Zwei Veranstaltungen gab es zuletzt zum Thema Arbeitskräftemangel und Berufsausbildung im Verwaltungskreis Temesch. Unternehmer, Fachleute und Entscheidungsträger waren sowohl in Wojteg bei einem Treffen zum Thema Berufsbildung in der Landwirtschaft, als auch bei einer Konferenz zum gleichen Aspekt in der Temescher IHK dabei. Der Fachkräftemangel scheint die Firmen in der Region mehr in Anspruch zu nehmen, als die Abwanderung in Billiglohnländer. Zu Produktionsverlagerungen sahen sich zuletzt manche Unternehmen gezwungen. Schuld daran war derzeitigen Informationen nach vor allem der Mangel an verfügbaren Arbeitern. Aber auch die Gehaltsspirale, die in Rumänien durch die recht rasante Anhebung des Mindestlohnes sich fast in ihrer Gesamtheit nach oben drehte, hat manch einen Unternehmer zum Abbau von Arbeitsplätzen veranlasst, oder gar gezwungen. Die alle sechs Monate stattfindenden Mindestlohnanhebungen haben zur Schrumpfung des Personals geführt, hieß es im vergangenen Jahr in gleich mehreren Unternehmen in Temeswar.
Landwirtschaft mit Hightech
Zwei Wege scheint es derzeit zu geben, um den Fachkräftemangel zu beheben, der sich vor allem seit der Öffnung des EU-Arbeitsmarktes für Rumänien immer mehr abzeichnet. Zum einen ist es die Fachausbildung, die derzeit den Erwartungen und der Nachfrage hinterherhinkt. Wer hochtechnische Landmaschinen kauft, der braucht einen guten Fachmann in der Fahrerkabine, hieß es nicht selten im deutsch-rumänischen Bildungszentrum für Landwirtschaftsfachleute, in Wojteg. „Farmer brauchen Personal, doch es gibt fast keine Einrichtungen mehr zum Studium“, sagt Nicoleta Dragomir, Chefredakteurin der Zeitschrift Ferma, denn es werde fast wie eine „Schande angesehen, in einem Landwirtschaftslyzeum zu lernen“. Der Leiter des Bildungszentrums, Dozent Ciprian Fora, wies darauf hin, dass die Schule nun, mit ihren gezielten Ausbildungskursen eine Tradition von einem Jahrhundert fortsetzt, als Banater deutsche Bauern in Wojteg eine Landwirtschaftsschule errichteten. Ioan Păun Otiman, der Leiter der Temescher Filiale der Rumänischen Akademie und ehemalige Rektor der Temeswarer Hochschule für Landwirtschaft und Tiermedizin, wies darauf hin, dass derzeit die Schule ihrer Tätigkeit im Sinne ihrer Gründer fortsetze. Die Bedeutung des Landwirtschaftsektors zeigte der in Wojteg anwesende Vizekonsul Deutschlands in Temeswar, Frank Ufken, mit einem bildhaften Beispiel auf: „In unseren Kühlschränken ist das, was aus dem Agrarsektor kommt“. Deshalb müsse man Lobby für die Landwirtschaft machen: In Regierungskreisen und in der Bevölkerung gleichermaßen.
Viele Mitarbeiter gehen nach Westeuropa, wo weitaus bessere Löhne winken. Mit der Anhebung des Mindestlohnes hat man da jedoch scheinbar wenig entgegengewirkt, denn wer gehen möchte und kann, ist auch durch zusätzlich 50 oder 100 Euro nicht aufzuhalten. Und in Sachen Lebenshaltungskosten ist der Unterschied zwischen Rumänien und Westeuropa nicht erheblich. Zumindest bei Lebensmittel haben die Preise in Rumänien über weite Strecken bereits EU-Niveau.
Kleines Kontigent für große Nachfrage
Das Treffen der IHK zum Thema Arbeitskräftemangel war eines, wo Statistiken und zum Teil konkrete Zahlen ihren Platz hatten, aber es war auch eine Plattform, um Worte zu schwingen. Angesprochen wurde nämlich die Ausbildung in Berufsschulen, die mehr als 600.000 Arbeitsnehmer, in der rumänischen Volkswirtschaft fehlen, aber auch die Möglichkeiten, Personal aus Asien heranzuziehen. Anwesend waren auch vietnamesische Vermittlerfirmen und –institutionen, die die Bedingungen vorstellten, die bei einer Verpflichtung von Personal aus Asien zu erfüllen sind. Vor allem in der Landwirtschaft und im Straßenbau hätten diese Erfahrung und das auch im Ausland, hieß es von vietnamesischer Seite. Klare Kostenvorstellungen habe man nach diesem Treffen trotzdem noch keine, sagte der Unternehmer und Vorsitzende des Deutschsprachigen Wirtschaftsklubs Banat, Peter Hochmuth nach dem Treffen. So wäre es wichtig gewesen, zu erfahren, wie hoch die Gesamtinvestitionen in Arbeitnehmer aus Vietnam sind, um vergleichen zu können. Die Frage stellt sich, ob etwas höhere Löhne rumänische Arbeitnehmer auf dem einheimischen Markt behalten könnten, statt Mitarbeiter aus Asian heranzuziehen, bei denen vor allem die Sprachbarrieren nicht von der Hand zu weisen seien. Das Kontingent an Mitarbeitern aus Nicht-EU-Ländern wird in diesem Jahr auf weitere 20.000 angehoben, und das wären etwa doppelt so viele wie im Vorjahr, doch gemessen an den etwa 600.000 freien Stellen, kommt dies mit dem berühmten Tropfen auf den heißen Stein gleich.
Die anwesende Staatssekretärin im Außenhandelsministerium, Gabriela Voicilă, die sich mit der Temescher IHK-ExekutivVorsitzenden, Florica Chiriță, übertrieben viele Lobesworte austauschte, hielt sich mit einer Schelte an den rumänischen Konsumenten nicht zurück. Rumänien würde Traktoren bauen, doch die Bürger kaufen lieber ausländische Produkte, oder seinen abhängig von Pharmaprodukten, dies seien Mitgründe für das Haushaltsdefizit. Das besorgniserregend sei. Sie wies auch auf einen Aspekt hin, der in allen Bereichen Fakt ist: Rumänische Firmen und ihre Produkte haben keinen guten Ruf. Weil dafür zu wenig geworben wird. Durch ein sogenanntes Internationalisierungsprogramm stehen nur Regierungsfonds zur Verfügung, um an Fachmessen und Ausstellungen teilzunehmen, brachte die Staatssekretärin eine gute Nachricht. Im Vorfeld hat eine weitere - zum Teil bekannte Botschaft – die Runde gemacht: Für Nicht-EU-Bürgern auf dem rumänischen Arbeitsmarkt, muss nicht mehr der Durchschnittslohn bezahlt werden, nach Vereinbarung kann das Einkommen des Gastarbeiters auch darunter liegen.