Startup-Ideen, die uns das Leben erleichtern

„CleverEat“ kämpft erfolgreich gegen Lebensmittelverschwendung

Rareș Mară und Marius Pascu entwickelten ihre Idee mit einem kleinen Zuschuss von 5000 Euro infolge eines Ideenwettbewerbs. Nun versuchen sie, weitere Investoren zu überzeugen, auf ihr Geschäft zu bauen.

CleverEat ist ein Startup, das sich vornimmt, der Lebensmittelverschwendung vorzubeugen. Das Geschäft stellt eine Win-Win-Situation dar: Der Kunde kauft billige, frisch gekochte Mahlzeiten und das Restaurant bzw. die Imbissstube registriert keine Verluste. | Fotos: privat

Wie wäre es, wenn es keine Warteschlangen mehr gäbe? Wie können wir täglich frischer, billiger und vor allem nachhaltiger essen? Solche grundsätzlichen Fragen lassen manchmal innovative Geschäftsideen mit hohem Wachstumspotential entstehen. Oft werden sie auf Hackathons oder Ideenwettbewerben ins Leben gerufen und dann entsprechend gefördert. Doch nicht alle Startups können auch langfristig überleben. Viele gute Ideen bleiben in der Anfangsphase stecken, wie das Startup „Zero Cozi“ gegen Warteschlangen. Manchmal aber entwickelt sich eine Idee zu einem Erfolgsbetrieb: „CleverEat“ kämpft effizient gegen Lebensmittelverschwendung, die Zahl der Partner und Kunden nimmt ständig zu.

Alltag ohne Warteschlangen? Vorläufig nicht...

Vor mehreren Jahren hat ein Team junger IT-Fachleute in Temeswar/Timișoara die Idee gehabt, den Zeitverlust beim Warten in den verschiedenen Institutionen der Stadt zu reduzieren. So ist das Startup „Zero Cozi“ (Null Warteschlangen) entstanden. Das Konzept war denkbar einfach: Warteschlangen abzuschaffen. Durch eine Internet-Plattform sollte das Warten im Alltag stark verkürzt werden, wobei diese Lösung sowohl für öffentliche Einrichtungen als auch für private Unternehmen gedacht war. Die Idee bestand darin, effizientes Zeitmanagement zu betreiben: Der Kunde sollte eine Nummer für einen Schalter in einer Institution online beantragen können, ohne direkt hinzugehen, und später zur vereinbarten Zeit dort sofort bedient werden. 

„Wir schätzen Ihre Zeit! Wir reduzieren die Wartezeiten in Warteschlangen durch eine digitale und intelligente Lösung“, lautete das Motto der Plattform zerocozi.ro. Das System war für alle Einrichtungen gedacht, wo sich Warteschlangen bilden können – von der öffentlichen Verwaltung bis hin zu Museen, Aquaparks und anderen touristischen Attraktionen. Die Idee wurde 2018 lanciert. Eine 20.000 Euro-Finanzierung ermöglichte die ersten Schritte zur Verwirklichung des ZeroCozi-Projekts. „Um komplett umgesetzt und dann auch am Laufen gehalten zu werden, braucht das Projekt aber etwa 100.000 bis 150.000 Euro“, schätzte damals Radu Jakab. Die Idee wurde zwar von vielen Institutionen prinzipiell begrüßt, doch die Umsetzung und die anschließende Verwaltung vor Ort war etwas, was viele doch zögern ließ. So ist das Projekt schließlich gescheitert. „Vorläufig“, sagt nun Radu Jakab, einer der beiden IT-Fachleute, die diese Plattform entwickelt haben. 

In der Zwischenzeit arbeitete er an der Plattform „Eucemănânc“ (Was esse ich) – eine Bestell- und Lieferplattform, die sich so gut eingeführt hat, dass sie in der Pandemie vom landesweiten Betreiber Tazz by Emag übernommen wurde. 

Liefern von Essen – Erfolgsgeschäft in der Pandemie

Was passiert, wenn im Restaurant zu viele Gerichte zubereitet werden? Werden sie dann einfach weggeschmissen? Wie wäre es, wenn die übrig gebliebenen Produkte für nicht verkaufte Menüs zu günstigeren Preisen verarbeitet und zum Verkauf angeboten würden? Auf diese Fragen haben zwei Temeswarer Studenten eine Antwort finden wollen. So ist die Startupidee „CleverEat“ entstanden. 

In Rumänien landen rund 6000 Tonnen Lebensmittel täglich in der Mülltonne. „Das sind etwa 235 Warenwaggons oder 146 Flugzeuge voll mit Lebensmitteln“, verdeutlicht Rareș Mară. „Im Gegensatz dazu schlafen fünf Millionen Rumänen jeden Abend hungrig ein.“ 

Der junge Mann ist einer der beiden Studenten, die ein neues Geschäft in Temeswar entwickelten: „CleverEat“ – das bedeutet so viel wie schlau essen – will der Lebensmittelverschwendung den Kampf ansagen. Damit können Restaurants und Imbissstuben ihren Überschuss in der zweiten Hälfte des Tages zu reduzierten Preisen verkaufen. So entsteht eine Win-Win-Situation: Der Kunde erhält frisch gekochte Mahlzeiten zu günstigeren Preisen und das Restaurant registriert keine Verluste. „Mit CleverEat können Restaurants, Supermärkte und andere Unternehmen Lebensmittelverschwendung reduzieren, indem sie überschüssige Lebensmittel verkaufen, die normalerweise im Müll landen würden“, setzt der junge Mann fort. 

„Der Appetit kommt beim Retten. Helfen Sie dem Planeten! Sparen Sie und essen Sie von Lokalen zu einem magischen Preis!“ so lautet der Aufruf der Startup-initiatoren Rareș Mară und Marius Pascu. Die Temeswarer Studenten sind während ihres Studiums im Ausland auf diese Idee gestoßen. Dann stellten sie ihren Plan im Frühling des vergangenen Jahres im Rahmen eines Ideenwettbewerbs vor. Die Idee wurde mit einem kleinen Zuschuss von 5000 Euro belohnt. Im Sommer des vergangenen Jahres gründeten die beiden dann die Facebook-Gruppe „CleverEat - Startup local. Salvează mâncare de la restaurante“ (CleverEat - Lokales Startup. Retten Sie Gerichte von Restaurants). Dort werden täglich die Angebote der Partnerlokale hochgeladen. Diese werden oft bis zu 60 Prozent billiger als gewöhnlich angeboten. Die Menüs sind meistens sogenannte „Überraschungsmenüs“, denn die Restaurants können sich nicht immer sicher sein, welche Überschüsse sie am Ende des Tages haben werden. „Wenn zum Beispiel ein Restaurant 30 Menüs vorbereitet, aber gegen Ende des Tages nur 25 verkauft hat, können die restlichen fünf zu reduzierten Preisen auf der Plattform anboten werden“, erklärt Marius Pascu. Die meisten Angebote landen in der zweiten Hälfte des Tages in der Facebookgruppe. Dort wird täglich angekündigt, welches Restaurant wieviele Menüs zu reduzierten Preisen zur Verfügung stellt. Interessenten lassen dann einen Kommentar dazu und reservieren sich damit die jeweiligen Menüs. Das Essen kann später zu einem vereinbarten Zeitpunkt vom Restaurant abgeholt werden. Die Kunden müssen hierfür ihre auf der Facebookgruppe hinterlassenen Kommentare vorweisen. 

Von drei Partnerrestaurants zu Beginn des Geschäfts im vergangenen Sommer sind es in der Zwischenzeit 30 geworden. Auf der Facebookgruppe des Startups sind derzeit rund 10,5 Millionen Nutzer registriert. „Clever Eat“ hat sich vergangenen Sommer auch in Arad, Großwardein/Oradea und Kronstadt/Brașov ausgebreitet. „Wir brauchen jedoch noch eine Investition von etwa 200.000 Euro, um unser Geschäft landesweit auszudehnen“, sagt Marius Pascu. Derzeit wird an einer Smartphone-App gearbeitet, die den Zugang zu den Menüs erleichtert, lassen die Studenten wissen. 

Warme Mahlzeit für Bedürftige inbegriffen

Rareș und Marius nehmen sich weiter vor, auch Menschen, die sich nicht einmal ein Menü zum reduzierten Preis leisten können, entgegen zu kommen, und zwar nach dem Vorbild eines weltweit verbreiteten Konzepts „der aufgeschobene Kaffee“. Unter dem Namen „Caffè Sospeso“ hat dieses bereits eine lange Tradition in der neapolitanischen Kultur. Seit über hundert Jahren ist es dort in Cafés und Bars möglich, einen Kaffee doppelt zu bezahlen. Den zweiten, nicht getrunkenen Kaffee notiert der Barmann und schenkt ihn auf Anfrage an Bedürftige aus. So können auch Menschen, die sich aus welchen Gründen auch immer keinen Kaffee leisten können, einen solchen in einer Bar oder einem Café genießen. Diesem Beispiel folgend möchten die beiden Studenten „aufgeschobene Menüs“ zur Verfügung stellen. „Wir nehmen uns vor, eine Art Monatsabo einzuführen. Der Kunde zahlt seine eigenen Menüs, versichert sich aber, dass er dadurch auch Essen für Bedürftige kauft. Das soll vorerst in Temeswar umgesetzt werden“, sagt Marius Pascu. 


Interessenten, die überschüssige Menüs „retten“ und zu günstigeren Preisen erwerben wollen, können sich über die Facebookgruppe www.facebook.com/groups/clevereat die täglichen Angebote ansehen und  reservieren. 
Details zum Geschäft und Konzept sind von der Webseite clevereat.ro abrufbar.