Es ist 11 Uhr morgens an einem Mittwoch, Anfang Herbst. Der Bus Nummer 20, der von der Postwiese/Livada Poştei zur Schulerau/Poiana Braşov fährt, ist voll. In knapp 20 Minuten, nach einer Fahrt durch zahlreiche Serpentinen, erreicht er sein Ziel. Die Türen öffnen sich, die Passagiere strömen hinaus und verschwinden plötzlich, als ob sie sich in Luft aufgelöst hätten. Viele von ihnen wollen vielleicht von den letzten schönen Sommertagen profitieren und sich in der frischen Luft bewegen. Die Schulerau ist ruhig zu dieser Zeit. Nur von einer leeren Terrasse mit Plastikstühlen, wo auf einem Banner mit großen Buchstaben „Bei uns gibt’s Baumstriezel“ steht, dröhnt laute Techno-Musik. Auf den Straßen, wo sich im Winter Tausende von Skifahrern in Richtung Gondel bewegen, spazieren an diesem Tag nur ein paar Touristen, die man an den Fingern einer Hand abzählen kann.
Hoteliers haben einen Verband gegründet
Das märchenhafte Winterwetter mit viel Schnee hatte im vergangenen Winter Tausende von Touristen in die Schulerau gelockt. Sogar zu Ostern konnte man noch Skifahren. Auf den Pisten herrschte, wie in jedem Winter, großer Andrang. Die Verwalter der Kabeltransport-Einrichtungen teilten der Öffentlichkeit Rekord nach Rekord mit, was die Durchgänge an den Drahtseilbahnen, Sessel- und Schleppliften betrifft. Wenn Schnee liegt, boomt das Geschäft. Allen geht es hervorragend: den Betreibern der Kabeltransport-Einrichtungen, den Hotel- und Gaststätteninhabern, den Vermietern von Wintersportausrüstung und den Glühwein- und Zuckerwatteverkäufenr. Außerhalb der Wintersaison sieht, beson-ders unter der Woche, der populäre Bergressort etwas verlassen aus.
Was bietet der bekannteste Ferienort in den Karpaten außerhalb der Wintersaison? Was kann man hier unternehmen, wenn kein Schnee liegt? Eins steht fest: man will auch in den Sommer- und Herbstmonaten Touristen anlocken. Vor Kurzem haben 30 der bekanntesten Hoteliers aus der Schulerau den Verband „Poiana Bra{ov“ gegründet. Sie haben vor, europäische Gelder für eine Vielzahl von Projekten anzufordern. Darunter ein Aqua-Park und ein Jazz-Festival. Vorläufig wurden die ersten Schritte getan: ein neuer Freizeitpark entsteht zwischen dem Capra Neagră Komplex und der Holzkirche, am Fuße der Bradu-Skipiste. Trotzdem ist es noch nicht genug.
Kühlschrankmagneten und Ia-Blusen
Auf der Allee vor dem Restaurant Capra Neagră hört man erneut aggressiven Techno-Sound. Er kommt aus dem Lautsprechern, die vor dem Restaurant angebracht sind. Die laute Musik schreckt die potentiellen Besucher nur ab. Bei einer anderen Terrasse sind es schnulzige Popballaden der 90er Jahre. Hier sind etwa drei Tische besetzt. Viel lebendiger geht es auf dem Parkplatz vor der [ura Dacilor-Gaststätte zu. Hier verkauft man alles Mögliche: von der traditionellen rumänischen Ia-Bluse über Plastikpistole, Kühlschrankmagnet und Mignons-Plüschspielzeug bis hin zur knallblauen Pelzkappe. Authentische, handgemachte Produkte und billige China-Ware sind am selben Ort zu finden. Ein paar Interessenten haben sich schon vor den Ständen angesammelt und kaufen Souvenirs. Auf dem Weg zur Gondel spaziert eine Gruppe Japaner mit Sonnenschirmen. Ein junger Mann mit einer Biberratte in den Armen hält sie auf und fragt sie, ob sie nicht vielleicht ein Foto mit dem Tier wollen. Ohne Erfolg. Vor einem neu renovierten Hotel erholen sich zwei Bauarbeiter im Schatten. Einige Meter unter ihnen stellt eine Frau mehrere Fahrräder auf. Sie hofft, dass Touristen kommen, die sie mieten wollen. Eine Stunde kostet 15 Lei.
Vom Familienspaß bis zum Extremsport
In der Schulerau kann man vor allem Sport treiben. Außer Fahrradfahren, Paragliding, Schwimmen und Wandern kann man ab diesem Sommer auch „modernere“ Sportarten testen: Tubing, Zorbing, Bubble Football, Segway und Waterball heißen die neuen Freizeitaktivitäten, die man im neuen Freizeitpark am Fuße der „Bradul“ Skipiste unternehmen kann.Man hat die Möglichkeit, im Inneren einer aufblasbaren PVC-Kugel (Zorbing, 25 Lei pro Fahrt) oder auf einem aufblasbaren Reifen (Tubing, 5 Lei pro Fahrt) die Skipiste hinunterzurollen. Wer sich nicht traut, kann mit einem Segway (25 Lei für 15 Minuten) durch die Schulerau fahren. Es handelt sich um ein elektrisch angetriebenes Einpersonen-Transportmittel mit zwei auf derselben Achse liegenden Rädern. Besonders für Familien geeignet, sind die Fahrräder mit vier Plätzen (25 Lei für 30 Minuten). Der Park ist täglich zwischen 10 und 18 Uhr geöffnet.
Auf dem Gelände hinter dem Capra-Neagră-Restaurant wird emsig gebaut. Ein 2000 Quadratmeter großes Gebäude ist vorgesehen, in dem sich eine Kegelbahn mit acht Pisten, Billardtische, ein Kletterraum und Tische für Minifußball befinden werden. Auch für Mountainbike-Fans wird gesorgt: seit einiger Zeit arbeitet der Radfahrerverein Joy Ride an einem Projekt, durch welches auf einem Hang des Schulers eine Piste angelegt werden soll. Im „Bike Park Post²varu“ wird es zwei Strecken mit hohem, bzw. geringen Schwierigkeitsgrad geben, deren Gesamtlänge etwa 10 Kilometer sein wird.
Schwimmen, Fahrradfahren, Wandern
Wer klassische Sportarten bevorzugt, kann auch schwimmen gehen. Es gibt hier mehrere Möglichkeiten, ins kühle Wasser eines Pools unterzutauchen. Das Schwimmbecken des Piatra-Mare Hotels ist mit 27 Meter Länge und 26 Meter Breite das größte, das man landesweit in einem Hotel vorfindet. Die Tiefe des Beckens beträgt 1,30 bis 2,60 Meter.
Während man seine Runden dreht, kann man die schöne Berglandschaft genießen. An warmen Sommertagen kann man sich auf der Terrasse im Liegestuhl sonnen. Der Eintrittspreis beträgt 50 Lei pro Tag (Kinder bis 10 Jahre zahlen die Hälfte). Die Nutzung der Sauna, des Fitness-Raums und des Jacuzzi-Beckens sind im Preis inbegriffen. Zu demselben Preis kann man einen Tag am Pool des Alpin-Hotels verbringen. Etwas teurer ist der Eintritt, wenn man im Pool des neu renovierten Sport-Hotels schwimmen will. Das Schwimmbecken ist kleiner als bei den anderen Hotels (18x7 Meter), wobei die Wassertemperatur 29 Grad beträgt.
Übernachtungen zu surrealistischen Preisen
In der Schulerau gibt es hunderte von Übernachtungsmöglichkeiten. Neben bekannten Hotels wie Alpin, Piatra Mare, Sport, Ruia oder dem neu renovierten Teleferic-Hotel in der Nähe der Gondel gibt es eine Vielzahl von Hotels, Pensionen und Villen, die zu jeder Jahreszeit auf Besucher warten. Aller-dings kostet es manchmal ein Vermögen, ein paar Tage hier zu verbringen. Wer Weihnachten und Silvester in der Schulerau feiern will, zahlt den Preis einer zehntägigen Reise nach Südamerika. 2500 Euro hat letztes Jahr das teuerste Silvesterpaket in der Schulerau gekostet. Dafür konnte man 5 Nächte in einem Luxus-Apartment eines bekannten Hotels verbringen. Frühstück, Abendessen und der Eintritt zu einem im Hotel organisierten Silvesterparty waren im Preis inbegriffen. Obwohl es surrealistisch klingt, war das „Angebot“ innerhalb weniger Tage ausverkauft. Hingegen kostete das billigste Silvesterpaket in einem Drei Sterne-Hotel „nur“ 690 Euro.
Trotz der hohen Preise liegt die Auslastungsquote der Hotels und Pensionen zu Weihnachten und Silvester bei fast 100 Prozent. Außerhalb der Wintersaison sind die Unterkünfte billiger. Laut dem internationalen Hotelportal Booking.com kostet im Oktober unter der Woche eine Übernachtung 128 Lei pro Zimmer in einer Pension. Das ist der niedrigste Preis - das teuerste Zimmer kostet pro Nacht 676 Lei in einem Vier-Sterne-Hotel. Im Frühling, Sommer und Herbst sind viele der Pensionen nur am Wochenende offen, da es sich unter der Woche nicht lohnt. Die Hoteliers versuchen, auch auf andere Weisen Profit zu machen. Im Sommer finden in den Gaststätten Hochzeiten und Taufen statt, in den Hotels werden Tagungen, Ausbildungskurse und Seminare organisiert.
Viele Wanderwege
Die schönste Art, Sommer- und Herbsttage in der Schulerau zu verbringen, ist und bleibt das Wandern. Von hier führen Wege mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden nach Kronstadt, auf die Zinne, auf den Schuler oder nach Rosenau, nach Untertömösch/Timişul de Jos und sogar zur Mălăieşti-Hütte in den Bucegi. Nur knapp zwei Stunden braucht man bis zur wunderschönen Julius-Römer-Hütte/Cabana Postăvarul, von wo man, besonders an Tagen mit gutem Wetter und klarem Himmel, eine herrliche Aussicht auf die Massive Bucegi, Königsstein/Piatra Craiului und Hohenstein/Piatra Mare hat. Von hier ist man in etwa 40 Minuten beim Schuler/Postăvarul-Gipfel (1799 m). Für Adrenalinliebhaber sind auch andere Wege zu empfehlen. Ein besonders schöner und wilder Weg führt vom Schuler-Gipfel bis nach Obertömösch/Timişul de Sus. In etwa 3 Stunden erreicht man die Ortschaft an der DN1. Ein anderer Weg, der mit einem gelben Kreuz markiert ist, führt durch Rosenau zur Mălăieşti-Hütte. Bis Rosenau braucht man etwa 3 Stunden, bis zur Mălăieşti-Hütte im Ganzen etwa 8 Stunden. Für diejenigen, die eine leichte Route bevorzugen, gibt es den alten Schulerauweg. Auf ihm braucht man etwa eine Stunde bis zu den Salamon-Felsen. Von hier kann man per Kleinbus (Nr.50 mit Balken) bis zur Postwiese fahren.