernachten sollte man sich nach Inseln umsehen, wo Einheimische wohnen und Zimmer in kleinen Gasthäusern vermieten. Überhaupt ist es günstiger außerhalb des Zentrums zu wohnen. Auf den Online-Portalen zur Buchung und Vermietung von Unterkünften airbnb.com, booking.com oder fewo-direkt.de beispielsweise gibt es genaue Angaben zur Entfernung zu den Sehenswürdigkeiten, wie man diese erreicht, wo die nächsten Supermärkte und Haltestellen für öffentliche Transportmittel sind. 

Wild campen

Camping ist nicht mehr eine so günstige Art zu reisen wie früher. Mittlerweile können Stellplätze in Stadt- oder Strandnähe oder am Waldrand genauso teuer sein wie ein durchschnittlich gutes Hotelzimmer. Somit kann, in warmen Ländern oder Monaten, wildes Campen mit dem Zelt oder Wohnmobil bzw. -wagen helfen. Man bezahlt nichts, kann die Ruhe abgelegener Plätze genießen und sich über herrliche Aussichten in Wäldern oder über das Meeresrauschen direkt vor der Tür freuen.

Achtung ist aber geboten, denn Wildcampen und Freistehen mit dem Auto oder Van sind an vielen Orten verboten. Mehrere europäische Länder fördern Wildcamping, darunter Litauen und skandinavische Länder. Dennoch ist es wichtig, um Erlaubnis zu bitten, wenn man sich auf privatem Grundstück niederlassen möchte. Unter caravanya.com kann man erfahren, wo es sich am besten frei campen lässt. Die Hebriden in Schottland gelten als eines der besten Reiseziele Europas für wildes Campen. Auch die Lofoten in Norwegen oder der Lahemaa National-Park in Estland sind keine Geheimnisse für Leute, die es lieben, in der Wildnis allein zu sein. Italien, Luxemburg und Malta hingegen sollte man lieber vermeiden, wenn man wild campen möchte. In Rumänien ist wildes Campen außer im Donaudelta legal. Aller-dings wird wegen der hohen Anzahl von Bären vor dem Zelten in Wäldern abgeraten.

Snacks mitnehmen

Ein Vorteil, auf Reisen nicht in Hotels zu wohnen, ist auch, dass man die Mahlzeiten selbst zubereiten kann. Die meisten Wohnungen auf den Online-Portalen sind gut ausgestattet, sodass man schnell Pasta mit Fertigsoße oder einen Salat zubereiten kann, zur Abwechslung Omelett und Gemüse oder Müsli mit Milch. Praktisch ist es auch, Brötchen und Snacks, etwa Trockenfrüchte und etwas Süßes, aber auch Wasser ständig unterwegs dabei zu haben und somit Kosten für Restaurants zu vermeiden. 

Schnäppchenreisen und unbeliebte Flugzeiten

60 Euro für den Flug von Bukarest nach Zadar in Kroatien und zurück in der warmen Saison, eine Woche Ägypten (Flug und Unterkunft) für weniger als 200 Euro pro Person oder Billigflüge von 450 Euro nach Thailand und zurück sind ständig online zu finden. Man muss bloß schnell zugreifen, weil nur wenige Plätze zur Verfügung stehen. Auch braucht man in der auf den Urlaubsportalen genau zu den mit Schnäppchenreisen angegebenen Daten Freizeit. Um sich in der Flut an Angeboten zurechtzufinden, sollte man eine Liste mit den Lieblings-Reisezielen aufstellen, von der man nicht abweicht. Bei den Fliegern ist zu beachten, dass man früh bucht, unter der Woche fliegt und Feiertage sowie Ferien vermeidet. Hilfreich kann es auch sein, unbeliebte Flugzeiten wie früh am Morgen oder mitten in der Nacht zu buchen, weil dann die Tickets nicht so gefragt und somit billiger sind. 

Gut und günstig in Rumänien

Nicht nur die Welt hat viel zu bieten. Zumindest seit der Pandemie haben die Rumänen begonnen, auch ihr eigenes Land zu erkunden. Damit spart man hohe Anreisekosten und bei Bekannten oder Freunden ist die Unterkunft gratis. Zudem kann man Sehenswürdigkeiten besichtigen, die man noch nie gesehen hat und die nicht einmal so weit weg sind. Die siebenbürgisch-sächsischen Dörfer, die Törzburg, die Moldauklöster und die Holzkirchen in der Maramuresch, das Skulpturen-Ensemble des Bildhauers Constantin Brâncuși in Târgu Jiu, die Pelikane im Donaudelta und viele andere sind nur Stunden entfernt. Manchmal reicht sogar ein Tag für kurze Ausflüge, sodass überhaupt kein Quartier bezahlt werden muss. 


Zu Gast bei Einheimischen
Rund 15.000 Gastgeber in über 125 Ländern öffnen kostenfrei ihre Häuser

Servas-Netz

Wer bereit ist, bei Privatleuten Zuhause zu übernachten, um reisen zu können, liegt bei „Servas“ ganz richtig. Das internationale System vernetzt Reisefreudige in mehr als 100 Ländern weltweit mit Gastgebern, die ihnen zwei Tage kostenlose Unterkunft und Verpflegung bieten. Die Leute verbringen ihren Alltag, oder einen Teil davon, miteinander und lernen einander, verschiedene Denkweisen und Kulturen kennen. Alles im Namen des Friedens, denn diese Art zu reisen verlangt einen offenen Umgang mit anderen. „Wenn ich einem Unbekannten mein Haus und meine Zeit zur Verfügung stelle, dann ist das ein Zeichen der Freundschaft und auch ein Zeichen des Friedens”, erklärt Bogdan Ionescu, der Servas-Nationalsekretär für Rumänien. Seit fast zehn Jahren reist er mit seiner Familie durch diese Organisation und sammelt herrliche Erfahrungen. Auch seine Frau Nicol ist begeistert. „Überall werden wir freundlich aufgenommen, die Leute teilen ihre Lebensgeschichten mit uns, einige haben uns zu einer Taufe mitgenommen, andere zu einer Wanderung eingeladen”, schwärmt die Mittvierzigerin. Sie erinnert sich gerne an eines der köstlichen Abendessen, bei welchem der Gastgeber Meeresfrüchte für sie zubereitet hat, ist aber dankbar auch für das Käsebrot, mit dem sie von einer Familie erwartet wurden. 

Die sechsköpfige Familie besitzt auch ein Wohnmobil, mit dem sie quer durch Europa reist und das sie in den Höfen oder vor den Häusern ihrer Gastgeber abstellt. Meist wohnt sie in Dörfern oder Ortschaften neben Großstädten, wo das Parken kostenlos ist und von wo aus die Sehenswürdigkeiten per Zug oder Bus erreichbar sind. Städte besucht die Familie eher flüchtig, „also ohne zu übernachten, weil es teuer und anstrengend ist”. Bodgan Ionescu weiß die Stadttouren seiner Gastgeber  zu schätzen, die abgelegene schöne Straßen, Orte oder Konditoreien kennen, von denen man in keinem Reiseführer erfährt. Für solche Geheimtipps lassen die Rumänen gerne einen Museumsbesuch oder andere Pläne sausen, die sie daheim geschmiedet hatten. 

In den rund zehn Jahren haben die in Rosenau/Râșnov im Kreis Kronstadt/Brașov lebenden Ionescus bereits bei 100 verschiedenen Familien in 15 Ländern gewohnt. Sie nehmen auch gerne Leute in ihr eigenes, nachhaltiges Haus und auf ihren riesigen Grund im Wald um Rosenau auf, wo sie Wohnmobile und einen Campingplatz besitzen. „Mit manchen  Touristen freundet man sich sofort an und lädt sie ein, länger zu bleiben”, erklärt Nicol. „Wir waren jetzt in London bei Gastgebern, die wir vor Jahren kennengelernt haben und die nun unsere Freunde sind.“

Rund 15.000 Gastgeber in über 125 Ländern öffnen kostenfrei ihre Häuser, können aber auch jederzeit selbst als Gast reisen. In die Organisation wird man auf Empfehlung, aber erst nach einem Interview, aufgenommen. In Rumänien sind rund 50 Personen in „Servas“ eingeschrieben, eine geringe Mitgliederzahl. Diese liege an der Erziehung der Rumänen – eine Folge des Kommunismus, sagt Ionescu. Die Leute hätten kein Vertrauen, Fremden ihr Haus zu überlassen oder sie in ihr Haus aufzunehmen; außerdem sei die Idee des Volontariats noch nicht so eingebürgert, dass Leute freiwillig, also kostenfrei, Dienste leisten. 

Ionescu hat auch bemerkt, dass Rumänen gewohnt sind, ihre Besucher in einem blitzblanken Haus zu empfangen und zu bedienen, statt sich entspannt über die Erfahrung zu freuen. „Man ist nicht wie in einem Hotel, man wäscht sein Geschirr, hilft im Haushalt, macht mal ein Abendessen”, sagt Nicol. 

Dank dieser Reisen haben ihre Kinder gelernt, sehr anpassungsfähig zu sein, Englisch zu sprechen, sie haben sehr viele Länder und Kulturen kennengelernt und viele Freunde gefunden.

Couchsurfing

Auch andere Organisationen bieten ähnliche Reisemöglichkeiten an. Eine davon ist couchsurfing.com, die aber eher der Übernachtung (auf der Couch) dient, als der gemeinsamen Erfahrung. 

Workaway

Andere Möglichkeiten, das Portmonnaie zu schonen und gleichzeitig andere Menschen und Sitten und Bräuche kennenzulernen, bietet workaway.info. Die Mitglieder dieser Gemeinschaft reisen ebenfalls zu unbekannten Mitgliedern der Organisation, verpflichten sich aber im Gegenzug, für Unterkunft und Verpflegung für den Gastgeber zu arbeiten: seien es Bauarbeiten, das Einrichten einer Internetseite, Hunde-Sitting oder auch für das Haus sorgen. Diese Aufenthalte können sich über mehrere Wochen erstrecken und man hat immer auch seine Freizeit, um die Gegend zu erkunden.  

Günstig reisen kann man also auf jeden Fall, wenn man bereit ist einige Kompromisse zu schließen.