Zehn Jahre Galerie Jecza

Zwischen Aufarbeitung und Aufbruch

100 Künstler, 50 Ausstellungen und zahlreiche Projekte – die Jecza-Galerie wird in diesem Sommer zehn Jahre alt.
Foto: privat

Es war ein gescheiterter Weltuntergang, welcher als Auftakt für eine junge zeitgenössische Kunstgalerie diente. Am 23. Juli 2011 stellte der kontroverse Künstler Dumitru Gorzo in den neuen Räumlichkeiten der Jecza-Galerie aus. Mit der Auswahl Gorzos wollte Andrei Jecza eins gleich vorweg nehmen: Seine Galerie würde sich auf zeitgenössische Kunst konzentrieren, und sie möchte an einen Markt anknüpfen, der sich im Westen längst etabliert hat. Dabei war und ist sich der junge Galerist durchaus bewusst, dass er dafür mit einer Eigenart hervorstechen muss. 

Als rumänische Galerie, die junge rumänische Künstler vertritt, weckt er schon mal das Interesse westlicher Sammler, die in den letzten Jahren zunehmend auf den Geschmack osteuropäischer Kunst gekommen sind. Ein weiteres Aushängeschild ist die alte Garde, die Jecza vertritt. Künstler,  welche die 1960er und 70er Jahre geprägt haben. 

Einer dieser Künstler war sein Vater selbst – der Bildhauer Peter Jecza. Er ist auch der Grund, weshalb es für den Galeristen nicht nur eine finanzielle, sondern auch eine persönliche Entscheidung gewesen ist, auch Künstler der Vorwende zu vertreten. 

Somit hat die Jecza-Galerie in den letzten Jahren zwei Welten zusammengeführt: Die junge Welle talentierter rumänischer Künstler, die allem voran experimentierfreudig sind, und die Generation der unterdrückten Künstler, für die „Experiment“ gleich „regimefeindlich“ bedeuten konnte. Zwischen totaler schöpferischer Freiheit und Einschränkung durch Zensur wurden in den Räumen der Galerie Werke ausgestellt, die so einzigartig sind, wie die Künstler selbst. 

Alte und neue moderne Kunst

Radu Oreian, Mircea Popescu, Pusha Petrov, Paul Neagu und Iosif Kiràly sind nur einige der Künstler, welche die Galerie ausgestellt hat. 

Die Werke sind manch-mal politisch, sehr oft philosophisch, wie es sich halt für einen jungen Künstler schickt. Und sie finden meistens einen Anker in der post-kommunistischen Wirklichkeit. Wiederspiegeln das Leben nach dem Fall Ceau{escus, ob direkt, wie etwa im Fall Vlad Ardeleanus, oder als Nebenprodukt. Gerade dieser historische Hintergrund, der in vielen westlichen Ländern fremd ist (sogar in Deutschland trotz Wiedervereinigung), macht die Künstler so interessant. Es ist ein Einblick in eine andere Welt, die noch immer in der Vergangenheit festhängt, selbst 30 Jahre später. In diesem Rhythmus könnte man fast schon davon ausgehen, dass es fast genauso lange dauern wird, die Last der kommunistischen Vergangenheit abzuschütteln, wie lange es die Volksrepublik gab. 

Aber es werden auch andere Facetten der heutigen rumänischen bzw. osteuropäischen Gesellschaft angerissen. Starke Diskrepanzen zwischen bestimmten Minderheitengruppen und der Mehrheitsbevölkerung oder die zunehmende Verwestlichung und die klare Uniformierung auf globaler Ebene der Gesellschaften. Der verspätete „Amerika“-Effekt, der in einem Land wie Deutschland in den 1950er Jahren stattfand und erst jetzt in einem Land wie Rumänien angekommen ist. Zumindest lässt aber die kritische Gegenreaktion darauf nicht auf sich warten. 

Zehn Jahre Jecza-Galerie bedeuten somit auch zehn Jahre Wandel, sowohl in als auch durch die Kunst. Gorzos Weltuntergang und Ioan Augustin Pops „Urbane Archäologie“ haben im Sommer 2011 schon einmal das Publikum darauf eingestimmt, was folgen wird: Eine Dekonstruktion des Alten, ein verrückter Versuch eines Wiederaufbaus und die Geburt von etwas Neuem. Tod, Wiedergeburt, Tod und Geburt. 

Zahlreiche Exkurse durch Rumäniens oft übersehene zeitgenössische Kunstszene der Ceau{es-cu-Ära sowie der Aufbruch ins Neue, Dank bemerkenswerter Arbeiten junger Künstler, die in den 1990er Jahren aufgewachsen sind, und zwar mit importierter Kultur, und auf der Suche nach der eigenen Stimme sind. 

Die Jecza-Galerie ist soweit eine Erfolgsgeschichte. Mit zahlreichen Ausstellungen zu Hause sowie im Ausland. Mit über 100 ausgestellten Künstlern, 50 Ausstellungen und mit Projekten zur Wiederentdeckung älterer Künstler, die selten eine Plattform hatten, um sich und ihre Kunst kenntlich zu machen. 


Die offizielle Webseite www.jeczagallery.com dokumentiert ein Jahrzehnt zeitgenössische Kunst in und über Temeswar.