„Was ist ein Gedicht?/ Ich weiß es nicht.“ So der bekannte Banater deutsche Lyriker und Prosaautor Johann Lippet in einem früheren Lyrikband „Vom Hören, vom Sehen, vom Finden der Sprache“ (2006). Es ist dies seine stille, eigene Sageweise, eine kargen und doch so aussagekräftige Manier, sein Leben, seine Welt in Worte fassen zu versuchen. Nach zahlreichen Buchveröffentlichungen, Lyrik- und Prosabänden, in Rumänien 1980-1987, darauf in Deutschland herausgebracht, kommt man, um ein besseres Verständnis seines beachtlichen Gesamtwerks herbeizuführen, nicht umhin, seinen Erstling, den Debütband „biographie, ein muster“ (Kriterion Verlag Bukarest, 1980) immer wieder zur Hand zu nehmen. Das Buch kann ohne weiteres als Schlüssel seiner Poesie, als Muster seines poetischen Anliegens verstanden werden. Der 1951 wohl in Wels (Österreich) geborene, jedoch im Geburtsdorf seiner Eltern, Wiseschdia aufgewachsene Autor behielt vom Anfang bis heute in seinen Werken, ob Lyrik oder Prosa, sein Heimatdorf, seine Kindheit und Jugend im Banat als Fixpunkte, wie er selbst einmal bekannte, als Matrix. Das, obwohl Lippet wie die meisten rumäniendeutschen Autoren in der alten Heimat bis zur Aussiedlung und darauf in der neuen als Sohn des Dorfes eher als Fremdling in den Städten gelebt und gewirkt hat. Die meisten seiner Gedichtbände lassen es uns schon mit ihren Titeln wissen: „so wars im mai so ist es“, „Banater Alphabet“, „Abschied Laut und Wahrnehmung“ oder „Anrufung der Kindheit“.
In seinem mit dem lapidarischen Titel versehenen neuen Gedichtband „Kopfzeile, Fußzeile“ sind eine seiner ergreifendsten Gedichte dieser Art zu lesen. Seine Beschäftigung mit den Banater Wurzeln, die oft natürlich und nonchalant, manchmal aber auch ganz tiefgründig wird, kommt in allen Versen wie ein roter Faden zum Vorschein. So heißt es zum Beispiel : „Heimat, brüchiges Wesen/immerfort Wundraum..“ (Strohhalm) aber auch klar und selbstsicher: „Komme aus keinen Bergen…komme aus dem Banater Tiefland“. Eines seiner Gedichte heißt dann jedoch einfach „Banater Dorfnamen, Merkzettel“ und macht eine exakte Inventur eines Lebens und einer Welt, „von Bruckenau…bis Wiseschdia“. Der Autor lässt seine Leser in nostalgischen Tönen an seinem eigenen Erinnerungsmechanismus teilhaben, einer „wiederholt versuchten Heimkehr“: Er erinnert sich an das schwäbische Hausbrot, die Mutter, die sengende Sonne auf den staubigen Feldern, an die Silberpappel am Horizont, verortet sein Leben, Kindheit und Jugend in einer bitteren Zeit bis zur Auswanderung („das schlimmste, schlimmer als der Tod“) und darüber hinaus das Leben in der Fremde, wo das Heimweh auf den Fingern und im Kopf brennt. „ Das Dorf ruht, festgezurrt im Kopf, tief verankert…“, heißt es in seinem Gedicht „Mein Dorf“.
Wie sich dieser Banater Autor, der seit 1998 in Sandhausen bei Heidelberg als freischaffender Schriftsteller lebt und schreibt, uns seiner Banater Leserschaft nicht fremdschreibt sondern uns mit den Jahren eher aus der Ferne immer näher kommt, zeigt auch sein neuer, 80 Seiten fassende dünne Gedichtband. „Es könnte sich Herzblut in den Zeilen offenbaren“, bekennt Lippet in seinem Gedicht „Verlustig gegangen“.