Die Beziehungen zwischen dem rumänischen und dem serbischen Banat, heute Teile des einst historischen Banats, waren trotz des Wechselbads von Geschichte und Politik auch nach dem Ersten Weltkrieg stets besonderer Art. Man erinnert sich an den blühenden Temeswarer Schwarzmarkt vor 1989, den die geschäftstüchtigen Serben mit Vegeta, Cipiripi, Euro-Crem oder Filter-Zigaretten speisten. In den ersten Jahren nach der Wende, während des Jugoslawien-Krieges, nützten die Banater täglich das Sprit-Embargo für die Entfaltung eines einträglichen Benzinschmuggels. Es wurde nicht nur mit Autos, Zisternen, Booten – das heißt höchst organisiert – geschmuggelt, sondern auch mit allerhand Privatinitiativen, etwa per Eisenbahn als getarnter Tourist: So versteckten sie das in Colaflaschen abgefüllte Benzin im Zug, um es dann in Serbien an verschiedenen Marktplätzen im Handumdrehen, für gutes Geld bzw. DM, loszukriegen. Eine einzige Zugreise von Temeswar bis zum ersten Ort in Serbien brachte einen kolossalen Gewinn, meist höher als ein damaliger Durchschnittslohn. Lange Jahre, bis vor Kurzem, wurde an der rumänisch-serbischen Staatsgrenze in ihrer Gesamtlänge ein florierender Zigarettenschmuggel verzeichnet. In den letzten beiden Jahren hat sich der Schwarzmarkt durch die getroffenen Maßnahmen von einem Anteil von 36 Prozent des gesamten rumänischen Zigarettenmarkts auf 13 Prozent verringert. Das macht aber immerhin 400 Millionen Euro Steuerverluste für die Staatskasse aus. Serbien ist nun zum Herkunftsland Nummer Eins für Schmuggelzigaretten avanciert.
Dass das Geschäft mit den Zigaretten weiterläuft, zeigt ein kürzlicher nächtlicher Zwischenfall in Schag bei Temeswar. Hier wurden neben der Bahnüberführung Säcke mit 200 Zigarettenpackungen entdeckt. Die nichtverzollten Monte-Carlo-Zigaretten (ohne Steuermarke), wahrscheinlich aus den Duty-Free-Shops an der Grenze, waren der Grenzpolizei durch die Lappen gegangen. Bei Schag aus dem Zug Belgrad – Temeswar geworfen, sollten die Zigaretten mit einem Mercedes weggeschafft werden. Die Polizei kam den Schmugglern jedoch zuvor.
Vom Schmugglerweg zur Tourismus-Route
Zwischen Serbien und Rumänien, vor allem zwischen Serbien und den Landeskreisen Temesch und Karasch Serverin, dreht sich jedoch nicht alles um den Zigarettenschmuggel: In den letzten Jahren, nach Rumäniens EU-Beitritt, wurde in allen Bereichen eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Präfekturen und Kreisräten angebahnt. Am erfolgreichsten waren jedoch die zahlreichen Gemeinschaftsprojekte, die im Rahmen des Kooperationsprogramms Serbien-Rumänien in den Bereichen Infrastruktur oder Kultur von Ortschaften und Partnern diesseits und jenseits der Staatsgrenze durchgeführt wurden.
Mitte Juni erfuhren die rumänisch-serbischen Beziehungen bzw. die zwischen Temeswar und Werschetz eine neue Etappe: Ab 12. Juni verkehren täglich zwei Zugpaare des Typs Desiro, auch als „Blauer Pfeil“ bekannt, zwischen der Stadt an der Bega und der serbischen Stadt Werschetz, 14 Kilometer von der rumänischen Grenze entfernt. Diese neue Schnellverbindung (Dauer zwei Stunden, Reisekomfort in modernen, klimatisierten Eisenbahnwagen), die nun zu der klassischen Zugverbindung Belgrad-Bukarest kommt, wird laut Alexandru Silvăşan, Direktor von STFC Temeswar, den Bahnverbindungen zwischen der Westregion und Serbien eine neue Qualität verleihen. Doch es soll nicht dabei bleiben: In nächster Zukunft sollen zwei neue Verbindungen auf den Routen Valcani – Kikinda und Orawitza – Jam – Ianosevo eröffnet werden.
Der „Blaue Pfeil“ hat jeden Morgen Abfahrt vom Temeswarer Nordbahnhof um 5.40 Uhr und Ankunft in Werschetz um 7.29 Uhr, darauf Abfahrt um 16.48 Uhr und Ankunft um 18.39 Uhr. In Werschetz hat der Zug Abfahrten um 8.10 und 19.20 Uhr, Ankunft in Temeswar jeweils um 9.45 bzw. 20.55 Uhr. Eine Zugfahrt erster Klasse kostet 7,6 Euro, eine Fahrt zweiter Klasse fünf Euro. Für Kinder gilt eine Preisermäßigung von 50 Prozent.
Für Banater, die an der Geschichte und dem Kulturerbe des historischen Banats interessiert sind, lohnt es sich, die alte, traditionsreiche Stadt Werschetz (85 Kilometer von Belgrad entfernt, zum Bezirk Wojwodina gehörend) zu besuchen. Die Stadt, seit Jahren auch Partnerstadt von Lugosch, hat heute über 35.000 Einwohner. 1931 zählte das Städtchen noch 13.000 Deutsche. Von dieser starken deutschen Präsenz spricht heute die imposante Kirche des Heiligen Gerhard im Stadtzentrum. Sie gilt als größte römisch-katholische Kirche Serbiens. Für all jene, die ein Faible für nostalgische Tourismus-Routen haben, bietet Werschetz auch die Festung aus dem 15. Jahrhundert, den guterhaltenen historischen Stadtkern aus dem 19. Jahrhundert oder die in ganz Europa berühmten Weinkeller.