Temeswar/Timişoara braucht Independent Cinema. In der Stadt, die 2021 Kulturhauptstadt Europas werden möchte, müssen auch Filme mit Anspruch gezeigt werden. Für Popcornkino und Blockbuster-Produktionen kann man ins Iulius Mall gehen. Solche Filme gehören auch dorthin. Aber wo schaut man sich einen Jean-Luc Godard, einen Andrei Tarkowski, einen Wim Wenders oder einen Ingmar Bergman an? Gute Frage, finden die Vereine „Marele Ecran“, „Pelicula Culturală“ und „Camera 4“. Die Cineasten, die dahinter stehen, haben sich diese Frage in den letzten zwei Jahren oft gestellt und zwar nicht nur sich selbst sondern auch der Stadtverwaltung.
Deren Antwort: Uns sind die Hände gebunden. Denn was die drei Vereine wollen, ist ein Art House-Kino und was sie dafür brauchen ist der geeignete Raum.
Und der geeignete Raum steht seit Jahren geschlossen. Das Studio-Kino wäre für das Vorhaben der Cineasten perfekt. Doch die Stadt kann es nicht in ihre Obhut übergeben, weil sie nicht der Eigentümer ist. Der alte Saal gehört noch immer dem Rumänischen Unternehmen für Filmvertrieb (RADEF). Vor der Wende besaß das RADEF 600 Kinosäle landesweit. Seit 2008 hat das staatliche Unternehmen einen Teil der Säle den Städten übergeben. Es dürfte also nur eine Frage der Zeit sein, bis auch das Studio-Kino seinen Besitzer wechselt.
Es liegt an RADEF
Es braucht viel Zeit und jede Menge Geduld. Das wissen Richard Marius Ilie und Lucian Mircu. Sie stellten am neunten Oktober 2013 einen Projektantrag an die Stadt. Darin auch die Forderung enthalten, einen angemessenen Saal zu finden, um Kunstfilme zu zeigen. Eine konkrete Antwort blieb seitens der Stadt bisher aus. Darum sind die Gründer des Vereins „Marele Ecran“ an die Öffentlichkeit gegangen. Auftritte im Radio, Artikel in der Presse sollen die Stadt zum Handeln zwingen. Unterstützung haben sich die beiden auch von anderen Institutionen und Vereinen geholt. Darunter die spanische Botschaft, die in einem offenen Brief, das Vorhaben der Cineasten unterstützt. Auch die Organisatoren des Musikfestivals Plai stehen dahinter.
„Die Lage ist sehr ernst“, so die Initiatoren. „ Von den 13 Kinosälen des RADEF bleibt heute nur noch eins in Temeswar bestehen. Und dort tut sich schon lange nichts mehr.“
Es muss nicht unbedingt, der Studio-Saal sein. Viele ehemalige Kinos gehören inzwischen der Stadt. Das meinen zumindest die Initiatoren des Projekts. Sie seien auch bereit, sich um die Verwaltung des neuen Art House-Kinos zu kümmern.
Doch der stellvertretende Bürgermeister, Dan Diaconu, beharrt darauf, dass es momentan nicht an der Stadt liege. „Wir haben zwei Projekte zur Umgestaltung der alten RADEF-Säle. Doch wir können momentan nichts machen, solange wir nicht die Eigentümer sind.“ Diaconu möchte die ehemaligen Kinosäle renovieren lassen und für kulturelle Veranstaltungen nutzen.
Für den Traum kämpfen
Nichts würde gegen ein Art House-Kino in Temeswar sprechen. Zahlreiche Filmfestivals die seit einigen Jahren in der Stadt veranstaltet werden, sind immer gut besucht. „Marele Ecran“ ist selber Partner und Mitveranstalter zahlreicher solcher Ereignisse. Schon vor zwei Jahren sprach sich „Marele Ecran“ für das Projekt aus. Damals während der Tage des deutschen Schwarz-Weiß-Films. Auch Ende Oktober wurde erneut das Projekt angesprochen und zwar während eines Filmabends in der Banater Philharmonie. Es wurden Produktionen gezeigt, die auf den diesjährigen Festspielen von Cannes vorgestellt wurden. Jedes Mal ist der Saal voll. Es fehlt nicht an Zuschauern, an Enthusiasten. Es fehlt nur ein adäquater Raum. Dann könnte Art House-Kino auch in Temeswar durchstarten und sogar ein dafür angemessenes Festival. Vielleicht werden wir in einigen Jahren sogar das Banater Pendant zum Internationalen Filmfestival Transilvanien sehen. Man darf träumen, finden Vereine wie „Marele Ecran“, „Pelicula Culturală“ und „Camera 4“. Besonders wenn man auch bereit ist, für einen Traum zu kämpfen.