Als das Pronomen verhaftet wurde...

Lesung mit Texten der Aktionsgruppe Banat im DSTT

Der Autor Ernest Wichner und Alina Baciu, Leiterin des Deutschen Kulturzentrums Temeswar, v.r.n.l. im Vorgespräch zu dem Literaturevent im DSTT.
Foto: Zoltán Pázmány

Es sind vier Jahrzehnte seit der Gründung der Aktionsgruppe Banat, nicht nur ein schönes Stück Literatur sondern auch ein nachhaltiges Ereignis in der Herausbildung der modernen deutschen Literatur in Rumänien.

 

Die Lesung mit Texten dieser Autorengruppe, die das Deutsche Kulturzentrum Temeswar in Zusammenarbeit mit der deutschen Schauspielabteilung der Temeswarer Musikfakultät im DSTT-Foyer veranstaltete, zeigte anhand eines interessierten, großteils jungen Publikums, wie hochaktuell diese Literatur nach wie vor hier und heute ist. Mit von der Partie waren zwei der ehemaligen Gründungsmitglieder, Ernest Wichner und Werner Kremm.

 

Der Autor und Literaturkritiker Ernest Wichner (Herausgeber von zwei wichtigen Anthologien der Gruppe), seit 2003 Leiter des Literaturhauses Berlin, bot einen Vortrag über dieses Sonderkapitel der Banater deutschen Literatur von dem auslösenden Pressegespräch der neun jungen Autoren „Am Anfang war das Gespräch“, 1972, bis zu der Zerschlagung der Gruppe, 1975, durch die Securitate.

 

Einfühlsam und erklärend (wichtig für die junge Generation) wirkten seine Ausführungen über das ästhetische und politische Programm der Gruppe, aber auch über den nationalen und internationalen Kontext mit Franco-Diktatur und Vietnam-Krieg, sowie die kurzen Chronik der Bespitzelung der Autoren und Mundtotmachung durch den Geheimdienst, den Einfluss auf die junge rumänische Literatur.

 

Dazu auch eines der zahlreichen Zitate: „Die rumäniendeutsche Literatur durfte vielleicht mehr als die rumänische, aber, und das ist sicher, sie wagte auch mehr“ (Richard Wagner). Rückblickend kann die Aktionsgruppe nicht nur als wichtige Etappe der modernen rumäniendeutschen Literatur sondern auch als eine der bedeutendsten Dissidentenbewegungen der 70ger Jahre in Rumänien betrachtet werden.

 

Die anschließende Lesung bzw. Gedichtcollage - Es lasen die deutschen Schauspielstudenten Isa Berger, Paul Cebzan, Richard Hladik und Seline Matei unter der künstlerischen Leitung von Ida Jarcsek-Gaza- vereinte Texte der neun Autoren Albert Bohn, Rolf Bossert, Werner Kremm (Dichterlesung), Johann Lippet, Gerhard Ortinau (Die Moritat von den zehn Wortarten...), Anton Sterbling, William Totok, Richard Wagner und Ernest Wichner.

 

Überraschend die Einfügung des Stücks „Die Nacht des schlaflosen Kellners“, eines neuen Theatertextes von Gerhard Ortinau. Die anschließende Diskussion brachte nicht nur weitere Erklärungen und Erinnerungen über diese Epoche. Diese Gesprächsrunde mehrerer Banater Generationen stellte erneut unter Beweis, dass das Thema Aktionsgruppe Banat auch nach vierzig Jahren eines von gleichbleibender Aktualität ist.