Vor Kurzem wurde in der Galerie RADUART in Fürstenfeldbruck (Deutschland) in Anwesenheit eines zahlreichen Publikums eine Ausstellung eröffnet, die unter dem Titel „Von Angesicht zu Angesicht, Porträts von und mit Radu-Anton Maier“ zwanzig ausgewählte Bilder des deutsch-rumänischen Malers, Grafikers und Zeichners vereint. Der international renommierte Künstler, der im April dieses Jahres seinen 85. Geburtstag feierte, wurde 1934 in Klausenburg/Cluj geboren. Er gilt heute als ein beinahe schon singulärer Exponent des vieldiskutierten europäischen Postavantgardismus.
Bei der Vernissage sagte die Kunsthistorikerin Dr. Svetlana Maier in ihrer Einführung, dass „die anziehende Wirkung vielfältiger menschlicher Darstellungen, ob real oder als Maske, den Künstler lebenslang begleitet“ habe, denn „noch vor seinem Studium an der Klausenburger Kunstakademie bekam der damals junge Maler diverse Auftragsarbeiten, woran er sich bis heute gerne erinnert. So entstanden eine ganze Reihe von Jugend- und Kinderporträts, die dem damaligen Trend entsprechend sehr realitätsbezogen waren.“ Denn „starke Wirklichkeitsnähe war im Sozialistischen Realismus jener Jahre keine Option, sondern eine vorgeschriebene künstlerische Haltung“. Ergänzend zu diesem Gedankengang betonte der Künstler selbst, dass „die Kunst von der Realität ausgehen soll, aber diese erträgt auch Übertreibungen und Verformungen“. Weiter meinte die Rednerin, „aufgrund der ständig vorgeschriebenen Anweisungen und eingeschränkt in seiner Kreativität“ habe RADU – so der Kurzname des Künstlers – „das Porträt als Genre drastisch reduziert und sich allmählich von seinen Auftragsarbeiten distanziert. Dadurch wurde die allmähliche Befreiung vom Realismus der ersten Phase verdeutlicht“.
Danach führte ihn sein Weg zeitweilig von Klausenburg nach München, New York, Esslingen, Venedig und zu anderen geistigen Stationen, wo er mit seinen Werken in internationalen Ausstellungen präsent war. Schließlich kam er von München nach Fürstenfeldbruck, einer nahegelegenen südbayerischen Kreisstadt, wo er inzwischen seit Jahren eine eigene Galerie besitzt. „Zu seinen Modellen gehörten nun Persönlichkeiten einer geistigen und gesellschaftlichen Elite – bekannte Politiker, Philosophen und Schriftsteller, wie Lucian Blaga, Alexandru Ciorănescu, Willy Brandt und Reinhold Messner“.
Doch es ist viel mehr als nur eine Folge von Porträts, die hier präsentiert wird, denn in dieser Bildnis-Schau verlieh der Künstler jedem Gesicht eine eigene symbolische Monumentalität. Bereits 1986 hatten die bekannten rumänischen Kunstkritiker Ionel Jianou und Gabriela Carp in ihrer Monografie „Les artistes roumains en Occident“ angedeutet, dass – neben anderen aus Rumänien stammenden Künstlern, die in Westeuropa leben, wie Henry Mavrodin, Hildegard Klepper-Paar und Tudor Banus/Bănuș – RADU seinen eigenen Surrealismus entwickelt habe, der manchmal sogar abstrakt, dann aber auch meditativ und visionär sein kann. Auf diese kreative Eigenständigkeit des Künstlers verweisen in der thematischen Rückschau auch die vieldeutigen Titel der Porträts, wie z. B. „Der Prophet“, „Der fliegende Engel“, „Der heilige Fisch“, „Der Politiker“ oder „Der einsame Richter“.
So wird auch hier die feinsinnig minuziöse Malweise von RADU zu einer dramatischen Aktion, zu einer Übersteigerung bis ins vielbedeutende Surreale, wobei sich der Künstler manchmal schrittweise spirituell zwischen großen Porträtmalern vor ihm, zum Beispiel, um zwei Extreme zu nennen, zwischen Max Liebermann („Bildnis Hedwig Ruetz“, 1903) und Pablo Picasso („Weinende Frau“, 1937) bewegt. Ionel Jianou zitierte vor bald vierzig Jahren ein frühes Bekenntnis des Künstlers, der damals als seine prägenden Vorbilder eine Suite großer Namen aufführte, die in einer etwa fünfhundert Jahre umfassenden Zeitspanne stehen. Das heißt von Pietro della Francesca und Antonello da Messina bis zu Caspar David Friedrich, Lyonel Feininger und Salvadore Dalí.
Demnach finden sich in RADUs Werk künstlerische und spirituelle Impulse – ausgehend von der tiefwirkenden Farbigkeit der italienischen Pittura tonale des 16. Jahrhunderts und der viel späteren Pittura metafisica des 20. Jahrhunderts bis hin zur tiefsinnigen, surrealen Welt des Unbewussten eines Salvadore Dalí. Hinzu kämen dann vielleicht auch noch verhaltene Anregungen aus dem thematischen Bereich der frühromantisch „konstruierten Bilderfindungen“ von Caspar David Friedrich und den gestalterisch überhöhten Bildkompositionen von Lyonel Feininger, einem eminenten Vertreter der Klassischen Moderne.
Sie sollten beim genauen Hinschauen – vielleicht auch nur verhalten und andeutungsweise – in den einzelnen Werken RADUs erkennbar sein. Darüber ließe sich bei einem Besuch dieser besonderen und sehenswerten Ausstellung diskutieren. Und das dann vielleicht so, wie der Künstler diese Schau konzipiert hat: Von Angesicht zu Angesicht.