Die Hungersnot beschreibt Herta Müller in ihrem Roman Atemschaukel. Und einer der Lehrer an der Schule in Nitzkydorf, an der u.a. die spätere Nobelpreisträgerin aber auch der Autor und BZ-Redakteur Balthasar Waitz die Grundschule besuchten, war einer, der selbst nach dem Krieg Hungersnot und all die anderen Missetaten in einem sowjetischen Gulag über sich ergehen lassen musste. Adam Zirk, der Lehrer von damals ist vor Kurzem im deutschen Biberach 95 Jahre alt geworden. Bis vor einigen Jahren reiste er noch gelegentlich ins Banat zu den Kirchweihfesten seines einst zur zweiten Heimat gewordenen Busiasch. Eine weitere Heimat hatte er in den 1980er Jahren im deutschen Biberach gefunden. Hier hielt er auch in den vergangenen Jahren noch Vorträge über Deportation und Vertreibung.
Viele Sonderauflagen, die die deutsche Gemeinschaft zu bewältigen hatte, wenn sie ihr Kirchweihfest im Kommunismus durchführen wollte, waren auch Gesprächsthema der Banater Zeitung vor einigen Jahren mit Adam Zirk. Er war es nämlich, der 1971 diesen alten Brauch wieder aufleben ließ. Auch sonst war dem ehemaligen Schulleiter in Nitzkydorf und späteren stellvertretenden Direktor der Busiascher Schule viel daran gelegen, deutsche Kulturtätigkeit aufrecht zu erhalten. Er selbst, 1925 in Nitzkydorf geboren, hatte die Schule in Busiasch und dann die Banatia in Temeswar besucht.
Im Alter von 20 Jahren verschleppt, erlebte er eine ganz harte Zeit, wurde mit Mördern und sowjetischen Regimegegnern in ein sibirisches Gulag gesteckt, nur weil er Gummikabel entwendet hatte, um sich Schuhsohlen zu machen. Als die Familie ihn schon verschollen glaubte, kam er 1951 nach Hause. Zehn Jahre lang war er Lehrer, Kulturheimdirektor und später Schuldirektor in Nitzkydorf. Er lehrt, veranstaltet Faschingsfeste, organisiert und spielt selbst Theater. Ab 1962 übersiedelt Lehrer Adam Zirk an die Busiascher Schule und kann hier 1970 mit Unterstützung der Eltern und der Schulbehörde eine Grundschule in deutscher Sprache mit vier Klassen im Simultanunterricht ins Leben rufen. Schon ein Jahr später nimmt die deutsche/ katholische Jugend ihre traditionellen Kirchweihfeste auf Initiative von Adam Zirk wieder auf.
1983 folgt Familie Zirk dem Ruf der Freiheit und auch dem unaufhaltsamen geschichtlichen Werdegang der meisten Banater Schwaben: sie wandert aus und lässt sich in Biberach nieder. Auch hier bleibt Adam Zirk nicht untätig. Er gründet die HOG Busiasch und lässt auch kurz darauf zum heimatlichen Kirchweihfest in Biberach aufmarschieren. Er selbst war bis im vergangenen Jahr als anerkannter Übersetzer für Deutsch-Rumänisch aktiv. Zum Thema Deportation und Vertreibung hielt er auch in den vergangenen Jahren noch Vorträge bei Veranstaltungen der Landsmannschaft der Banater Schwaben. Wer sich so lange beruflich hält, der hat mit 95 auch noch Pläne: Eine Corona freie Zeit wünscht er sich, damit er kommende Geburtstage gebührend und ohne Restriktionen feiern kann – wenn möglich, in einigen Jahren gar den Hundertsten. Und weil er schon immer verantwortungsbewusst war: Spätestens im kommenden Jahr möchte er seinen Führerschein bei der Behörde abliefern.