Hermannstadt - Der verzweifelte Anruf des Bauleiters ließ Schlimmes befürchten. Die Michelsberger Kirche brenne. Kirchenvater Michael Henning sprintete von seinem Haus am Silberbach zur evangelischen Kirche, aus der tatsächlich Rauch quoll. Die Gemeinde hatte Glück im Unglück – das Feuer konnte gelöscht werden, nur die Altardecke und ein Postament für die Bibel von 1700 waren der Glut, keinen Flammen zum Glück, zum Opfer gefallen. „Die Altarbibel aber hatte nur die Ecken verbrannt“, erinnerte sich Stefan Cosoroabă. Der Ortspfarrer von Michelsberg/Cisnădioara wertete dies als Fügung, dass die Zukunft der Kirche unter einem guten Stern stehe.
Nach einem knappen Jahr Renovierungsarbeiten wurde das evangelische Gotteshaus am Sonntag wieder eingeweiht. Die Michelsberger Gemeinde feierte dieses Ereignis mit verschiedenen Veranstaltungen unter dem Motto „Damit aus Vergangenheit Zukunft werden kann“. Höhepunkt der Festlichkeiten war der feierliche Einweihungsgottesdienst am Sonntag. Bevor die Michelsberger und und ihre Gäste die Kirche betraten, überreichte Gemeindemitglied und Bauleiter Gabriel Tischer den Kirchenschlüssel an den Bischof der evangelischen Kirche A.B. in Rumänien, Reinhart Guib.
Das Kirchenoberhaupt feierte im Anschluss mit Cosoroabă, seinem Heltauer Amtskollegen Lászlo-Zorán Kézdi und dem Hermannstädter Bezirksdechanten Dietrich Galter den Gottesdienst. Guib bezeichnete in seiner Predigt die Michelsberger Kirche als „einladende Kirche über Gemeindegrenzen hinaus“. Am Sonntag Cantate könne die Gemeinde ein neues Lied anstimmen, kein Lied der Klage, wie so oft in der Vergangenheit, sondern ein Lied der Hoffnung.
Er bezeichnete es als zukunftsweisend, dass die Kirche renoviert und gleichzeitig modernisiert wurde. Seit dem 16. August vergangenen Jahres wurde der Dachstuhl repariert und das Dach neu gedeckt. Ein Uhrmacher aus Klausenburg/Cluj reparierte die Turmuhr, die Ziffernblätter sind restauriert. Das Geläut funktioniert jetzt automatisch. Der Außenputz ist neu, ebenso wie jener im Inneren der Kirche, die frisch gestrichen erstrahlt. Die Gemeinde kann ihre Wintergottesdienste künftig mit Blick auf den Altar abhalten, eine Glaswand trennt unter der Orgelempore einen separaten, beheizbaren Raum. Dank eines Beamers können Multimedia-Projektionen in der Kirche stattfinden, mithilfe des neuen Internetanschlusses können Gottesdienste online übertragen werden.
Für mehr Sicherheit sollen Videokameras im Außenbereich sorgen, wo Scheinwerfer für eine repräsentative Beleuchtung des Bauwerkes sorgen. Die Stromkosten übernimmt das Rathaus Heltau/Cisnădie. Im Zuge der Arbeiten wurden die Reste der Ringmauer gesichert und der Zaun um die Kirche erneuert. Außerdem erneuerte die noch 100 Mitglieder zählende Gemeinde das Denkmal für die Kriegsgefallenen und ergänzte dieses um eine neue „Schicht“ aus Plexiglas für die Russland-Deportierten des Dorfes. Insgesamt investierte die Gemeinde rund 120.000 Euro, die aus dem Verkauf des Gemeindesaales aufgebracht wurden.
Bereits am Samstag begannen die Feierlichkeiten mit einem Konzert des Ensembles „Tromba Felix“ und Ursula Philippi. In der Winterkirche wurde die Ausstellung „Michelsberg gestern und heute“ vorgestellt, die Fotografien des alten Michelsberg von Horst Klusch heutigen Aufnahmen des Heltauer Fotografen Christian Dr²ghici gegenüberstellt. Danach gab es eine Diskussion über „Siebenbürgens Zukunft – Michelsbergs Zukunft“, bei der Alt-Michelsberger und Kirchenvater Michael Henning mit den Neusiedlern Ilse Schumann, Henry Ossevoort und Marius Menhard an einem Tisch saß.
Einig waren sich alle, dass das Dorf ein besonderer Ort sei, Henning ging sogar so weit zu behaupten, Michelsberg sei mittlerweile eine Marke. Das alte Michelsberg sei dem heutigen Zeitgeist angepasst. Noch gebe es eine Kluft zwischen alten und neuen Bewohnern, auch was den Bezug zur sächsischen Kultur und dem Bauerbe angeht. Mehr Gemeinschaft brauche der Ort, hieß es mehrfach. Aber auch, dass das Wurzeln in einer neuen Heimat Zeit brauche. Die Kinder der neuen Bewohner besuchten die evangelische Kirche ohne Berührungsängste, zumindest bei den – bald wieder beginnenden – Sommerkonzerten, so die Beobachtung von Organisatorin Ursula Philippi. Noch ein gutes Zeichen für die Zukunft?