Eines der Aushängeschilder unter den Temeswarer Kulturinstitutionen ist die Philharmonie „Banatul“. Über Pläne für das neue Jahr wie auch für das Kulturhaupstadt-Jahr 2021 sprach die BZ-Redakteurin Ştefana Ciortea-Neamţiu mit dem Direktor Ioan Coriolan Gârboni.
Welche Neuigkeiten wird das neue Jahr 2017 bei der Temeswarer Philharmonie „Banatul“ bringen?
Zuerst einmal Frost, aber wir sind erstaunt darüber, wie viel Publikum wir freitags beim Konzert haben. Was das Repertorium betrifft, wird es einige Neuigkeiten geben. Wir werden dem Internationalen Festival für klassische Gitarrenmusik mehrere Tage widmen. Es wird im März stattfinden. Damit machen wir den Frauen und Fräulein ein Geschenk. Die Philharmonie wird sich genauso wie die anderen Kulturinstitutionen der Stadt im Hinblick auf das Jahr 2021 kalibrieren. Wir müssen das Programm zusammenstellen: die Konzerte, die im eigenen Haus stattfinden sowie jene, die in unkonventionellen Räumen organisiert werden, im Freien. Temeswar hat vor Kurzem über eine Million Touristen im Jahr überschritten, noch bevor die Stadt den Titel einer europäischen Kulturhauptstadt erlangt hatte. Wir wollen eben Programme in unkonventionellen Räumen entwickeln, um an ein breites Publikum heranzugehen. Wir haben bereits etwas getan, was für eine Philharmonie ungewöhnlich ist, wir haben viele Festivals und Programme fragmentiert und wir bieten sie repetitiv, periodisch in atypischen Räumen.
Bitte nennen Sie ein Beispiel.
Viele Rezitals, die bisher im Saal vorgeführt wurden, werden ab März bis Ende Oktober in unserem Sommergarten stattfinden (wo das Freilichtkino funktioniert – N- Red.), soweit es uns das Wetter ermöglicht. Wir wollen diesen Sommergarten bis 2021 modernisieren.
Gibt es konkrete Pläne dafür?
Geld gibt es, das Problem bei uns sind die Firmen, die an den Versteigerungen teilnehmen. Manche von ihnen sind in Insolvenz. Ich habe mich nie über Geldmangel beklagt, aber oft konnte man die Fonds wegen der Firmen nicht nutzen, denn man wäre ein Risiko eingegangen und man hätte die Dienstleistung bis zuletzt doch nicht gehabt.
Was die Auftritte außerhalb des Konzertsaals angeht: Wir können an verschiedenen Orten auftreten, an Kreuzungen, auf Plätzen, so etwa auf dem Sfântu-Gheorghe-Platz, wo wir das Internationale Gitarrenfestival veranstalten wollen. Alle Fußgängerzonen der Stadt müssen genutzt werden, nicht nur von uns, von anderen Kulturinstitutionen. Das Jahr 2021 wird nicht nur die professionellen Institutionen zusammenbringen, sondern auch Amateure. Die Leute kommen nach Temeswar nicht nur für symphonische Musik oder Opern- und Theateraufführungen, sie kommen auch für Folkloreveranstaltungen, inklusive für Momente, die manche vielleicht als Kitsch bezeichnen. Wir müssen uns an ein breites Publikum von Kulturkonsumenten richten. Wir müssen auch etwas für Kinder bieten. So haben wir zum Beispiel „Peter und der Wolf“ im Repertoire. Wir werden ihn in mehreren Sprachen anbieten, mit einer Filmprojektion im Hintergrund.
Wird auch der Capitol-Saal renoviert?
Der Capitol-Saal ist zu 75-80 Prozent renoviert, wir haben Parkett gelegt. Das große Problem ist das Regenwasser: Das Dach ist alt und das Wasser dringt von oben ein, aber auch von unten, wenn besonders heftige Regenfälle sind und die Kanalisation im Stadtzentrum das Wasser nicht mehr aufnehmen kann. Dann wird das Untergeschoss überschwemmt. Das ist 2016 zwei Mal passiert. Es wurden das Aufnahmestudio und das Musikmuseum überschwemmt, die wir im Untergeschoss eingerichtet haben. Das Wasser wurde abgepumpt. Aber der Konzertsaal gut aus. Oben auf dem Balkon müssten noch einige Änderungen vorgenommen werden, für die Akustik.
Wir wollen EU-Projekte einreichen, mit Zrenjanin und Kikinda. Und eines will ich mit den Philharmonikern aus Szeged schreiben, wir sind zurzeit in Verhandlungen. Es gibt auch Fonds für die thermische Rehabilitierung der Gebäude und man könnte diese anschneiden. Sollten die Sanierungen dann durchgeführt werden, können vielleicht 20 weitere Studiersäle für meine Kollegen eingerichtet werden.
Wie sehen die konkreten Schritte im Hinblick auf das Jahr 2021 aus?
2017 klären wir und nicht nur wir – auch die anderen Kulturinstitutionen der Stadt – die Kulturpolitik für das Kulturhauptstadtjahr auf. Bis 2018. Im Jahr 2019 werden wir jene Verträge unterzeichnen, die von einem künstlerischen Direktor koordiniert werden.
Es gibt aber auch Widerstand in verschiedenen Institutionen, Widerstand, gegen den man kämpfen muss. Es handelt sich um den Widerstand der Künstler, die behaupten, sie wollen im eigenen Haus, nicht draußen spielen. Sie werden es tun, denn sie müssen für ihre Stadt spielen. Im Falle der Philharmoniker wissen sie das bereits. Ich habe sie im Laufe der zehn Jahre, in denen ich Direktor war, daran gewohnt, in unkonventionellen Räumen aufzutreten. Das alles wird in diesem Jahr passieren.
2017 wird somit die Spielzeit auf klassische Weise fortgeführt, wir machen aber auch einige Experimente, wie ich schon gesagt habe: Die Verbesserung und Vergrößerung einiger Festivals, die es bereits gibt, das Gitarrenmusikfestival, das ich schon erwähnt habe, das Enescu-Bartok-Festival, das im Herbst stattfindet und nur in den Jahren, in denen das Enescu-Festival nicht programmiert ist, das Festival für Gegenwartsmusik „Intrada“, das vielleicht zurzeit nicht so beliebt ist beim Publikum. Bis 2021 wird es zugänglicher gemacht. Und selbstverständlich nenne ich hier auch das Festival für Alte Musik, das heuer bereits zum 12. Mal organisiert wird. Es befindet sich unter den ersten fünf europäischen Festivals dieser Art, man spielt immer vor dem vollen Saal, die Konzerte sind sehr gut besucht.
Wer hat diesen Top zusammengestellt?
Diese Klassifizierung wurde von den Künstlern bestätigt, die uns besucht haben, es sind große Namen, die Barockmusik spielen. In diesem Jahr haben wir auch bereits viele große Künstler angesprochen. In den folgenden Jahren werden wir bei den Philharmonikern auch große Musikgruppen zu Gast haben. Sie kommen hierher wegen der Werbung, die die anderen Künstler bereits gemacht haben und auch wegen der Schönheit der Stadt. Wir befassen uns mit jedem einzelnen Gast und diese kommen für Summen, die nur ein Viertel oder ein Drittel von dem darstellen, das sie anlässlich anderer Festivals in Europa bekommen.
Temeswar ist, das ist klarer Fall, die Hauptstadt Rumäniens was die Barockmusik angeht, geworden.
Welche Pläne gibt es für das schon traditionelle Festival „Musikalisches Temeswar“? Für 2017 einerseits und für 2021?
Für das „Musikalische Temeswar“ werden immer wichtige Künstler herangezogen. Wir haben es geschafft, eine Partnerschaft zwischen den Temeswarer Philharmonikern und großen Philharmonien der Welt zu gründen. Es ist sehr wichtig, denn es ist bereits das zweite oder dritte Jahr, in dem der erste Flötist der Berliner Philharmonie dabei ist, Michael Hasel, ein großer Freund. Wir haben den Konzertmeister der Wiener Philharmoniker Volkhard Steude letztes Jahr dabei gehabt. Er war in einem Rezital mit C²t²lina Butcaru, die in Wien lebt, sie werden in diesem Jahr sowohl in einem Rezital auftreten als auch mit unserem Orchester ein Werk von Mendelssohn spielen. Es kommt auch der erste Konzertmeister der Oper New York. Es sind Künstler, die von den Wiener Philharmonikern kommen, auch von den Wiener Symphonikern. Wir haben viele Freunde, die hierher kommen und bereits stark an Temeswar gebunden sind. Selbstverständlich (die Pianistin – N. Red.) Elisabeth Leonskaya, die bereits hier war, Herr Pfeiffer, aus Österreich. Jedes Mal wenn wir einen großen Dirigenten aus dem Ausland als Gast haben, schlagen wir einen Solisten von uns vor. So kann ich meine Leute fördern. Es sind viele große Namen, die kommen, ich habe sie gar nicht alle genannt.
Aber auch zu anderen Anlässen: Im Juni haben wir das rumänisch-amerikanische Festival, das vor zehn Jahren gegründet wurde und alle zwei Jahre stattfindet, seitdem ich Direktor geworden bin. Es kommen pro Jahr zwischen sechs und zwölf amerikanische Künstler, auf eigene Kosten. Sie konzertieren in und um Temeswar. Von uns fliegen Kammerorchester in die USA. Im Mai werde ich dort Vorträge halten.
Im September waren sie der erste Direktor einer großen Kulturinstitution aus Temeswar, der sich über die Medien an das Publikum gewendet hat, als Temeswar den Titel einer Kulturhauptstadt gewonnen hat. Außerdem konnte man im Capitol-Saal die Fernsehübertragung verfolgen, in der der Name der Stadt bekannt gegeben wurde. Was haben Sie damals gefühlt und was fühlen Sie jetzt?
Ich habe mich damals an das Publikum gewandt, weil das Fernsehen es so wollte, dass die Stadt mit dem Publikum verbunden ist. Ich habe aber Wetten gewonnen, ich war mir 100prozentig sicher, dass Temeswar gewinnen wird. Die Leute sagten, dass ich ein Träumer bin. Oder dass ich wer weiß welche Informationen hätte. Nein! Die Sachen waren sehr einfach. Ich kannte die Situation der anderen Städte sehr gut, kannte den politischen Druck, der gemacht wurde. Ich habe aber viel Vertrauen zu Simona Neumann und den ausländischen Experten gehabt, die bereits vor zwei Jahren gesagt haben, man müsse keinerlei Druck auf die Jurymitglieder machen, denn das könnte sich zurückschlagen. Und so ist das dann gekommen, dass wir emsig wie die Ameisen und alle Trümpfe der Stadt kennend gearbeitet habe. Ich habe mit Freunden gewettet, dass es Temeswar wird, auf ein Bier oder so.
In dem Augenblick, als Temeswar ernannt wurde, habe ich eine große Freude erlebt, auch ein bisschen böswillig, denn mir war auch bewusst, was mir Freunde aus Frauenbach gesagt haben, dass die Gulaschtöpfe bereits kochen, die Klausenburger hatten etwas vorbereitet, auch in Bukarest war eine große Bühne vorbereitet und wir hatten nichts. Da habe ich an das Bibel-Wort gedacht: Die Letzten werden die Ersten sein. Aber ich fand es nicht zutreffend in meinem Banater Stolz, denn ich war mir sicher, dass wir die Besten gewesen sind.
Im Capitol-Saal waren nur wir und etwa zwanzig Journalisten, wir haben uns umarmt, es kamen ein paar Jugendliche aus Serbien vorbei, Schüler aus Novi Sad. Es war eine große Freude. Ich meine: Wenn etwas entstehen soll, dann wird es auch.