Eines muss man ihm lassen, dem Temeswarer Bürgermeister Nicolae Robu: Ein Selbstinszenierungstalent ist er allemal, und in Szene setzt er sich vor allem über die neuen Medien, Facebook zum Beispiel, und seit Kurzem eine Art Online-Fernsehen, wo er sich von Beamtinnen der PR-Abteilung des Rathauses interviewen lässt und dann die Gespräche, mit vorab abgestimmten Fragen natürlich, ebenfalls über Facebook vertreibt.
Bald sind vier Jahre vergangen, seit der ehemalige Rektor der Technischen Universität und PNL-Senator den spätestens seit den Kommunalwahlen von 2008 erlahmten Gheorghe Ciuhandu beerbt hat und mit Pauken und Trompeten in den C. D. Loga-Boulevard Nr.1 eingezogen ist. Und bald wird ihm jener Bruchteil der Temeswarer Wählerschaft, der am Wahltag auch den Weg in die Wahllokale findet, weitere vier Jahre im Amt schenken.
Vergangene Lethargie überwunden
Zweifelsohne hat der Mann in dieser seiner nun zu Ende gehenden ersten Amtszeit einiges in Temeswar ins Rollen gebracht. Aus der Lethargie der Ciuhandu-Jahre scheint die Stadt nun aufgewacht zu sein. Dabei halfen Robu nicht nur die Projekte seines Vorgängers, die er nun brav umgesetzt hat, sondern auch das Wachstum der jüngsten Vergangenheit, von dem Temeswar, als drittgrößte Stadt und als zweitwichtigster Wirtschaftsstandort Rumäniens, übermäßig profitieren konnte. In seinem ersten Jahr im Amt hat Nicolae Robu aber mehr geredet als geschaffen. Manche Worte des Bürgermeisters (denen auch Taten folgten), galten eher als zweifelhaft für die meisten Temeswarer, die 16 Jahre lang von einem wortkargen, teilweise medienscheuen Bürgermeister regiert worden waren.
Statuen wollte Robu, von Karl Robert von Anjou, Prinz Eugen von Savoyen und Johann von Hunyad. Einen edlen Prinzen hoch zu Ross gibt es noch nicht, aber dafür eine „Supermam“, eine Eva mitsamt Schlange, eine Frauengestalt mit einem Fernsehgerät als Kopf, und einen telefonierenden Knirps mit durchlöchertem Körper. De gustibus. Später wollte Bürgermeister Robu die Bürger mit einer Art Musik spielender Brunnen auf der Bega beglücken, für satte zwei Millionen Euro, doch der Brunnen würde den Verkehr auf dem Wasser beeinträchtigen: Die Boote, die ab 2016 auf der Bega dahinsegeln sollen, scheinen dem Ingenieur Robu dann doch lieber gewesen zu sein. Dann folgten die Palmen, die Timişoara zu „Palmişoara“ werden ließen, sowie der selbstverständlich gescheiterte Versuch, im Botanischen Garten Papageien anzusiedeln.
Das Ende krönt das Werk, und die Krönung scheint das selbstmörderische Zebra zu sein, ein Geschenk des Zoos im tschechischen Reichenberg/Liberec, das zunächst aus seinem neuen Temeswarer Gehege geflüchtet ist, eingefangen wurde und letztendlich den Freitod wählte, indem es in ein Becken sprang und ertrank. Ende 2015 erklärte Robu im hauseigenen Online-Sender allen Ernstes, das Zebra muss geistesgestört gewesen sein und seine tschechischen Besitzer hätten dies gewusst, sonst hätten sie das Tier nicht dem Temeswarer Zoo geschenkt (sic!).
Aber genug der Petitessen. Schließlich hat Bürgermeister Robu alle EU-Projekte der Vorgängerverwaltung umgesetzt und abgeschlossen. Dass dabei einige nicht termingerecht fertiggestellt wurden und deshalb die Stadt nun selbst einige Millionen Lei locker machen muss, ist in Rumänien wohl Nebensache und scheint eingeplant gewesen zu sein.
Er hat auch selbst Ideen entwickelt, so zum Beispiel den heiklen Bau einer Unterführung vor der Oper, die Umgestaltung des Personennahverkehrs in der gesamten Innenstadt, die Ausbesserungen in einigen Randstadtteilen und einige andere. Und er hat bereits die Weichen gestellt für die zweite Runde der Innenstadtsanierung, ein Projekt, das ebenfalls aus europäischen Geldern finanziert werden soll, das bereits abgeschlossene fortführen und Temeswar die wohl größte Fußgängerzone Rumäniens bescheren wird. Und das Projekt der Kulturhauptstadt hat Robu ernsthaft unterstützt und dafür seinen rechten Arm, den Vizebürgermeister Dan Diaconu, zur Verfügung gestellt, der durch Besonnenheit und ruhigeres Temperament die Selbstinszenierungsexzesse Nicolae Robus zumindest teilweise ausgleicht.
Es ist Robu gelungen, seine persönliche Energie – und von der besitzt er reichlich – so einzusetzen, dass die Stadt aus der Selbstgefälligkeit aufgewacht ist, die bei einem Vergleich zwischen den Munizipien Rumäniens bis 2012 so mancher Außenstehende Temeswar problemlos bestätigen konnte. Gewiss, es sind wertvolle Jahre verloren gegangen, in denen sich Temeswars Wettbewerber Nr. 1, Klausenburg/Cluj-Napoca, ein Image bauen konnte, wonach die siebenbürgische Hauptstadt nun Bukarest am nächsten steht und Temeswar längst eingeholt hat. Das ist wohl noch nicht der Fall, aber bald könnte dies geschehen; die Klausenburger haben im innerrumänischen Vergleich Standortvorteile, die Temeswar nicht hat, vor allem einen höheren Zentralitätsgrad, da Klausenburg nunmal Hauptstadt einer viel größeren Region als das Grenzgebiet Banat ist.
Richtlinien der Stadtentwicklung noch nicht erkennbar
Was Robu und seiner Verwaltung fehlen, ist sowohl Strategie als auch Planung. Klare Zielsetzungen. Eine Antwort auf die Frage, in welche Richtung sich diese Stadt entwickeln soll. Was soll sie werden, was kann sie werden? Eine handfeste Bestandsaufnahme als Basis einer umsetzbaren Zukunftsstrategie. Beispiel Innenstadtsanierung: Drei Plätze und zehn Gassen sind nun reine Fußgängerzonen. So langsam gewöhnen sich die Temeswarer daran, zaghafte Initiativen zur Neugestaltung und Sanierung der heruntergekommenen Bausubstanz gibt es bereits. Doch die Stadt hat kein Konzept, wie das gesamte Areal zu einer richtigen mitteleuropäischen Innenstadt werden soll. Noch reihen sich noble Cafés an schäbige Tante-Emma-Läden, dazwischen sind auch Secondhand-Geschäfte zu finden, im Vergleich zu denen selbst die abgewirtschaftete und baulich sowie kulturhistorisch verlorene Fabrikstadt ein gehobenes Bild abgibt. Eine Ordnung für Handel und Gewerbe in der Innenstadt, die dieser auch gerecht sein soll, ist dem Bürgermeister nicht eingefallen. Wenn er darauf angesprochen wird, versteckt er sich wie üblich hinter Gesetzesparagrafen, die dies nicht zulassen würden.
Die Stadtverwaltung erweckt also den Eindruck, sie arbeite vollkommen wahl- und ziellos. Mal wird hier eine Straße asphaltiert, mal wird dort ein Park umgestaltet, mal wird dies in Angriff genommen, mal jenes. Das alles kann natürlich in der kurzen Frist die Lebensqualität der Temeswarer in dem einen oder anderen Stadtteil erhöhen, das Wirtschaftswachstum wird aber dadurch nicht in eine nachhaltige Entwicklung fließen. Und aus den städtischen Behörden werden keine Dienstleister im wahren Sinne, sondern sie bleiben mehr oder minder bemittelte öffentliche Stellen, die Straßen flicken und die komischen Ideen eines Bürgermeisters sang- und klanglos umsetzen. Palmen, Papageien und Zebras inklusive.
Ach, und da wäre noch ein Wunsch! Ein, zugegeben, realitätsferner. Ein bisschen nur von der Schweigelust des Gheorghe Ciuhandu würde Nicolae Robu nicht schaden. Ein bisschen nur von Ciuhandus echter oder simulierter Bescheidenheit, vor allem in der Öffentlichkeit. Man hat ja lange gehofft, dass Nicolae Robu ein bisschen weniger reden, auf das Oberlehrerhafte verzichten und eine gewisse Amtswürde entwickeln würde. Fehlanzeige.
Die erste zu Ende gehende Amtszeit des Nicolae Robu in Temeswar beweist eindeutig: Einer lauten, alles vereinnahmenden Persönlichkeit gelingt es immer, eine Verwaltung zu entführen, sie in den Hintergrund zu drängen und ihren Einfluss auf ein Minimum zu reduzieren. Die Temeswarer Verwaltung heißt 2016 Nicolae Robu. So und nicht anders gewinnt man aber Wahlen. Heute in fünf Monaten wird der Mann wiedergewählt. An der Bega kann die PSD auch heuer einpacken.