Das Reisewaggonunternehmen „Astra Vagoane C²l²tori“ in Arad baut künftig Straßenbahnen nach eigenem Konzept. Um beim Bau der Niederflurstraßenbahn „Imperio“ nicht mehr vom deutschen Lizenz-Partner Siemens abhängig zu sein, arbeitet der Betrieb des Arader Unternehmers Valer Blidar an einem neuen Entwurf. Die Zusammenarbeit mit Siemens wird jedoch bestehen bleiben. „Wir haben da eine weiter gefasste Zusammenarbeit“, so der Marketingdirektor des Unternehmens, Adrian Paraschiv, der Banater Zeitung gegenüber.
Grund dafür, dass der Astra-Betrieb eigene Wege gehen möchte, ist, dass Astra auf Betreiben von Siemens verschiedene Konditionen eingehen muss. Deshalb gehe das neue Konzept „auf unser Entwurfs- und Forschungsteam zurück“, so Paraschiv auf Mediafax. Beim Gewinn internationaler Ausschreibungen gäbe der Partner Bedingungen vor, das hieße im Klartext man sei „nicht unabhängig“.
„Astra Vagoane Călători“ geht im Vergleich zur Zeit als staatlich geführtes Unternehmen in seiner Marketing- und Verkaufsstrategie neue Wege. Nachdem der Betrieb über viele Jahre hinweg massenhaft und billig verkauft hat, gehören nun qualitätsvolle und deshalb auch teure Reisewaggons zum Angebot. „Wir haben unsere Marketingstrategien geändert. Viele Jahre lang haben wir viel und billig in mehr als 20 Ländern verkauft“, sagt Paraschiv, der bereits in der Zeit im Unternehmen arbeitete, als dies noch ein Staatsbetrieb war. In den letzten Jahren habe man sich auf den Bau von komplexen Eisenbahnwaggons spezialisiert, die nach Tschechien, Italien und Brasilien gingen, sagte Paraschiv auf Nachfrage der BZ.
Einen weiteren Absatzmarkt sieht der Marketingleiter bei Straßenbahnen. Auf Besuchen in vielen europäischen Städten habe das Betriebsmanagement erkannt, dass die Straßenbahnparks mit einem Durchschnitt von 40 Jahren veraltet sind. Dazu kommt, dass in der Altstadt vieler Metropolen der Einsatz umweltfreundlicher, elektrisch betriebener Verkehrsmittel bevorzugt wird. Diese beiden Aspekte sieht Paraschiv als besonders große Chance für die Arader Straßenbahnbauer. „In Osteuropa gibt es fast überall Second-Hand-Straßenbahnen. Diese fehlen jedoch inzwischen die Ersatzteile. Eines Tages sind sie nicht mehr einsatztauglich und dann wird es Ausschreibungen geben“, sagt Paraschiv, dessen Unternehmen sich um je mehr Aufträge bemühen will. „Wir werden uns auch an allen Ausschreibungen in den 13 Städten Rumäniens beteiligen, in denen es Straßenbahnen gibt,“ wird Paraschiv von Mediafax zitiert. Der BZ sagte er auch, dass selbst Westeuropa Absatzpotenzial biete und in der Entwurfsabteilung mache man sich derzeit auch Gedanken über Elektro-Busse, die als Alternative zu den Straßenbahnen stehen könnten.
Lange Zeit hatte das Unternehmen mit den energiesparenden modernen Niederflurbahnen kaum Chancen bei den Ausschreibungen der Kommunen. Im Pflichtenheft muss nämlich verzeichnet werden, dass ein Unternehmen nicht nur Straßenbahnen bauen kann, sondern der Bewerber muss beweisen, dass seine Verkehrsmittel auch irgendwo im Einsatz sind. Diese Phase hat Astra Vagoane bereits hinter sich: Sechs Straßenbahnen aus Arad hat der Hauptaktionär Valer Blidar zu einem Vorzugspreis an den Arader Nahverkehrsbetrieb verkauft und für die Stadtwerke Temeswar sanierte Astra zwei gebrauchte Straßenbahnen.