Zugebissen: Machtmissbrauch des Verfassungsgerichts


„Ab nun können wir nicht mehr überprüfen, wie das Vermögen der Würdenträger sich entwickelt, die öffentliche Ämter bekleiden. Bei der Nordis-Recherche, zum Beispiel, hätte die Öffentlichkeit nie erfahren können, wie viel Schmuck und Uhren im Wert von Millionen Euro die PSD-Abgeordnete Laura Vicol gehortet hat, auch nicht, wie deren Vermögen beachtlich anwuchs, genau in jenen Jahren, als sie die Kunden übers Ohr haute, indem sie sie animierte, nicht existierende Appartements zu kaufen.“

Alex Nedea, einer der Investigativjournalisten des Recorder-Teams, schreibt das als Reaktion auf die moralisch dreckige Verfügung des Verfassungsgerichts CCR vom 29. März 2025, derzufolge Vermögenserklärungen öffentlicher Würdenträger nicht mehr öffentlich zu machen sind. Der Augenblick der Veröffentlichung dieser Verfügung war kein Zufall: drei der Verfassungsrichter müssen in den nächsten Wochen ersetzt werden, mit der Bildung einer neuen Regierung murksen die vier pro-europäischen Parteien herum, der am 18. Mai gewählte neue Präsident N. D. Dan hat weder eine starke Partei noch eine durchschlagskräftige Institution hinter sich und CCR zehrte noch vom Sympathiebonus der Pro-Europäer, den ihm die Annullierung der Präsidentschaftswahlen vom Spätherbst 2024 eingebracht hat.

Also setzte er zum Schlag in eigener Sache an, der eine Restauration einleitet, wie sie nicht einmal der feige faschistische Mystiker C˛lin Georgescu erträumt hat. Nie und nimmer wird die Integritätsbehörde ANI es schaffen, die Arbeit der Investigativjournalisten zu ersetzen. ANI verbleibt aber die einzige Institution, die uneingeschränkten Einblick hat in die Vermögenserklärungen rumänischer Würdenträger. ANI-Usus ist es jedoch, erst aktiv zu werden, wenn an sie eine Beschwerde oder sonst eine auf eine Auffälligkeit oder Ungereimtheit hinweisende Anzeige gerichtet wird. Doch die Zivilgesellschaft, unter normalen Umständen zum Hinweisschreiben berufen, hat keinen Einblick mehr in die Millionen Vermögenserklärungen, die – nach wie vor – abgegeben werden müssen. (Ein weiterer „Zufall“ zum rechten Moment: CCR hat seine „Meisterleistung“ kurz vor dem Termin veröffentlicht, an dem die Vermögenserklärungen für 2024-25 zu aktualisieren sind…).

Der Philosoph, Literat und moderate politische Kommentator Andrei Cornea nennt die Entscheidung des CCR einen „Etappensieg des Autoritarismus“. Er sieht die Entscheidung „im erweiterten Kontext der Konfrontationen der liberalen Demokratien mit ihren Feinden: den Destabilisierungsbestrebungen Russlands, konjunkturell alliiert mit der MAGA-Ideologie.“ Die Sympathien/Zweifel, die CCR im Dezember mit der Annullierung der Präsidentschaftswahl auslöste und die zum Sieg des Pro-Europäers Dan am 18. Mai führten, erführen nun ihre Diskreditierung durch einen Glaubwürdigkeitsverlust des CCR – der (und darin sind sich nahezu alle Kommentatoren einig) zu einem Überdenken und einer Neuformulierung des Gründungsgesetzes des Verfassungsgerichts (auch von dessen Zusammensetzung) führen muss. 

Dass es sich bei dieser Entscheidung des Verfassungsgerichts – absolut unabhängig von seiner Begründung! – um bedeutend mehr handelt als um eine Schutzmaßnahme in eigener Sache – wie unlängst beim CCR-Stopp der politischen Beschneidungsversuche der Sonderrenten-Privilegien der Richter- und Staatsanwaltskaste – das liegt auf der Hand. In einem Augenblick, wo die Politik von uns allen „da unten“ verlangt, finanzielle Opfer hinzunehmen, kommt das Verfassungsgericht und bietet „denen dort oben“ die Möglichkeit, ihr und das Vermögen all ihrer näheren Verwandten geheimzuhalten. So entwürdigen die Verfassungsrichter all jene zu fiskalischen Zahlungstrotteln, die sie als ihnen nicht ebenbürtig sehen.

Auch das ist CCR-Machtmissbrauch, ausgeübt im Namen aller Privilegierten dieses Landes.