Der Satelitt, Mimosen auf dem Gebiet der Dramaturgie, Intelligenzblatt, Stundenblumen der Gegenwart, Sächsischer Hausfreund, Vierteljahresschrift für die Seelenlehre, die Turnerglocke, Der kluge Hans-Michael, Honterusschule Heute, Ich hab´s, Clique- das sind nur einige Namen der vielen deutschsprachigen Publikationen, die zwischen 1837 und 2020 in Kronstadt erschienen sind. Es sind periodische Zeitschriften, Beilagen, Monatsschriften, Jahresberichte, wissenschaftliche Publikationen, Kalender, Wochenschriften, Faschingszeitungen, Schülerzeitungen, Taschenbücher aus allen möglichen Bereichen, mit dem Ziel, ihre Leser in deutscher Sprache zu informieren und zu unterhalten. Über alle diese Publikationen kann man in einer Übersicht der Kronstädter deutschsprachigen Pressepublikationen im Lauf der Geschichte im Anhang des Bandes Im Spiegel der Zeit.Pressegeschichtliche Rückblicke aus Volkszeitung und Karpatenrundschau, herausgegeben vom Journalisten Dieter Drotleff und in diesem Jahr beim aldus-Verlag erschienen, lesen. Die Informationen wurden vom Autor mit Hilfe der Kronstädter Kreisbibliothek „George Barițiu“ gesammelt und bieten dem Leser einen wichtigen Einblick in die Vielfältigkeit der deutschsprachigen Presselandschaft aus Kronstadt. Der Band bietet eine Sammlung von Artikeln, die meisten davon entstanden im Jahr 2017, zum Anlass des 60-jährigen Bestehens der Karpatenrundschau und des Jubiläums „180 Jahre deutsche Presse in Kronstadt“, und die unter anderen in der Karpatenrundschau, dem Deutschen Jahrbuch für Rumänien und der Siebenbürgischen Zeitung erschienen sind. Dabei wird der Beitrag der Herausgeber, der Redakteure und nicht zuletzt der Buchdrucker, auf deren Zusammenspiel es stets ankam, gewürdigt. Die deutschsprachigen Publikationen waren stets ein Spiegel ihrer Zeiten.
Fast zwei Jahrhunderte Geschichte
Alles fing am 24. Mai 1837 an, als die erste Ausgabe des Siebenbürger Wochenblatt, herausgegeben und gedruckt von Johann Gött als Gründer und Eigentümer, und Wilhelm Nemeth. In den Jahren, die darauf folgten, wurden zahlreiche weitere deutsche Publikationen gedruckt. Nach der Instaurierung des Kommunismus in Rumänien gab es eine 13-jährige Pause, bis am 30. Mai 1957 die erste Ausgabe der deutschsprachigen „Volkszeitung“, die sich elf Jahre später, am 1. März 1968, in „Karpatenrundschau“ umbenannte und ab dann als überregionale „Wochenschrift für Gesellschaft, Politik und Kultur“ in allen Landesteilen Rumäniens mit deutschem Bevölkerungsanteil vertrieben wurde. Im Band findet man interessante Informationen über die 60-jährige Geschichte des Wochenblattes im Wandel der Zeit, über dessen Mitarbeiter und Redakteure, über Gestaltung und Druck der Zeitung aber auch über die vielen Initiativen, die von den Redakteuren ausgegangen sind. Dazu zählen, unter vielen anderen, das Interesse und die Förderung des deutschsprachigen Unterrichtswesens, die Möglichkeit, die den deutschsprachigen Lyzeen aus Rumänien geboten wurde, ihre Schülerzeitungen als Beilage zu veröffentlichen, das Organisieren von Rundtischgesprächen zu verschiedenen Themen oder das Schüler-Taschenbuch „Ich hab´s“, deren letzte Ausgabe wegen der politischen Wende mit dem Aufdruck „Das Volk hat den Tyrannen gestürzt“ erschien. In einem weiteren Artikel wird auf die unsicheren Zeiten nach der politischen Wende eingegangen, die einerseits die Meinungsfreiheit mit sich brachten, andererseits aber auch die Schwierigkeit, als deutsche Publikation zu überleben. Zum Glück wurden alle Krisen überwunden und die Zeitung kann weiterhin erscheinen.
Erinnerungen und Grußworte
Es folgen Grußworte, die in den Jahren 2007 und 2017 zum 50. bzw. 60. Jubiläum der Karpatenrundschau in der Redaktion eintrafen. Ehemalige und gegenwärtige Mitarbeiter, Pressekollegen und enge Freunde des Wochenblattes wie Hannes Schuster, Gernot Nussbächer, Hannelore Baier, Paul-Jürgen Porr, Ovidiu Ganț, Frieder Schuller, Dr. Michael Kroner, Dr. Carmen E. Puchianu, Beatrice Ungar schreiben über die Entstehungsgeschichte der Zeitung und über Rolle der Karpatenrundschau in der rumänischen Pressegeschichte, berichten aber auch über persönliche Erinnerungen aus ihrer Zeit in der Redaktion und erzählen dabei manche Anekdote. Ebenfalls findet der Leser im Band ein Portrait von Dieter Drotleff, gezeichnet von Christine Chiriac, in dem von dessen langjährigen Engagement für die deutsche Gemeinschaft berichtet wird. Besonders wertvoll sind die Artikel von Gernot Nussbächer zur Geschichte des Siebenbürger Wochenblatts, der Kronstädter Zeitung und der Publikation „Die Karpathen“, aber auch über den Bucdrucker und Verleger Johann Gött, der zeitweilig auch Bürgermeister von Kronstadt war.
Regt den Leser an, die Kollektionen durchzublättern
Besonders informationsreich sind auch die Anlagen des Bandes. Neben der Übersicht der Kronstädter deutschsprachigen Pressepublikationen findet man auch eine Liste aller Angestellten der KR und der Volkszeitung im Laufe der Jahre und einen interessanten Bildanhang. Es werden, unter anderen, abgebildet: der Beschluss für den Kulturverdienstorden 1. Klasse für die KR im Jahr 1962, die Titelseite der 1. Ausgabe der Volkszeitung und der Karpatenrundschau, Kalender für die Leser, Einladungen und Plakate und Kulturveranstaltungen, Fotografien vom Silberdistel-Literaturpreis, aus dem im Winter 1989-1990, als das Kronstädter Pressehaus von Militärangehörigen bewacht wurde und von einem königlichen Besuch in der Redaktion im Jahr 1992. Wie auch sein Herausgeber Dieter Drotleff im Vorwort meint, ist der Band Im Spiegel der Zeit als „eine wichtige Ergänzung zur Kronstädter deutschsprachigen Pressegeschichte der Nachkriegsjahre zu betrachten, die hoffentlich noch Jahrzehnte überleben wird“.
Der Band bietet neue und spannende Informationen für die Leser und regt an, die Kollektionen der „Karpatenrundschau“ und der „Volkszeitung“, die sich in unserer Redaktion befinden (und die auch digitalisiert wurden) zu durchblättern. Sie sind eine wichtige Dokumentationsquelle über Menschen, Kultur und Geschichte in Siebenbürgen. Sie sind als Spiegelbild vergangener Tage zu betrachten und zeigen, dass sich manchmal die Geschichte wiederholt, dass sich im Laufe der Jahrzehnte vieles verändert und vieles gleich bleibt.