In festlichem Rahmen veranstaltete das Demokratische Forum der Deutschen im Banat im Temeswarer AMG-Haus, in seinem vollbesetzten Karl-Singer-Festsaal im Beisein zahlreicher Ehrengäste aus In- und Ausland eine großangelegte Jubiläumsfeier zum Thema "100 Jahre seit der Gründung des Nationalstaates Rumänien". Es war nicht nur ein Anlass, sowohl mit Für und Wider, dieses verflossene Jahrhundert, unsere gemeinsame Geschichte aufzurollen, Rückschau zu halten aber gleichzeitig sich auch mit wichtigen Zukunftsgedanken zu beschäftigen. Auf einen gemeinsamen Nenner brachte in seinem Grußwort treffend Ralf Krautkrämer, deutscher Konsul in Temeswar, die Gedanken aller: "Um die Gegenwart in ihrem ganzen Ausmaß zu verstehen, müssen wir zurück in die Vergangenheit und in die Geschichte schauen." Und fürwahr, angesprochen wurden die vitalen Fragen der deutschen Minderheit, die den historischen Beschluss vom 1. Dezember 1918 in Karlsburg begrüßt und mit dem Einzug in die große Familie des rumänischen Nationalstaates bis 2018 stets eine aktive gesellschaftliche Rolle gespielt hat. Im Festsaal zugegen waren die Vertreter des Landesforums, der Regionalforen und aller Lokalforen aus Westrumänien: So allen voran DFDR-Abgeordneter Ovidiu Ganţ, Unterstaatssekretärin Christiane Cosmatu, die Vertreter der Regionalforen Klaus Fabritius, Josef Hölzli, Antonia Gheorghiu, Johann Fernbach, dann Ignaz B. Fischer und Helmut Weinschrott, die Vertreter des Klerus Martin Roos, Alexandru Messian und Josef Dirschl aber auch Vertreter des Präsidialamtes und der Lokalbehörden. Mit einem Zitat von Wilhelm von Humboldt sprach Konsul Ralf Krautkrämer allen Anwesenden aus dem Herzen: "Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft!" Präsidialberater Sergiu Nistor hob in seiner Grußbotschaft hervor, wie wertvoll das Banat als Raum des Dialogs, das friedvolle Zusammenleben der Völkerschaften, darunter als treibende Kraft die deutsche Gemeinschaft, für das Zusammenwachsen im neuen Rumänien waren.
Roxana Kassai von der Temescher Präfektur würdigte die geschichtliche Rolle der Deutschen im Banat aber auch die entscheidenden Impulse der Banater Schwaben im "Orchester" der 19 nationalen Minderheiten des Kreises Temesch. Adrian Negoi]², Berater beim Temescher Kreisrat, kündigte an, dass das DFDB im August 2019 als Partner des Kreisrats bei der Feier "100 Jahre Banat" mitmachen wird. Abgeordneter Ovidiu Ganţ übermittelte die Grußbotschaft des DFDR-Vorsitzenden Paul Jürgen Porr und ließ keinerlei Zweifel darüber aus, dass diese schöne Jubiläumsfeier heute, im Jahr 2018 auch unbedingt ein Anstoß zum kollektiven Nachdenken abzugeben hat. Gleichzeitig übte Abgeordneter Ganţ starke Kritik an der Politik der derzeitigen Koalitionsregierung, an der weiterhin starken Korruption im Land, an den unaufhaltsamen störenden Unstimmigkeiten mit der EU: "Wir haben alle, Rumänen wie Deutsche, dringend eine Öffnung von Hirn und Seele nötig, um den richtigen Weg in die Zukunft zu finden."
Wissenschaftlich untermauert wurde das kollektive Gespräch zum Thema der Gründung des rumänischen Nationalstaates durch das folgende Symposium "Die Rolle der Minderheiten im Banat bei der Gründung des Nationalstaates Rumänien": Vorträge hielten zwei namhafte Historiker bzw. Prof. Dr. Rudolf Gräf, Vizerektor der "Babeş-Bolyai"-Universität aus Klausenburg, und Prof. Dr. Victor Neumann von der Fakultät für Sprachwissenschaften, Geschichte und Theologie der West-Universität Temeswar. Prof. Gräf ließ in seiner gutdokumentierten Geschichtsstudie das 300jährige Schicksal der Banater Schwaben auf dem Gebiet des Banats , das Werden der deutschen Gemeinschaft aus der Zeit als Krondomäne des Kaiserreichs ab 1716 wie auch in der Zeit als Provinz von Königreich Ungarn (1867-1918) aufscheinen. Hervorgehoben wurde als bedeutender Anstoß für die Herausbildung eines politischen Bewusstseins bei den Banater Schwaben die "Bogaroscher Schwabenpetition" an den Kaiser von 1948. Erklärt wurden auch die drei verschiedenen Positionen der Banater Schwaben 1918 (Gesamtzahl 500.000 Deutsche im Banat) gegenüber der Vereinigung mit Rumänien bzw. die unabhängige Republik Banat, Banat als ungarische Provinz und drittens die Vereinigung mit dem neuen Nationalstaat Rumänien.
Diese Studie unterstrich eine wertvolle und vitale Idee: Die deutsche Minderheit war und blieb ein Teil dieses Landes und hatte hierzulande im Laufe der Jahre bis heute eine entscheidende Rolle gespielt.
Der Temeswarer Historiker Victor Neumann ließ sogar aufscheinen, dass der Begriff Minderheit für das Banat nicht vollauf passend wäre. Das wegen den selbstverständlichen, engen Beziehungen zwischen den nationalen Gemeinschaften im Banat, wegen der ausgewogenen Vielvölkerstruktur: 1910 hatte Temeswar 74.000 Einwohner, davon 39.000 Deutsche, 28.000 Ungarn, 17.000 Rumänen usw. Desgleichen hatte die deutsche Sprache für viele Jahre eine vereinigende Rolle in ganz Mitteleuropa. Die Idee der Interkulturalität war im Temeswar der Zwischenkriegszeit ein lebendiges Konzept: 1933 erschienen z.B. in der Begastadt sechs Publikationen in drei Sprachen, unter den großen Eminescu-Übersetzer war Franyo Zoltan zu nennen, die Künstler, Schriftsteller und Musiker waren gemeinsam in Klubs und Vereinen tätig. Die Banater multikulturellen Werte- Diese wichtigen Aspekte wurden nach 1945 vom nationalistischen kommunistischen Regime verschwiegen oder verfälscht- brachten starke Impulse von Seiten der Minderheiten, vor allem der deutschen Minderheit, zur Stärkung und Förderung des friedlichen Zusammenlebens aller Völkerschaften in Rumänien bis zum heutigen Tag.