„Alle sind wir Rumänen ... mehr oder weniger ehrliche!" Auch im Caragiale-Jahr findet sich für jede politische Situation ein treffendes Zitat aus dem Kenner rumänischer Mentalitäten. Der Satiriker griechischen Ursprungs zog es vor, seinen Lebensabend in Berlin zu verbringen, blieb aber bis zuletzt in reger Korrespondenz mit seinem Herkunftsland. Manche deuten diesen Rückzug aus Rumänien mit Verzweiflung ob der Unmöglichkeit, sich mit der zutiefst verwachsenen Balkanisierung von Land und Volk weiterhin anzulegen. Was würde Caragiale aber zu der Volksbefragung sagen, die Sonntag stattfindet?
Am ehesten würde er wahrscheinlich Cezar Preda, dem Ersten Vizepräsidenten der PDL Recht geben, der in einem Werbespot seiner Partei, für einen Politiker Rumäniens überraschend ehrlich, daherkommt und letztendlich meint, egal wie „das Volk“ auch stimmen wird, letztendlich wird es „der Verlierer und Beschuldigte“ sein, indem von der „politischen Klasse“ als Blitzableiter benutzt wird.
Bleibt Băsescu im Amt qua Volksentscheid, wird sich nichts ändern und er selber wird das Ergebnis als Bestätigung seines politischen Rüpelkurses deuten und wéiterhin sich nach Herzenslust den Übertretungen seiner verfassungsmäßig begrenzten Machtbefugnisse hingeben. Schaßt ihn „das Volk“ (laut Heine: „der große Lümmel“), gibt es keinerlei Garantie für das Kommen eines Besseren. Denn diejenigen, die seine Amtsenthebunge initiiert haben – und das sind Victor Ponta und Crin Antonescu nur als Spitze eines Eisbergs und als Exponenten einer politischen Strömung, die zurecht meint, von diesem Player-Präsidenten sei es nun genug – haben sich in kürzester Zeit als genauso skrupellos und verfassungsverachtend erwiesen wie der, den sie absetzen wollen.
Was soll „das Volk“ also tun? Das einfachste wäre, sich nicht zur Amtsenthebung des Präsidenten zu äußern, also am Sonntag nicht zu den Urnen zu gehen. Wäre Băsescu tatsächlich ein Politiker mit Rückgrat – wie er vorgibt und wie ihn westeuropäische Spitzenpolitiker und Medien ohne auditur alter pars hochstilisiert haben – würde er Wort halten und zurücktreten (die Vorteile, die ihm als Ex-Präsident per Gesetz winken, würde er ja sowieso nicht verlieren). Aber so prinzipienstramm er sich immer wieder gibt, solche Versprechen hält er nicht – nicht ohne, echt byzantinisch, das halbglaubhaft und großdemagogisch zu begründen. Das selbe gilt natürlich gegenteiligenfalls für seine Hauptkontrahenten, die ebenfalls öffentlich ihren Rücktritt angeboten haben.
Geht „das Volk“ aber am Sonntag zu 50 Prozent plus ein Wähler zur Volksabstimmung und die Demoskopen behalten recht mit ihren Prognosen, dann wird Traian Băsescu abgewählt – und wahrscheinlich kommt mit Crin Antonescu ein schlimmerer und unberechenbarerer an seine Stelle.
„Adieu Europa!“, titelte schon vergangene Woche das Wochenblatt „22“ der Gruppe für Sozialen Dialog, indem es die „Aktionen und Erklärungen von Crin Antonescu und Victor Ponta, die das Abendland skandalisiert haben“ kommentierte.
Verabschieden wir uns also am Sonntag in jedem Fall von Europa?