Ein Körper wird geboren, ein Körper bleibt leblos, kopflos, sein Schatten ist skurril. Jeder Muskel, jede Sehne, jede Ader konnte man sehen, als die Arme selbständig wurden. Da machte sich der Kehlkopf oder dann der Nabel selbständig, zuckten der Reihe nach. Es war als ob sich jeder Körperteil gebar, mit den anderen zusammentat und dann verstarb. Lichteffekte verhalfen dem Zuschauer dazu, sich auf das zu fokussieren, was gerade in Bewegung war. Mit dem Gegenwartstanz „Fovea“ aufgeführt von Ares D’Angelo von „La Dame de Pic/Cie Karine Ponties“ wurde die 15. Auflage des Festivals „Cafékultour“ im Kulturtreff „Ambasada“ am vergangenen Montag eröffnet.
Auch in der Eröffnung erinnerten die Leiter der Hauptpartnerorganisation, die diese Kulturwoche veranstalten, daran, dass Europa Multikulturalität bedeutet und dass diese auf eine besondere Weise in Temeswar erlebt wird: friedlich. Für Mona Petzek, der Leiterin des Deutschen Kulturzentrums Temeswar, und Cyrille Fierobe, dem Leiter des Französischen Instituts, ist dies der Schwerpunkt und die Message der Kulturwoche gewesen, die am Sonntag mit dem elektrisierenden spanischen Flamenco-Abend zu Ende ging.
Der deutsche Abend war köstlich-amüsant, und brachte ein neues Treffen mit zwei der Schauspieler von „Theatersport Berlin“, dem Improtheater das schon vor zwei Jahren in Temeswar Furore gemacht hatte. In der Café-Atmosphäre von „D’Arc“ haben Marin Caktas und Johann Jakob Wurster das Publikum über zwei Stunden in Atem gehalten: den Titel der Szenen, Spielstil, Ort und Epoche des Geschehens gab das Publikum an, auch manche Dialoge, die auf Zetteln geschrieben waren und dann von den Schauspielern durchgemischt und in die Aufführung verwoben wurden – Genuss pur für die Teilnehmer und für die Schauspieler gleichermaßen, denn jedes Mal kommt dabei etwas Neues zustande, eine Vorführung die einmalig ist, hautnah erlebt wird und die lange in den Herzen der Zuschauer nachklingen wird. Da wäre zum Beispiel eine Szene mit Bürgermeister Robu, der die Kabel durchgeschnitten hat und nun am Bega-Ufer spaziert, wo er auf den Obdachlosen Gigel trifft. Oder eine Szene im Rosengarten mit Kindern, die Blumen essen. Oder eine Begräbnis-Szene in Temeswar, die für alle in Lachen mündet. Der kollektiven Phantasie wird im Improvisieren keine Grenzen gesetzt.
Der französische Abend fiel in diesem Jahr mit der Eröffnung der Rumänien-Frankreich-Saison in Temeswar zusammen. Die Musiker Malik Djoudi und „Grand Blanc” sowie der DJ La Mverte, der in Frankreich stark in Mode ist, haben im „Reflektor Venue“ die Stimmung aufgeheizt. Die Rumänien-Frankreich-Saison soll das aktuelle Image Frankreichs nach Rumänien bringen. Angefangen hat die Saison im November in Frankreich, sie wird seit Mitte April mit verschiedenen Events in Rumänien weitergeführt.
Die Cafékultourwoche war diesmal auf eine besondere Weise neu: Neben Café- gab es Chocolat-Kultour, um eben auch die Jüngsten mit einzubeziehen – damit schaffte das Festival auch die Aufnahme in das Programm X-tensions von „Temeswar 2021“. Für die kleinen Gäste, die erst auf den Geschmack gebracht werden müssen, bedeutete Chocolatkultour eine Reihe von Veranstaltungen, die sie auf den Geschmack von Kultur der verschiedensten Art sowie mit… Schokolade in Kontakt brachte.
Das bedeutete zum ersten eine Improtheaterwerkstatt: Theater spielen bedeutet zusammen spielen. Das haben die beiden Schauspieler Marin Caktas und Johann Jakob Wurster den Kindern beigebracht, kleine und kleinste Lenau-Schüler der Klasse Null und Eins haben bei der Theaterwerkstatt mitgemacht. Ein Kind wollte ein Apfel sein. „Was gehört zum Apfel?“ fragte der Schauspieler. „Ein Baum“, antwortete ein Kind. Also wurde das Mädchen zum Baum und stand mit breit ausgebreiteten Armen da. „Was gehört zum Baum und zum Apfel?“ „Ein Wurm“, kam die Antwort. Also wurde der kleine Junge ein Wurm und musste dicht am Apfel stehen. Die anderthalb Stunden vergingen wie im Flug und die Kinder hatten ihren Spaß dabei.
Zum zweiten wurden am Samstag den Kindern im Französischen Institut noch mehr Werkstätten vorgeschlagen: Da ging es einmal um den Flamenco-Tanz: Violeta Barrio zeigte den Kindern nicht nur die Handbewegungen und die Schritte, sondern auch, dass Flamenco eine gewisse Haltung und Mimik bedeutet. Was auf jeden Fall auf die Kinder rübergesprungen ist, ist das Elektrisierende und die Freude am Tanzen.
Und es ging auch um Zirkus und Spaß an der Akrobatik und am Jonglieren: Mit dem französisch-rumänischen Zirkusduo „Alandala“ haben es die Kleinen geschafft, auf Bällen zu stehen und zu jonglieren, auf einem Seil zu schreiten und Bälle oder Reifen zu werfen und wieder aufzufangen.
Der Spaß ging weiter und diesmal wurde es richtig schokoladig: Die Kinder versammelten sich um einen Schokobrunnen, auf einem Tisch in der Bibliothek des Französischen Instituts aufgebaut. Hier wurde die Schokowerkstatt organisiert, wobei die Kleinen Biscuit-Kreationen und Früchte in edle belgische Schokolade tunken durften. Selbstverständlich wurde alles aufgegessen.
Bevor „Alandala“ zu einer kurzen Zirkusvorstellung eingeladen hat, wurden noch eine Ostereiersuche im Park des Französischen Instituts sowie Spiele im Freien mit dem Verein „Activități afară“ organisiert.
Die Cafékultourwoche ist am Sonntagabend im Flamenco-Rhythmus ausgeklungen: Zur Flamenco & Painting-Show lud „Sinergias“ im Zaza Resto Pub ein: der Gitarrist Tete Castilla, der Flamenco-Sänger Julian Lorenzo und die Tänzerin Violeta Barrio. Eine gelungene 15. Auflage des den Temeswarern schon ans Herz gewachsenen Festivals.