Es war Anfang des 19. Jahrhunderts, einer Zeit großer Unruhe in Europa: Die Heere Napoleons bedrohten ein Land und ein Reich nach dem anderen, dazu die gesamte alte Staatsordnung auf dem Kontinent. Napoleon erklärte Österreich am 23. September 1809 den Krieg. Am 13. November marschierten die französischen Heere in Wien ein. Nach dem vernichtenden Sieg von Austerlitz, Dezember1805, musste Österreich drückende Friedensbedingungen annehmen. Während des 5. Koalitionskrieges 1809 entschloss man sich in Wien, den Kaiserschatz in Sicherheit zu bringen. Noch zur rechten Zeit, denn am 13. Mai 1809 besetzten die Franzosen wieder Wien. Die Österreicher hatten sich für ihre entfernte Grenzprovinz, das Temeswarer Banat, an der Militärgrenze zum Osmanischen Reich entschieden. Eines Tages rollten schwer beladene, von einer starken bewaffneten Eskorte der Wiener Stadtpolizei begleitete Wagen durch das nördliche Tor der Temeswarer Festung. Wichtige Staatsschriften und Sammlungen des kaiserlichen Naturalienkabinetts wurden zur Aufbewahrung hierher gebracht, sorgsam verpackt, alles genau aufgeschrieben, wie viel Stücke und welcher Art. Die Akten über die Unterbringung des kaiserlichen Fluchtgutes und seiner Begleiter trugen bei der Stadtverwaltung die Bezeichnung “Naturalienkabinett aus Wien“. Nur wenige Eingeweihte wussten, dass sich unter dieser Bezeichnung der deutsche Kaiserschatz, Krone und Schwert und die anderen kostbaren Insignien des Römischen Reiches Deutscher Nation verbargen. Unter den starken Kellerwölbungen des alten Franziskanerklosters (später Piaristengymnasium , dann städtische Musikschule) in dem seit einigen Jahrzehnten die Piaristen ihr Gymnasium unterhielten, fanden die Reichsinsignien sichere Unterkunft, bewacht von den Angehörigen des erst vor kurzem aufgestellten Schützenkorps der deutschen Bürgerschaft. Die Söhne und Enkel der deutschen Neugründer von Temeswar, die aus den verschiedensten Gegenden des Reiches stammten, aus den österreichischen Erblanden, aus Bayern und Thüringen, aus Württemberg und vom Rhein, hätten sie zu noch höherem Dienst aufgerufen werden können als zur Behütung der alten deutschen Kaiserkrone? Und während weit draußen im Blutgewitter des Krieges das alte deutsche Kaiserreich zerbrach, standen hier Freiwillige mit Säbel und Gewehr…
(Aus „Temeschburg,Temeswar,Timi{oara“, HOG Temeschburg 1994)
Redaktion der Seite: Balthasar Waitz