Das Wahlbündnis der Rechten, ARD, versuchte, Wahlkampf u.a. mittels Vergangengenheitsbewältigung zu betreiben. Das ist vor einem Monat gescheitert und hat Rumänien praktisch ohne Opposition lassen. Das französische „travail de mémoire” hätte besser gepasst, das eher dem Durchschnittsrumänen bekommt, Unangenehmes zu verdrängen, statt darüber zu grübeln. In diesem Land haben Thematisierungen der jüngsten Geschichte einen unvorhersehbaren Ausgang. Es sind keine Botschaften, die mobilisieren.
Die USL-Variante war cleverer. Die Sozialdemokraten wurden von Herta Müller in ihrer jüngsten Stellungnahme zu Nachfolgern der Ceauşescu-Kommunisten gestempelt (echt hertahart). Intuitiv hat die Nobelpreisträgerin, die sich gern als Rumänienkennerin gibt, kapiert, dass mit der USL und der sie dominierenden PSD praktisch der rumänische Konservatismus gesiegt hat, der, in der Tradition der fundamentalistischen Orthodoxie, sich jedwelchen Veränderungen widersetzt. Das ist keine politische Doktrin, es ist eine Geisteshaltung. Die nicht gestört werden möchte.
Der Wähler in Rumänien sucht keine politische Doktrin mehr, er hat jedes Vertrauen in seine „Erwählten” verloren, weil die unfähig sind, politische und Wählertreue zu praktizieren, weil es keine Grenzen mehr gibt zwischen politisch rechts und links. So hat die USL – an sich schon eine absurde Verbindung zwischen Liberalität und Sozialdemokratie – den bequemsten Weg gewählt: keine Zweifel wecken, an den tiefsitzenden Überzeugungen der Wählerschaft nicht rütteln und das durch endlose Übergangsdebatten eingedöste Volk nicht wecken. Ihm das rote Tuch des „Kämpfers” gegen den Wahlstier Băsescu zu zeigen hat genügt, um einen Wahlsieg zu erringen, der Ceauşescu-Zeiten würdig ist.
Trotz Voraussetzunghen Richtung Passivität gab es einen Wahlkampf, der ungewöhnlich gewalttätig war. Schlachtfeld war das Fernsehen, das professionell Illusionen vorgaukelte. Lechzend nach Blut sah das Wählervolk öffentlichen Vernichtungen von Personen zu und ließ sich auf den eigenen Vernichtungsschlag in der Wahlkabine trimmen. Die zahllosen Feinde aus den „manele” wurden in Politikern des gegnerischen Lagers personifiziert, psychologische Vergewaltigung wurde Spielregel. Vernichtung das Schlagwort.
Erstmals seit 1990 tauchten wieder engagierte Intellektuelle auf – im Vorfeld hatte es den von den Intellektuellen verlorenen Krieg um das Rumänische Kulturinstitut gegeben, das ein machtgieriger Kulturphilosoph, Andrei Marga, für sich entschied. Exponenten der weltoffenen rumänischen Intellektualität (A. Pleşu, G. Liiceanu, H.-R. Patapievici, M.Cărtărescu) verkrochen sich in ihre Bücher. Sie zogen sich vor dem Angriff der Rhinozerosse und Nilpferde der Politik und deren Handlangern zurück. Die unverrückbare Mittelmäßigkeit der Unfähigen, der schulischen Störenfriede und Sitzenbleiber setzte sich per Wahlentscheidung durch. Die (intellektuelle) Erneuerung der politischen Klasse blieb, trotz Verjüngung der Kandidatenfauna, aus.