Tausende von Temeswarern haben sich am Sonntagabend vor der Oper eingefunden, um den Sieg der Stadt im Wettbewerb um den Titel einer Kulturhauptstadt Europas 2021 zu feiern.
Am Freitag hatte die Expertenjury in einer Pressekonferenz in Bukarest ihre Empfehlung bekannt gemacht: Die Experten haben Temeswar gewählt.
„Wir danken allen, die uns unterstützen! Noch einmal hat Temeswar bewiesen, dass es eine europäische Stadt ist. (…) Dieser Titel verpflichtet uns und erfreut uns zugleich! Wir haben zusammen erreicht, dass Temeswar wieder strahlt“, hat Simona Neumann, die Geschäftsführerin des Vereins „Temeswar – Kulturhauptstadt Europas 2021“ erklärt, der die Dokumentation für den Wettbewerb vorbereitet hat. Der Slogan, unter dem sich die Temeswarer beworben haben, lautete: „Shine Your Light! Light up Your City!“ (Erhelle deine Stadt!“).
„Mit einer vollständigen Kulturagenda wünschen wir uns ein Herantreten an Europa und den europäischen Standards durch einen konstanten Dialog und die Durchführung der kulturellen Projekte und Events, die wir vorbereitet haben. Temeswar ist vorbereitet, auf allen Gebieten zu strahlen: auf kultureller, wirtschaftlicher, touristischer und sozialer Ebene, indem jeder Stadtbewohner Teil dieses Prozesses wird. Wir versichern die Vertreter der anderen Städte, die sich beworben haben, dass wir für gemeinsame Projekte offen sind. Dieser Titel gilt in erster Linie für Rumänien“, hat Simona Neumann hinzugefügt.
Im Rahmen der Vorbereitungen auf das Eventjahr 2021 soll in Temeswar die kulturelle Infrastruktur ausgebaut werden, aber auch eine bessere Anbindung an die Verkehrsinfrastruktur wird angestrebt.
Im Wettbewerb um den Titel einer Kulturhauptstadt standen in der Endrunde drei weitere Städte: Bukarest, Frauenbach und Klausenburg.
Geschafft! Und: Jetzt fängt alles richtig an!
Dem Verein Temeswar – Kulturhauptstadt Europas 2021 ist es zu verdanken, aber vielleicht noch mehr den Temeswarern, ob nun Persönlichkeiten oder Normalbürger, die sich eingesetzt haben, dass es Wirklichkeit wird: Die 80 Seiten dicke Dokumentation hat die zwölfköpfige Expertenjury überzeugt, die sich neun Monate nach der Bekanntgabe der Kurzliste für Temeswar als die nächste Kulturhauptstadt Europas 2021 aus Rumänien entschieden hat. Hermannstadt hatte 2007 den Anfang gemacht, der Titel hatte nachhaltig eine positive Wirkung auf das Image der Stadt, das Kulturleben und nicht zuletzt auf das Lebensgefühl der Bewohner.
Daumendrücken hat geholfen, schlechte Presse, wie sie manche Journalisten getrieben haben, nichts bewirkt. Die Skeptiker mussten schließlich auch zugeben, wie das einige schon auf ihren Blogs gemacht haben: Temeswar hat es verdient.
Bukarest, Freitag, den 16. September, 17.15 Uhr. Im Mircea-Eliade-Saal der Rumänischen Nationalbibliothek haben sich Kulturministerin Corina [uteu, Steve Green, der Vorsitzende der Expertenjury und Karel Bartak, der Leiter von „Creative Europe Kultur“ bei der EU sowie Vertreter der EU-Kommission eingefunden. Vor ihnen die erwartungsvollen Journalisten, sowie die Vertreter der Städte, die es in die Endrunde geschafft haben.
In der Zwischenzeit haben sich im Capitol-Saal der Temeswarer Philharmoniker zig Menschen eingefunden: Sie wollen sich gemeinsam die Live-Übertragung der Pressekonferenz ansehen, viele Temeswarer machten das aber auch von zu Hause aus.
Die Minuten verstreichen langsam, das Publikum im Capitol-Saal wurde gespannter. Dann endlich, fast befreiend, wird die Stadt nominiert.
Der etwas überraschte Bürgermeister Nicolae Robu greift zum Mikrophon, er habe eine ganz andere Rede vorbereitet, schließlich hatte die Gerüchteküche noch vor einem Tag eine andere Stadt als Sieger angegeben. Seine Rede fiel aber ganz gut aus: „Ich bin sehr, sehr, sehr begeistert! Ich bedanke mich bei allen Mitbürgern, beim Team des Vereins und beim erweiterten Team, die ganze Gemeinde, die mitgemacht hat. (…) Wir sind uns bewusst, dass der schwierige Teil eben jetzt beginnt, dass der Titel einer Kulturhauptstadt eine riesige Verantwortung ist und dass wir unser Bestes tun und den Titel in Ehren halten müssen“. Und: „Wir hoffen wenigstens jetzt auf finanzielle Unterstützung seitens der Regierung“.
Temeswar, 18.30 Uhr, im Stadtzentrum ist es eigentlich immer noch ruhig. Man begrüßt sich und beglückwünscht sich gegenseitig. Lavinia arbeitet in der Kulturabteilung der Stadtverwaltung, Daniela ist Journalistin, mit der Daumen-Hoch-Geste sind wir uns auch aus der Entfernung einig: Geschafft! Bravo! Der Dichter und Journalist Robert Şerban ist auch im Stadtzentrum, mit seiner Familie, auch sie heben den Daumen. Alle strahlen. Nicu und Mia sind Rentner, ein Ehepaar, sie haben auch im Fernseher mitbekommen, dass Temeswar den Titel gewonnen hat. Sie gönnen sich jetzt ein Bier auf einer der Terrassen im Stadtzentrum. Zum Wohl!
Die meisten Temeswarer, die vielleicht noch arbeiten mussten oder einkaufen waren, werden es am Abend erfahren.
Und erst richtig gefeiert, haben die Temeswarer dann am Sonntagabend: Mit Temeswarer Bands, darunter Cargo, mit Bürgermeister Nicolae Robu und Vize Dan Diaconu, mit Simona Neumann und anderen Vertretern des Vereins „Temeswar – Kulturhauptstadt Europas 2021“. Mit schwarzen T-Shirts mit gelbem Aufdruck: „Erhelle deine Stadt“. Mit vielen Selfies und einem Luftvideo, wofür eine Drohne eingesetzt wurde. Mit der Kathedrale im Hintergrund der Bühne und der Oper hinter dem begeisterten Publikum. Mit vielen Symbolen der Stadt und mit viel Wärme.