Warum Rumänien lieber Steuern erhöht, statt seinen aufgeblähten Staatsapparat zu reformieren


Der jüngste Entscheid des rumänischen Verfassungsgerichts, der das neue steuerpolitische Maßnahmenpaket der Regierung Bolojan für verfassungskonform erklärt, beendet zwar die juristische Debatte – nicht aber die ökonomische. Die Anhebung von Steuern, insbesondere für Kleinstunternehmen und Selbstständige, zeigt eines deutlich: Anstatt den Staat zu verschlanken, greift die Regierung lieber in die Taschen jener, die Wert schaffen.

Rumänien leidet nicht unter zu geringen Einnahmen, sondern unter einer strukturellen Überlast. Der öffentliche Sektor ist im Verhältnis zur Bevölkerung einer der größten in der EU. Mit etwa 1,25 Millionen Staatsangestellten bei einer Bevölkerung von 19 Millionen besitzt Rumänien pro Kopf fast zehnmal so viele staatliche Bedienstete wie die US-Bundesregierung – obwohl die USA ein ungleich komplexeres Regierungs- und Regulierungssystem betreiben.

Diese Überdimensionierung produziert erhebliche Fixkosten: Gehälter, Dienststellen, Fuhrparks, Leitungsebenen, Aufsichtsbehörden und eine stetig wachsende Regulierungsmaschinerie. Jeder Apparat rechtfertigt seine Existenz durch neue Vorschriften, Inspektionen und Prüfmechanismen. Der Staat wird so zu einem in sich selbst kreisenden System.

Warum wird das nicht refor-miert?Weil Bürokratie politisches Kapital ist. Jede Kürzung erzeugt Verlierer: Beamte, deren Stellen wegfallen, lokale Parteinetzwerke, die Einfluss verlieren, oder Interessengruppen, die ihre privilegierten Zugänge einbüßen. Neue Steuern hingegen treffen viele – aber diffus. Kleinunternehmer verfügen nicht über die Lobbystrukturen, die den politischen Preis solcher Maßnahmen erhöhen könnten. Für Regierungen ist es daher bequemer, bei ihnen anzusetzen.

Doch ökonomisch ist dieser Weg fatal. Die am stärksten belastete Gruppe – kleine Unternehmer, Freiberufler, Start-ups – ist zugleich die dynamischste Kraft der rumänischen Wirtschaft. Sie zu schwächen, während ineffiziente staatliche Strukturen unangetastet bleiben, bedeutet, die Zukunft zugunsten der Vergangenheit zu opfern.

Reformen wären möglich und notwendig: eine Verringerung der Ministerienzahl, die Zusammenlegung überlappender Behörden, die Digitalisierung öffentlicher Dienstleistungen, ein Einstellungsstopp im Staatsdienst sowie eine konsequente Reform der Sonderrenten und der öffentlichen Beschaffung. Nichts davon ist radikal, alles ist machbar – wenn politischer Wille vorhanden wäre.

Das Verfassungsgericht hat bestätigt, dass das Gesetz im Einklang mit der Verfassung steht. Aber Verfassungsmäßigkeit ist nicht gleichbedeutend mit wirtschaftlicher Vernunft. Solange Rumänien seine überdimensionierte Bürokratie nicht ernsthaft angeht, wird jede Steuerreform nur Symptome lindern – und die eigentliche Krankheit nähren.