In diesen Zeiten der Corona-Einschränkungen, da das religiöse, soziale und wirtschaftliche Leben weltweit auf ein Minimum reduziert ist und die Politiker es als Erfolg betrachten und froh sind, wenn ihre Bürger mit dem nackten Leben davonkommen, muss ich immer wieder an die Schiffsreise des Apostels Paulus denken, wie sie uns in der Apostelgeschichte, Kapitel 27, geschildert wird: Paulus, als ein von Gott begnadeter, geisterfüllter Mann riet wegen der durch die Jahreszeit bedingten schlechten Wetterlage von der Reise ab, doch da er als Häftling mit dabei war, hörte niemand auf ihn. Es zeigte sich aber bald, dass sein Ratschlag realistischer war als die Überlegungen des militärischen Hauptmanns, des Steuermanns und des Schiffsherrn, denn das Schiff geriet durch einen anhaltenden Sturm in Seenot. Zuerst verzichteten sie auf die Steuerung des Schiffes und ließen es treiben. Am zweiten Tag warfen sie die Ladung ins Meer und am dritten „mit eigenen Händen das Schiffsgerät“. Nach weiteren vielen Tagen verloren sie alle Hoffnung auf Rettung. Vierzehn Tage lang hatte man nichts gegessen, nur mit dem Sturm gekämpft.
Da trat Paulus auf und als Erstes schalt er die Männer, die in Kreta nicht auf ihn gehört hatten, dann ermahnte er sie, unverzagt zu sein, denn keiner werde umkommen als allein das Schiff. Diese Information hatte er von einem Engel seines Gottes erhalten, der ihn sicher bis vor den Kaiser bringen wollte. Und dieser Gott hatte seinem Diener Paulus alle Mitreisenden samt der Schiffsmannschaft „geschenkt“. Das waren nicht etwa zwanzig oder dreißig, sondern zweihundertsechsundsiebzig Menschen. Als die Schiffsleute merkten, dass sie sich dem Land näherten, wollten sie auf dem Beiboot flüchten, aber Paulus verhinderte das und als später, nach dem Auflaufen des Schiffes auf eine Sandbank, die Soldaten alle Gefangenen töten wollten, damit sie nicht entfliehen, da untersagte der Hauptmann ihnen das, um Paulus am Leben zu erhalten. Vorher aber hatte Paulus in priesterlicher Weise die Schiffsgemeinschaft mit kräftigen Worten ermutigt, zu essen und zuversichtlich zu sein betreffend ihre Rettung. Dann nahm er Brot, dankte und alle aßen und wurden guten Mutes. Schließlich konnten sich alle von dem gestrandeten Schiff an Land retten.
Wie damals im Kleinen das Schiff, so wird heute die ganze Welt vom Corona-Sturm hin und her geworfen und Fachleute, Politiker und Magnaten sind eifrig bemüht, eine Katastrophe für die Menschheit zu vermeiden; das Militär ist auch helfend dabei. Ähnlich wie damals der Apostel Gottes als Gefangener, so nimmt sich heute die Kirche aus in diesem Treiben aus: Den Anordnungen der Regierenden folgend und von niemandem beachtet. Und Fesseln hat man ihr auch verpasst. Was vorher als wertvolle Errungenschaften und Schätze galten, scheint jetzt hinderlich und gefährlich zu sein, und die das Sagen haben, werfen alles über Bord, um Leib und Leben zu retten. Noch sind wir mitten im Sturm und es wagt niemand, sich an Güter und Werte zu klammern, denn sie scheinen uns verzichtbar im Ringen um die Existenz. Selbst die real gegebene Möglichkeit, dass dies jetzt Aufgegebene insgesamt unwiederbringlich verloren geht, nehmen wir in Kauf. Diese unsere jetzige Einstellung dürfen wir später nie vergessen und nicht mehr verlassen, denn sie ist zutiefst wahr: Das Leben ist mehr als die Nahrung und der Leib ist mehr als die Kleidung (Matth. 6,25). Von den Schiffsbrüchigen in der Apostelgeschichte wissen wir, dass sie ihren weiteren Zielen nachgingen, ohne sich um die Verluste zu kümmern. So will Gott uns haben: Auf das Zukünftige ausgerichtet, ohne dem Verlorenen und Vergangenen nachzutrauern.
Und noch etwas können wir bei Paulus lernen: Wie er damals für den Richterstuhl des Kaisers aufgespart wurde und mit ihm die gesamte Besatzung und alle Passagiere am Leben blieben, so werden auch wir „nicht sterben, sondern leben und des Herrn Werke verkündigen“ (Ps. 118,17) und schließlich vor den Richterstuhl Christi gestellt werden. Die Mühe der Schiffsleute in allen Ehren, aber die richtungsweisende, die befreiende, die erlösende Botschaft wird doch nur von Gott kommen durch den Mund seiner Diener. Und das nicht so sehr in tröstenden Worten an die Passagiere gerichtet, sondern in Worten der Ermahnung und der Ermutigung an die Verantwortungsträger. Und wehe, die Diener Gottes schweigen! Dann werden sie das Schicksal des Propheten Jona teilen, der Gottes Botschaft in Ninive nicht verkünden wollte und der dann auf der Flucht vor Gott von den Schiffern über Bord geworfen werden musste, damit der Sturm nachließ. Im Bauch des Fisches hatte er dann Zeit zu meditieren und Buße zu tun. Das ist auch heute für die Kirche die Alternative zu ihrem Auftrag.