Zugebissen: Habemus Regierung!


Weißer Rauch stieg am Wochenende aus dem Cotroceni-Palast und zeigte Rumänien und der Welt, dass man sich doch geeinigt hatte. Präsident Nicu{or Dan konnte nun die Beauftragung Ilie Bolojans, eine Regierung zu bilden, bekannt geben. Anscheinend saßen sich die beiden mehrere Stunden gegenüber, legten sich gegenseitig Tabellen vor, lösten gemeinsam komplizierte Mathematikaufgaben und waren sich am Ende einig. Die allgemeine Mehrwertsteuer wird erstmal, mit Betonung auf erstmal, nicht von neunzehn auf einundzwanzig Prozent erhöht. So konnte der Präsident sein auf einem Zettel in einer TV-Sendung während der Wahlkampagne abgegebenes Versprechen einhalten und der Premier kann diese Maßnahme im Ärmel behalten um sie, wenn er es für angebracht erachten würde, auf den Spieltisch zu werfen. 

Danach ging alles wie am Schnürchen. Die zu ernennenden Minister traten vor die entsprechenden Parlamentskommissionen, erhielten derer Befürwortung und legten den Schwur ab. So konnte am Ende der Zeremonie Präsident Dan eine von Optimismus triefende Ansprache halten. 

Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben, aber ihn auch nicht nur durch die Kritikerbrille  betrachten. Trotzdem darf man bei so mancher Tatsache skeptisch die Augenbrauen heben. Auf dem Parteitag der Union Rettet Rumänien (USR) erklärte Bolojan, bevor der Slogan der Partei „Bereit für den Aufbau“ eingeblendet wurde, dass man zuerst bereit sein müsse, abzureißen. Und zwar: überflüssige Staatsstrukturen, Nepotismus, kuschelige Funktionen innerhalb des Staatsapparats usw. Ausgehend von dieser Aussage hätte man auch ein eher schlankes Kabinett erwartet, denn mit gutem Beispiel sollte man vorangehen, doch besteht dieses aus sechzehn Ministern und nicht weniger als fünf Vizepremiers. In der Person des Unternehmers Drago{ Anastasiu hat sich Bolojan sogar seinen eigenen Elon Musk zugelegt. Anastasiu ist zuständig für die Koordinierung der Reform des Staatsapparats. Klingt doch irgendwie bekannt, oder? Es wird sich zeigen, ob das rumänische Vorhaben besser funktionieren wird als das amerikanische Vorgängermodell. Skeptisch dürften auch die sein, die mit komplett neuen Gesichtern im Kabinett gerechnet haben: nicht weniger als acht Minister führten Ministerien in der Regierung Ciolacu 2. 

Wie eine Schallplatte, bei der die Nadel an der gleichen Stelle hängen geblieben ist, hören wir erneut von einer erwünschten Effizienz eines schlanken Staatsapparats, von der Ausrottung der Korruption, von der Besteuerung der Sonderrenten, von der Reform der Verwaltung, Steigerung der Investitionen, Abschöpfung von EU-Förderungen und all den schon seit 35 Jahren kolportierten Maßnahmen, die Teil eines jeden Regierungsplans waren, um dann in der einen oder anderen Schublade zu verschwinden. Man darf abwarten und hoffen.

Sieht man sich aber die Maßnahmen an, die am Anfang des Regierungsplans stehen, muss man feststellen, dass manches beim Alten bleibt. Die unterschiedlichen Steueranhebungen, die anstehen, zeigen, wer wieder einmal der Retter in der Not sein soll: die Politik verbockt es und der Mittelstand und die Wirtschaft werden zur Kasse gebeten. Da sind die Entschuldigungen des frisch eingesetzten Premiers für die Lage, in der sich das Land befindet, auch nicht wirklich ein Trost. Viel bekannter und vertrauter ist der Zynismus, mit dem Ex-Premier Ciolacu seine Amtszeit, der die finanzielle Notlage des Landes zu verdanken ist, bewertet: „Ich warte noch immer auf die angekündigte Katastrophe. Ich bin seit 45 Tagen nicht mehr im Amt und habe noch nichts davon gemerkt.“    

Sonst sehen die Vorzeichen für die Zukunft gut aus: Ex-Präsident Ion Iliescu scheint es gesundheitlich wieder besser zu gehen und die rumänische U19-Nationalfußballmannschaft hat es bei der Europameisterschaft, die in Bukarest ausgetragen wird, bis ins Halbfinale geschafft.