Hermannstadt - Wenig von der Finanzkrise, dafür aber viel über die Kreisratsbefugnisse und deren Umsetzungen berichtete Martin Bottesch, der Vorsitzende des Hermannstädter Kreisrates, am Dienstagabend im Rahmen der Hermannstädter Gespräche. Knapp und anschaulich präsentierte er vor rund 40 Zuhörern im Spiegelsaal des Forumshauses anhand von Grafiken und Fotos die wichtigsten Tätigkeitsbereiche. Auf die in der Einladung angekündete Strategie des Forums auf Kreisebene 2012-1016 ging er dann insbesondere in der Diskussion ein. Den Abend moderierte Benjamin Jozsa, der Geschäftsführer des Siebenbürgenforums.
Mit rund 80 Millionen Euro haushaltet der Hermannstädter Kreisrat heuer. Das ist viel verglichen zur Summe vor fünf Jahren und wenig im Vergleich zu den Haushalten eines französischen Departements oder Bezirkes in Österreich von ähnlicher Größe wie ein rumänischer Verwaltungskreis, so Bottesch. Noch vor wenigen Jahren machte die der Sozialfürsorge zustehende Summe über die Hälfte des Etats aus. Dass dem heute nicht mehr so ist liegt am Zuwachs der Mittel für andere Bereichen wie Umwelt oder Verkehr. In diesen Sparten werden Projekte aus EU-Mitteln umgesetzt, über die in der ADZ mehrfach berichtet wurde.
Eines der Vorhaben des DFDR-Wahlprogrammes für die zu Ende gehende Legislatur war das Einführen der ambulanten Altenpflege. Die Hintergründe des (vorläufigen) Scheiterns führte Bottesch näher aus. Selbst die Forums-Bürgermeister konnten nicht überzeugt werden, dass das Schaffen eines solchen Betreuungssystems, in dem die alten Leute aus ihrer gewohnten Umgebung nicht rausgerissen werden und das billiger kommt als das Betreiben von Altenheimen, auf längere Sicht sinnvoll ist. Gehsteige und Straßen sieht man, also geben die Bürgermeister die Mittel lieber hierfür aus, so Bottesch. Das Einführen der ambulanten Altenpflege nach deutschem Modell hat allein in Agnetheln/Agnita geklappt. Noch sei die Mentalität in Rumänien allgemein – und also auch der Kreisräte der Parteien –, die alten Leute seien in „modernen“ Heimen besser untergebracht. Das erklärt, wieso der Kreisrat in Birthälm/Biertan mit dem Bau eines neuen Altenheimes begonnen hat (um eines der beiden dort bestehenden zu entlasten) und jenes in Sălişte von 50 auf 80 Plätze ausgebaut wird. Nichtsdestotrotz sieht die Strategie des Kreisforums für die nächste Legislaturperiode weiterhin das Einführen der ambulanten Altenpflege vor und er ist zuversichtlich, dass es nach und nach eingeführt wird, sagte Bottesch.
Auf Grenzen anderer Art stößt der Kreisrat im Gesundheitswesen: Der Kreisrat trägt zwar die Verantwortung für drei der Krankenhäuser, die Krankenkasse aber gewährt die Unterfinanzierung für den Betrieb und das Gesundheitsministerium beschließt, was zu geschehen hat. Diskutiert wurde ob es sinnvoll wäre ein neues Kreiskrankenhaus zu bauen – dessen Kosten etwa doppelt so hoch lägen als die 70 Millionen Euro, die der Flughafen gekostet hat und das nicht vorhanden – oder ob man die derzeitigen Gebäude (die ältesten sind 150 Jahre alt) für einen modernen Krankenhausbetrieb umwandeln könne. Eine Strategie in diesem Bereich zu entwickeln ist unter den derzeitigen Gegebenheiten allerdings nicht möglich ...
Ebenfalls vorgestellt hat der Kreisratspräsident die Kultureinrichtungen, die dem Kreisrat unterstellt sind und von denen allein die Volkskunstschule kein eigenes, modernisiertes oder gar neues Gebäude besitzt. Sollte man ihr eines errichten, müsste das mit der Auflage verbunden sein, die Einrichtung zu dem zu entwickeln, was die Volkshochschulen in Deutschland sind, die zahlreiche Angebote auch für Senioren führen.
Was nun das Wahlprogramm des Forums im Kreis Hermannstadt angeht, so werde es erneut 15 Punkte umfassen, wobei er als die wichtigsten den Sozialbereich, die Infrastruktur und den Umweltschutz betrachte, sagte Bottesch. Außer den geplanten Asphaltierungen von Straßenabschnitten, die ein Umwegefahren zwischen Ortschaften des Kreises erübrigen, sind auch Fahrradwege angedacht, wie zwischen Hermannstadt und Răşinari sowie Salzburg/Ocna Sibiului. Zu den Verleumdungen, die nun (auch) über Forums-Kandidaten in Umlauf gebracht werden, meinte Bottesch: ignorieren. Die einfachste Wahlwerbungsformel für das Forum hatte Dr. Hans Klein parat: „Wir wollen etwas für die Allgemeinheit tun“.